So ist die Situation in den griechischen Flüchtlingslagern
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Das Satellitenbild zeigt das Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos vor dem Brand. Mehrere Brände hatten das Lager fast vollständig zerstört.
© Quelle: -/European Space Imaging/dpa
Berlin/Athen. Lebensmittel werden streng rationiert, es gibt kein fließend Wasser, keine Sanitäranlagen, keinen Strom. An eine Internetverbindung und damit an Kontakt zur Außenwelt ist nicht zu denken. Was nach einem Horrorszenario klingt, ist für die Flüchtlinge in den griechischen Lagern Realität. Am Dienstag hat die Bundesregierung angekündigt, 1553 zusätzliche Flüchtlinge aufzunehmen. Union und SPD hätten sich laut Deutscher Presse-Agentur außerdem darauf verständigt, dass diese Flüchtlinge von fünf griechischen Inseln kommen sollen. Insgesamt beläuft sich die Zahl der Menschen, die von den griechischen Inseln nach Deutschland geholt würden, auf 2750. Auf welchen griechischen Inseln gibt es Flüchtlingslager? Wie ist die Situation vor Ort?
Griechenland: Wo gibt es Flüchtlingslager und wie viele Menschen leben in ihnen?
Neben dem abgebrannten Lager Moria auf der Insel Lesbos gibt es die Lager Vial auf der Insel Chios, Vathy auf Samos, Lepida auf Leros und Pyli auf der Insel Kos. Den größten Zulauf hatten nach der Insel Lesbos die Inseln Samos und Chios.
Insgesamt befinden sich nach Angaben des UNHCR aktuell 27.200 Flüchtlinge auf den griechischen Inseln. Ein Drittel von ihnen sind Kinder. Der Großteil der Flüchtlinge, die auf dem Seeweg dort angekommen sind, kommt aus Afghanistan, Syrien, dem Irak und der Demokratischen Republik Kongo.
Lage in anderen Flüchtlingslagern ist “schlecht, aber besser als in Moria”
Nach Zahlen, die das griechische General Secretariat for Information and Communication (GR) veröffentlicht hat, sind diese Lager allesamt überbelegt. Nach Aussage von Chris Melzer, Pressesprecher des UNHCR, sei die “Situation in den Camps schlecht, aber besser als in Moria”. Neben der dramatischen Situation auf Lesbos sind vor allem auf Chios und Samos die Kapazitätsgrenzen weit überschritten. “Refugee Support Aegean” sprach im Dezember von über 7600 Flüchtlingen im Camp Vathy auf Samos, etwa ein Drittel davon Kinder – in einem Camp, das für rund 650 Personen ausgelegt ist. Nach offiziellen griechischen Zahlen sind es aktuell 4600 Migranten.
Die Situation auf der Insel, wie sie die Nichtregierungsorganisation beschreibt, gleicht sehr den Bildern, die in den vergangenen Tagen aus dem abgebrannten Lager Moria um die Welt gingen. Eine Grundversorgung mit Nahrung, Wasser, Sanitäranlagen und Strom gestaltet sich dadurch ebenso schwierig. NGOs wie “Ärzte ohne Grenzen” versuchen zwar, etwa mit der Einrichtung chemischer Toiletten die Situation ein wenig zu entschärfen, kommen mit ihren Bemühungen allerdings nur schwerlich hinterher. Ankündigungen, ein weiteres Lager auf der Insel für bis zu 5000 Personen errichten zu wollen, hätten außerdem die fremdenfeindliche Stimmung unter den Einheimischen weiter verstärkt. Am Dienstagabend hat es in dem Camp gebrannt. Das Onlineportal “Samos Today” berichtete, dass die Feuerwehr den Brand nach wenigen Stunden unter Kontrolle bringen konnte. Medienberichten zufolge gab es daraufhin mehrere Festnahmen wegen des Verdachts der Brandstiftung.
Großteil der Flüchtlingslager auf dem griechischen Festland
Auf Leros wiederum hausen die Migranten nicht nur deshalb unter riskanten Bedingungen, weil die Versorgungslage so schwierig ist, sondern auch schlicht wegen der örtlichen Gegebenheiten: Die Zelte stehen teils dicht am Meer. Einige Flüchtlinge haben Unterschlupf in einer alten, verlassenen psychiatrischen Klinik gefunden – ohne Strom, ohne fließend Wasser.
Das UNHCR arbeitet unterdessen weiterhin daran, neue Unterkünfte für Migranten auf griechischem Staatsgebiet zu errichten. Angesichts der Zahlen der neu angekommenen Flüchtlinge bleibt auf diesem Gebiet weiter viel Arbeit zu tun: Stand August 2020 wurde Platz für rund 26.000 Menschen geschaffen. Seit November 2017 fanden etwa 69.000 Migranten in Griechenland eine Unterkunft. Die Krux an der Sache: Etwa die Hälfte dieser Unterkünfte befinden sich in Athen. Der Großteil der griechischen Flüchtlingscamps befindet sich also auf dem Festland. Diese sind häufig weit von den Großstädten entfernt. Die Migranten sind also auch in diesen Lagern abgeschnitten von einer Infrastruktur, die ihnen aus ihrer prekären Situation heraushelfen könnte.