Steffi Lemke erhöht Druck auf Polen: Lässt sich neue Oder-Katastrophe noch abwenden?
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Tausende tote Fische trieben im vergangenen Jahr im Wasser des deutsch-polnischen Grenzflusses Oder.
© Quelle: Patrick Pleul/dpa
Berlin. Lange hatte sie es mit diplomatischer Zurückhaltung versucht, jetzt greift Bundesumweltministerin Steffi Lemke die polnische Regierung an, wirft ihr Untätigkeit vor und fordert sie zum Handeln auf: Polen müsse die Salzeinleitungen in den deutsch-polnischen Grenzfluss Oder stoppen, sagte Lemke auf einer eigens einberufenen Oder-Konferenz am Dienstag im brandenburgischen Schwedt. Andernfalls drohe auch in diesem Sommer zu starkes Algenwachstum und in der Folge eine Umweltkatastrophe mit massivem Fischsterben wie im Vorjahr.
Messungen zeigten, dass der Salzgehalt weiter zu hoch sei: „Und wir sehen ja, es wird wärmer, möglicherweise sinken auch die Wasserstände, sodass die Bedingungen erneut so wären, dass die Algen wachsen können“, zeigt sich Lemke besorgt.
2022 waren 400 Tonnen Fisch gestorben
Im vorigen Sommer waren in dem Grenzfluss 400 Tonnen Fisch gestorben, die dann ans Ufer und in der Mündung angespült wurden und bestialischen Gestank verbreiteten. Eine von Lemke angeregte deutsch-polnische Expertenkommission kam zu dem Schluss, dass hoher Salzgehalt, Niedrigwasser, hohe Temperaturen und das Algengift schuld waren. Die Algen hatten sich auch wegen Salzeinleitungen aus polnischen Kohletagebauen so stark verbreitet.
Damals hatte Polen – entgegen internationaler Regeln – Deutschland nicht gewarnt, sagt Lemke inzwischen offen. Zugleich waren Polens Behörden daheim untätig geblieben, auch unter Verweis auf mangelnde Rechtsgrundlagen. „Die Zusammenarbeit ist teilweise schwierig, sie ist teilweise zäh, weil es eben unterschiedliche Ansichten gibt“, verschärfte Lemke nun den Ton. Immerhin „bestreitet auch Polen nicht, dass das Salz im Fluss aus den Tagebauen kommt“.
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Die wirtschaftliche Nutzung mit dem Umweltschutz in Übereinstimmung bringen
Um das Schlimmste noch abzuwenden, ist Lemke seit Montag für „Gespräche auf allen politischen Ebenen“ über „besseren Schutz des sensiblen Ökosystems“ in Deutschland und Polen unterwegs, wie es aus dem Ministerium hieß. Die Teilnahme an ihrer Oder-Konferenz hatte zwar sowohl ihre polnische Amtskollegin, als auch Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) kurzfristig abgesagt.
Doch im Gespräch mit ihrer Amtskollegin Anna Moskwa am Mittwoch in Slubice will Lemke den Druck auf Polen erhöhen: „Wir reden darüber, dass wir die wirtschaftliche Nutzung mit dem Naturschutz, mit dem Umweltschutz in Übereinstimmung bringen müssen“, so Lemke. Sie hoffe, dass mit dem gerade in Polens Parlament eingebrachten Gesetz zum Oder-Schutz „die nötigen rechtlichen Grundlagen dafür geschaffen werden“.
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August 2022: Ein verendeter Döbel und andere tote Fische schwimmen in der Oder bei Brieskow-Finkenheerd. In der Oder war es zu einem massiven Fischsterben gekommen.
© Quelle: Frank Hammerschmidt/dpa
Olaf Scholz sollte sich einschalten – findet die Opposition
Für die Opposition ist es aber zu spät für Lemkes Rettungsversuche. „Die Umweltministerin hat zu spät gehandelt und es in zwölf Monaten nicht geschafft, dieses Problem mit der polnischen Seite zu lösen“, sagte der Fraktionschef der Linken, Dietmar Bartsch, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Die Umweltkatastrophe und das Fischsterben aus dem vergangenen Jahr dürfen sich nicht wiederholen. Bundeskanzler Scholz muss sich einschalten“, fordert Bartsch: „Er muss unverzüglich mit dem polnischen Regierungschef telefonieren. Die Einleitungen müssen gestoppt werden.“