Finnischer Premierminister Antti Rinne tritt zurück
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/3CO3OWRNXJHB7K7RCW3TDGYGAE.jpg)
Antti Rinne ist nicht länger Ministerpräsident Finnlands.
© Quelle: imago images/Lehtikuva
Helsinki. Finnlands sozialdemokratischer Ministerpräsident Antti Rinne ist wegen eines Streits mit seinem wichtigsten Regierungspartner von seinem Amt zurücktreten. Nach nur knapp sechs Monaten im Amt reichte Rinne am Dienstagmittag das Rücktrittsgesuch seiner Regierung bei Präsident Sauli Niinistö ein. Der Präsident nahm das Gesuch umgehend an. Die Entwicklungen in Helsinki sind für den Rest Europas auch deshalb von Bedeutung, weil Finnland noch bis Ende des Jahres den Vorsitz unter den EU-Staaten innehat.
Der Regierungskoalition in Finnland gehören Sozialdemokraten, Zentrum, Grüne, Linke und die Schwedische Volkspartei an. Die Regierungskrise hatte sich am späten Montagabend zugespitzt. Die Zentrumspartei, neben den Sozialdemokraten die größte Partei in der Koalition, erklärte, man habe das Vertrauen in einen Regierungsvertreter verloren. Auch wenn sie Rinne nicht persönlich nannte, war klar, dass damit der 57-jährige Ministerpräsident gemeint war.
Steckt der bürgerliche Flügel der Zentrumspartei hinter dem Sturz der Regierung?
Die Zentrumspartei will, dass die Regierung weiter Bestand hat - allerdings nicht mit Rinne an der Spitze. In der Frage nach Rinne war sich aber auch das Zentrum nicht einig: Medienberichten zufolge soll der bürgerliche Flügel um Rinnes Vorgänger Juha Sipilä hinter dem Sturz der Regierung stecken.
Angefangen haben die Probleme in Helsinki in diesem Jahr mit Plänen der staatlichen Post, rund 700 Paketsortierern eine neue Vereinbarung vorzulegen - im Grunde bedeutete das niedrigere Löhne für die Sortierer. Das Postpersonal streikte, die Sortierer mussten der neuen Vereinbarung letztlich nicht zustimmen.
Die für Kommunen und Verwaltungsreformen zuständige sozialdemokratische Ministerin Sirpa Paatero kam dennoch in Bedrängnis: Die Mitarbeiter der Post und andere Politiker wollten von ihr wissen, ob die Regierung die umstrittene Vereinbarung in Gesprächen mit der Postspitze gutgeheißen habe. Paatero trat zurück. In dem Zusammenhang wurde auch Kritik an Rinne und seinen Erklärungen in dem Fall laut.
Finnischer Regierungschef Antti Rinne tritt zurück
Der finnische Regierungschef hat nach nur sechs Monaten im Amt das Handtuch geworfen und seinen Rücktritt eingereicht.
© Quelle: dpa
Rinne gilt als wenig charismatisch
Rinnes Sozialdemokraten waren bei der Wahl im April 2019 stärkste Kraft geworden und hatten daraufhin die Regierungsmacht in Helsinki zurückerobert. Rinne gilt als nicht sonderlich charismatisch und hatte zudem länger mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Viele junge Wähler halten ihn für ein Sinnbild der alten politischen Garde in Finnland. Ganz anders sehen ihn seine Anhänger: Für sie ist er ein solider Anführer mit Gewerkschaftserfahrung und einem starken Sinn für Fairness.
Seit Mai 2014 ist Rinne Vorsitzender der Sozialdemokraten. Damals hatte er eine Abstimmung um den Parteivorsitz gegen die Amtsinhaberin Jutta Urpilainen gewonnen. Daraufhin wurde Rinne für ein Jahr auch finnischer Finanzminister. In die Positionen brachte er die Erfahrung aus der Führung verschiedener Gewerkschaften mit.
Rinne gehört dem linken Parteiflügel an. Er hat sich mit Kritik an den Sparprogrammen der Mitte-Rechts-Regierung seines Vorgängers Juha Sipilä profiliert. Außerdem bemühte sich Rinnes Regierung bislang um stärkere Maßnahmen für den Klimaschutz. Im Oktober machte er mit einem Ultimatum für Briten-Premier Johnson und eine Brexit-Lösung von sich reden.
RND/dpa