Faeser sieht Afghanistan als „Herkunftsland mit guter Bleibeperspektive“ – Integration vereinfacht
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Nancy Faeser (SPD), Bundesinnenministerin, steht am Eingang des Bundesinnenministeriums. (Archivbild)
© Quelle: Jörg Carstensen/dpa
Berlin. Afghanistan gilt nach einer neuen Einschätzung durch Bundesinnenministerin Nancy Faeser künftig als „Herkunftsland mit guter Bleibeperspektive“. Asylbewerbern aus dem inzwischen wieder von den Taliban regierten Land ermöglicht dies, auch schon vor einer Entscheidung über ihren Antrag in Deutschland an staatlich finanzierten Integrationskursen teilzunehmen.
Wie die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungskreisen erfuhr, entschied sich die SPD-Politikerin für diese Einstufung von Afghanistan, obgleich das dafür in den vergangenen Jahren geltende Kriterium einer „Gesamtschutzquote“ von mehr als 50 Prozent noch nicht erreicht ist.
Damit hat sich das Innenministerium jetzt der Sichtweise von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) angeschlossen, der Asylbewerbern, die nach dem 1. August 2019 eingereist sind, bereits Zugang zu Berufssprachkursen gewährt hatte. Faesers Amtsvorgänger Horst Seehofer (CSU) hatte eine veränderte Einstufung Afghanistans noch abgelehnt.
Migrationsabteilung des Innenministeriums ist skeptisch
Vom Bundesinnenministerium wird das neue Votum jetzt laut einer internen Vorlage damit begründet, dass davon auszugehen sei, dass die Schutzquote für Afghanistan „perspektivisch steigen wird“. In der Migrationsabteilung des Ministeriums herrscht jedoch nach dpa-Informationen Skepsis. Begründet wird diese in einem „Sondervotum“ damit, dass unklar sei, „anhand welcher objektiven Kriterien“ diese Prognose vorgenommen werde. Außerdem schaffe das einen Präzedenzfall für andere Herkunftsländer.
Die sogenannte Gesamtschutzquote gibt den Anteil positiver Asylentscheidungen für Menschen aus einem bestimmten Land an, dazu zählen auch der eingeschränkte Flüchtlingsschutz sowie Abschiebungsverbote. Als Herkunftsländer mit guter Bleibeperspektive gelten aktuell Syrien, Eritrea und Somalia. Für Afghanistan lag die Quote in den ersten sieben Monaten des vergangenen Jahres bei rund 39 Prozent. Danach waren Asylentscheidungen zurückgestellt worden, weil das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) auf eine neue Einschätzung der Lage in Afghanistan durch die Bundesregierung wartete. Seit dem 1. Dezember werden auf Basis neuer Leitsätze wieder Entscheidungen zu Anträgen von Afghanen getroffen.
Die Bundeswehr war Ende Juni 2021 nach einem 20-jährigen Einsatz aus Afghanistan abgezogen. In der Folge des Abzugs aller auswärtigen Streitkräfte gewannen die militant-islamistischen Taliban die Oberhand in dem Land, Mitte August auch in der Hauptstadt Kabul.
RND/dpa