Libanon bittet Ausland um Hilfe - EU schickt mehr als 100 Katastrophenhelfer
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Männer inspizieren die Zerstörung einer Tankstelle in der Nähe des Ortes der Explosion im Hafen von Beirut.
© Quelle: Bilal Hussein/AP/dpa
Paris. Der libanesische Ministerpräsident Hassan Diab hat das Ausland nach dem Explosionsdesaster in Beirut um Hilfe gebeten. “Wir erleben eine echte Katastrophe”, sagte Diab in einer Fernsehansprache am Mittwoch. Er bitte die Freunde seines kleinen Landes um Unterstützung. Zugleich versprach er, die Verantwortlichen würden bestraft. Er ging allerdings nicht näher auf die Ursache der Detonation vom Vortag ein.
Das Auswärtige Amt in Deutschland hat einen Krisenstab eingerichtet, um helfen zu können. Es gehe jetzt vor allem um kurzfristige humanitäre Hilfe, machte ein Sprecher des Ministeriums am Mittwoch in Berlin deutlich. Eine Gruppe des Technischen Hilfswerkes (THW) solle noch im Laufe des Tages in den Libanon aufbrechen.
Die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer unterstrich, dass die Bundesregierung dem Land in dieser schwierigen Lage zur Seite stehen und helfen werde. Zugleich bekräftigte sie die tiefe Erschütterung von Kanzlerin Angela Merkel und der gesamten Bundesregierung. Die Gedanken seien bei den Angehörigen der Opfer. Den Verletzten wünsche man schnelle Genesung.
Der deutschen Seite liege inzwischen eine Anfrage der libanesischen Regierung vor, bei der Suche nach Vermissten und Verschütteten zu helfen. Das THW solle hier Unterstützung anbieten. Mit Vertretern von Hilfsorganisationen sei über die Möglichkeit gesprochen worden, im medizinischen Bereich zu helfen. Ebenso sollten Hilfsgüter geschickt und logistische Unterstützung angeboten werden. Was an weiteren Hilfen möglich sei, müsse man noch erörtern, so der Sprecher des Ministeriums.
Deutschland stehe dem Libanon in der “schweren Stunde zur Seite”, twitterte Außenminister Heiko Maas. Auch Mitarbeiter der Deutschen Botschaft seien unter den Verletzten. Die Lage sei noch nicht abschließend einzuschätzen.
Macron reist nach Beirut
Über das Zentrum für die Koordination von Notfallmaßnahmen der EU werden mehr als 100 Katastrophenhelfer in die libanesische Hauptstadt Beirut geschickt. Die Experten und Such- und Rettungsfachleute kämen aus den Niederlanden, Tschechien und Griechenland, sagte ein EU-Beamter am Mittwoch der Nachrichtenagentur dpa. Auch von anderen Länder werde noch Unterstützung erwartet.
Das Zentrum für die Koordination von Notfallmaßnahmen der EU war bereits am Dienstagabend in Kontakt mit den libanesischen Katastrophenschutzbehörden getreten. “Die EU steht in diesen schwierigen Momenten an der Seite der Menschen in Beirut”, kommentierte der für das EU Krisenmanagement zuständige Kommissar Janez Lenarcic.
Frankreich schickt zwei Militärflugzeuge in den Libanon. Sie werden unter anderem 55 Angehörige des französischen Zivilschutzes und tonnenweise Material zur Behandlung von Verletzten befördern, wie der Élyséepalast mitteilte. Etwa ein Dutzend französische Notärzte soll zudem so rasch wie möglich nach Beirut entsandt werden, um Krankenhäuser vor Ort zu unterstützen.
Die Explosion in der libanesischen Hauptstadt könnte von einer großen Menge Ammoniumnitrat ausgelöst worden sein. Die Katastrophe forderte nach Angaben des Roten Kreuzes mindestens 100 Todesopfer. Der französische Staatschef Emmanuel Macron hatte am Dienstag bereits Unterstützung zugesagt. Der Libanon war früher Teil des französischen Mandatsgebiets im Nahen Osten, die beiden Länder sind immer noch eng verbunden. Macron will am Donnerstag nach Beirut reisen. Das verlautete am Mittwoch aus Kreisen des Pariser Präsidialamtes.
Schwere Explosion in Beirut
Die Hintergründe waren zunächst unklar. Der Gesundheitsminister teilte mit, dass es sehr viele Verletzte gegeben habe.
© Quelle: Reuters
Die Niederlande schicken ein Experten-Team nach Beirut. Rund 70 Helfer sollten am Abend in die libanesische Hauptstadt reisen, kündigte die Handelsministerin Sigrid Kaag am Mittwoch im Radio an. Zu dem Team gehörten Ärzte, Feuerwehrleute und Polizisten, die im Aufspüren von verschütteten Personen spezialisiert seien. “Die Niederlande sind besonders spezialisiert im Suchen nach Überlebenden und Toten in Trümmern,” sagte die Ministerin. “Das ist jetzt so wichtig. Die Zeit drängt.”
Auch Griechenland und die Republik Zypern schicken Rettungsmannschaften mit Spürhunden nach Beirut. Die griechischen Helfer seien an Bord eines Transportflugzeuges aus Athen nach Beirut abgeflogen, berichtete der Staatsrundfunk (ERT) am Mittwoch. Zyperns Rettungsmannschaften sollten am Nachmittag vom Flughafen Larnaka aus an Bord von zwei Hubschraubern nach Beirut fliegen, teilte die zyprische Polizei mit.
Hilfe aus Deutschland für den Libanon
Einsatzkräfte aus Rheinland-Pfalz, Hessen, Nordrhein-Westfalen und dem Saarland sowie Material des Technischen Hilfswerks starteten nach Beirut.
© Quelle: Reuters
Iranische Führung bietet Hilfe an
Derweil hat der iranische Außenminister seine Anteilnahme ausgedrückt und dem Libanon ebenfalls Hilfe angeboten. “Unsere Gedanken und Gebete sind mit den Menschen in Libanon... bleibt stark”, twitterte Außenminister Mohammed Dschawad Sarif am Mittwoch. Der Iran sei bereit, Libanon jegliche notwendige Hilfe und Unterstützung zu leisten, so der iranische Chefdiplomat.
Selbst Israel, das mit dem benachbarten Libanon keine diplomatischen Beziehungen pflegt, bot über ausländische Kanäle “medizinische humanitäre Hilfe” an. Offiziell befinden sich beide Länder noch im Krieg.
RND/dpa/AP