Faeser und der Wahlkampf mit doppeltem Boden
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/BFRRKPBXBBBI7OENH2D5XC7E3U.jpg)
Was wird aus Bundesinnenministerin Nancy Faeser?
© Quelle: Kay Nietfeld/dpa/Archivbild
Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,
es ist gerade einmal zwei Wochen her, dass Bundeskanzler Olaf Scholz sein Kabinett umbauen musste. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht musste nach einer ganzen Serie an Pannen zurücktreten. Sie ist nach Ex-Familienministerin Anne Spiegel („Ich muss das noch irgendwie abbinden“) bereits die zweite Ministerin, die Scholz abhandengekommen ist. Jetzt ist auch die zweite SPD-Frau in der Startformation des Kabinetts nicht mehr sicher im Amt. Innenministerin Nancy Faeser will offenbar am Freitag bekannt geben, für die Landtagswahl in Hessen im Herbst als SPD-Spitzenkandidatin anzutreten.
Nun bergen derartige Ämterwechsel vom Bundesministerium zur Staatskanzlei so manche Fallstricke. Widmet man sich voll und ganz dem nächsten Wahlkampf und gibt dafür den Ministerposten auf, zeigt man Einsatz und Risikobereitschaft, allerdings besteht die konkrete Gefahr, dass man am Ende mit leeren Händen dasteht – und weder Ministerin noch Ministerpräsidentin ist.
Das ist wohl auch ein Grund, warum es Faeser anders versucht. Medienberichten zufolge hat sich die Ministerin mit dem Kanzler darauf geeinigt, trotz der angestrebten Spitzenkandidatur in Hessen den Job als Bundesministerin weiter auszuüben. Wahlkampf mit doppeltem Boden also: Faeser würde nur als Ministerpräsidentin in die Staatskanzlei in Wiesbaden einziehen, verliert sie die Wahl, bleibt sie Innenministerin in Berlin. Und Olaf Scholz bleibt ein erneuter Kabinettsumbau erspart.
Doch auch die vermeintlich sichere Sache hat gleich mehrere Haken: Zum einen kommt es bei Wählerinnen und Wählern meist nicht gut an, wenn das Interesse an der Landespolitik und den Problemen und Aufgaben im Land nur vorhanden ist, solange auch ein Ministerpräsidentenposten dabei herausspringt. Als der frühere CDU-Bundesumweltminister Norbert Röttgen 2012 als Spitzenkandidat in Nordrhein-Westfalen antrat, kratzte das zeitgleiche Festhalten an dem Posten in Berlin derart am Image, dass er nicht nur die Wahl in Düsseldorf verlor, sondern auch als Minister in Berlin nicht mehr zu halten war.
Neue Probleme für die SPD
Auch für Scholz selbst bärge eine wahlkämpfende Innenministerin Risiken. Die CDU setzte gestern schon einmal den Ton und forderte Faeser im Falle einer Kandidatur zum Rücktritt auf. „In diesen herausfordernden Zeiten, wo in Europa Krieg herrscht, wo die Sicherheitsbehörden mit ,Reichsbürgern‘, Rechtsextremisten und vereitelten Terroranschlägen alle Hände voll zu tun haben, wäre es unverantwortlich, neben einem Wahlkampf auch das Innenministerium führen zu wollen“, sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm, der „Süddeutschen Zeitung“. Es ist die Frage, wie lange man als SPD derartige Anwürfe wird parieren können.
Zumal die Gerüchte, Faeser sei von der SPD nach der Bundestagswahl 2021 nur ins Bundesinnenministerium nach Berlin geschickt worden, um an Profil für die Landtagswahl in Wiesbaden zu gewinnen, bereits seit Amtsantritt wabern. Damals noch mit dem Gedankenspiel, dann könne Christine Lambrecht sie beerben und vom ungeliebten Bendlerblock ins Innenressort wechseln.
Sollte dieser Plan tatsächlich so bestanden haben, hätten die SPD und der Kanzler nicht nur in kaum verantwortbarer Weise das gute Regieren für die Parteitaktik hintangestellt. Sie hätten sich auch selbst geschadet. Denn selbst wenn es gut laufen sollte für Faeser, stünde im Herbst in Berlin entweder eine Neubesetzung des Innenressorts an, oder der Kanzler hätte eine Wahlverliererin im Kabinett. Beides keine guten Aussichten.
Wir wünschen Ihnen einen guten Start in diesen Tag,
Ihr Dirk Schmaler
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/RVQBWODSA5ASDA4QZV44PQI7OI.jpg)
Der Tag
Wissen, was der Tag bringt – mit dem Nachrichten-Briefing vom RedaktionsNetzwerk Deutschland. Jeden Morgen um 7 Uhr.
Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der Werbevereinbarung zu.
Zitat des Tages
Grundsätzlich gilt das Ende der Dienstpflicht ausschließlich in Friedenszeiten. Im Spannungs- oder Verteidigungsfall kann sie wieder aktiviert werden.
Marie-Agnes Strack-Zimmermann,
FDP-Politikerin und Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, zu der Frage, ob Deutschland die Wehrpflicht wieder einführen sollte
Was heute wichtig wird
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/GE5MXMQKOL4TXZY5DMYGXGLY6C.jpg)
Auch im Jahr 2022 ist das am häufigsten verwendete Passwort der Deutschen „123456“ – gefolgt von „password“ und „123456789“, wie das aktuelle Ranking des Passwortmanagertools Nordpass zeigt. Damit sich Userinnen und User verstärkt um ihre Cybersicherheit kümmern, hat der Technologieblog Gizmodo 2021 zum ersten Mal den „Ändere dein Passwort“-Tag ausgerufen, der heute erneut stattfindet. Checken Sie also einfach mal Ihre Passwörter auf Sicherheit.
© Quelle: ronstik - stock.adobe.com
Termine des Tages
Geldpolitik: Die US-Notenbank Fed entscheidet heute über ihren weiteren Kurs. Um 20 Uhr deutscher Zeit teilt Notenbankchef Jerome Powell die Entscheidung zum Leitzins mit.
Panzerbesichtigung: Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) besucht heute ein Kampfpanzerbataillon in Augustdorf, das auch mit dem Typ Leopard 2 ausgestattet ist.
Leseempfehlungen
Einer von 84,3 Millionen: In Deutschland leben so viele Menschen wie noch nie. Das große Schrumpfen? Fällt vorerst aus. Wie verlässlich ist diese Zahl? Und was folgt aus ihr? Ein Besuch bei Deutschlands obersten Schätzerinnen.
Wie selbstreflektiert bin ich wirklich? Wenn Leute sich ständig für etwas Besseres halten, wirkt das nicht nur unsympathisch, Selbstüberschätzung kann auch zu Unfällen führen. Mitunter ist sie allerdings auch gut für den Selbstwert. Wie so oft kommt es nur auf das richtige Maß an (+).
Aus unserem Netzwerk
2013 wurde in Hannover der rund 20 Kilogramm schwere Leibniz-Keks aus rund fünf Metern Höhe vom Bahlsen-Stammhaus gestohlen. Kurz darauf meldete sich das Krümelmonster mit einem Erpresserschreiben. Die „Hannoversche Allgemeine Zeitung“ berichtet über den spektakulären Fall von vor zehn Jahren (+).
„Der Tag“ als Podcast
An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von GetPodcast, der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.
Die News zum Hören
An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von GetPodcast, der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.
Abonnieren Sie auch:
Klima-Check: Erhalten Sie die wichtigsten News und Hintergründe rund um den Klimawandel – jeden Freitag neu.
Unbezahlbar: Wertvolle Tipps und Hintergründe rund ums Geld – immer mittwochs.
Hauptstadt-Radar: Persönliche Eindrücke und Hintergründe aus dem Regierungsviertel – immer dienstags, donnerstags und samstags.
Das Leben und wir: Der Ratgeber für Gesundheit, Wohlbefinden und die ganze Familie – jeden zweiten Donnerstag.
What’s up, America? Der USA-Newsletter liefert Hintergründe zu den Entwicklungen in Politik, Gesellschaft und Kultur – jeden zweiten Dienstag.
Das Stream-Team: Die besten Serien- und Filmtipps für Netflix und Co. – jeden Monat neu.
Mit RND.de, dem mobilen Nachrichtenangebot des RedaktionsNetzwerks Deutschland, dem mehr als 60 regionale Medienhäuser als Partner angehören, halten wir Sie immer auf dem neuesten Stand, geben Orientierung und ordnen komplexe Sachverhalte ein – mit einem Korrespondentennetzwerk in Deutschland und der Welt sowie Digitalexpertinnen und ‑experten aller Bereiche.