Festnahme von „Sea-Watch“-Kapitänin: Minister Müller fordert Reaktion der EU
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Bundesentwicklungsminister Gerd Müller.
© Quelle: imago/photothek
Berlin. Nach der Festnahme der deutschen Kapitänin des Flüchtlings-Rettungsschiffes „Sea-Watch 3“ in Italien erwartet Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) eine schnelle Reaktion der EU.
„Die „Sea-Watch“-Kapitänin hat in einer absoluten Notlage gehandelt. Deswegen erwarte ich, dass Brüssel hier ein deutliches Signal sendet und die sofortige Freilassung einfordert“, sagte Müller im Interview der „Passauer Neuen Presse“.
"Sea-Watch"-Kapitänin Carola Rackete hatte trotz eines Verbots der italienischen Behörden ihr Rettungsschiff mit 40 im Mittelmeer geretteten Migranten in der Nacht zum Samstag in den Hafen der sizilianischen Insel Lampedusa gesteuert. Sie wurde festgenommen. Auf Rackete kommt eine Geldstrafe zu, im schlimmsten Fall Haft. Spätestens Dienstag wird ihre Vernehmung und eine mögliche Bestätigung des Haftbefehls erwartet.
Müller vertrat zudem die Ansicht, die EU müsse eine neue europäische Sofortregelung zur Seenotrettung im Mittelmeer beschließen. „Ausgerechnet jetzt überlässt die EU die Flüchtlinge auf dem Mittelmeer ihrem Schicksal und beendet die Mission Sophia“, sagte Müller. Dies sei „ein unerträglicher Zustand angesichts von fast 600 Ertrunkenen im Mittelmeer allein dieses Jahr“.
Siemens-Chef: „Der eigentliche Skandal ist das Ertrinken im Mittelmeer“
Am Sonntag hatte sich auch Siemens-Chef Joe Kaeser zu Wort gemeldet. „Menschen, die Leben retten, sollten nicht festgenommen werden. Menschen, die töten, die Hass und Leid säen und fördern, sollten es“, twitterte er. Kaeser ist bekannt dafür, sich als einer der wenigen Top-Manager immer wieder auch zu politischen Vorgängen zu äußern.
„Der eigentliche Skandal ist das Ertrinken im Mittelmeer, sind die fehlenden legalen Fluchtwege und ein fehlender Verteilmechanismus in Europa“, sagte Grünen-Chef Robert Habeck dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Der Parteivorstand der Linken forderte die Bundesregierung auf, die Geretteten in Deutschland aufzunehmen. Deutschland hatte sich wie mehrere andere EU-Staaten dazu bereits bereiterklärt. Grünen-Chefin Annalena Baerbock forderte in der „Welt“ (Montag), das Auswärtige Amt solle „unverzüglich aktiv werden.“
Sea-Watch-Kapitänin Rackete wird am Nachmittag vernommen
Rackete, soll am Montagnachmittag vor einem italienischen Ermittlungsrichter vernommen werden. Sie sei dazu bereits mit einem Schiff der Finanzpolizei unterwegs von Lampedusa in die sizilianische Stadt Agrigent, sagte Sea-Watch-Sprecher Ruben Neugebauer am Montag.
Der 31-Jährigen werden Beihilfe zur illegalen Einwanderung, Verletzung des Seerechts und Widerstand gegen die Staatsgewalt vorgeworfen, weil sie sich Anweisungen von Militärschiffen widersetzt haben soll.
Die Seenotrettung sorgt seit Langem für Streit innerhalb der Europäischen Union. Die EU-Länder können sich nicht auf einen Mechanismus zur Verteilung der Bootsflüchtlinge einigen. Eine Lösung ist trotz des erheblichen Drucks, den die populistische Regierung in Rom seit einem Jahr in der Frage ausübt, nicht zu erkennen.
Von RND/dpa