Neue Präsidentin des Europaparlaments: Roberta Metsola ist die Favoritin

Roberta Metsola (vordere Reihe, 2. v. l.) soll neue Präsidentin des EU-Parlaments werden.

Roberta Metsola (vordere Reihe, 2. v. l.) soll neue Präsidentin des EU-Parlaments werden.

Brüssel. Wenn es nicht in letzter Minute noch zu Überraschungen kommt, dann wird Roberta Metsola aus Malta die neue Präsidentin des Europäischen Parlaments. Der Grund ist ein Parteiendeal aus dem Jahr 2019, wonach die Konservativen bis zur nächsten Europawahl 2024 den prestigeträchtigen Posten an der Spitze des Straßburger Parlaments für sich beanspruchen können.

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Gewinnt Metsola an diesem Dienstag die Wahl gegen zwei Gegenkandidatinnen und einen Gegenkandidaten, wird sie exakt an ihrem 43. Geburtstag Nachfolgerin des Sozialdemokraten David Sassoli aus Italien, der vor wenigen Tagen gestorben ist.

Am vergangenen Freitag wurde der verstorbene EU-Parlamentspräsident David Sassoli begraben. Am Dienstag wird wohl Roberta Metsola als seine Nachfolgerin gewählt werden.

Am vergangenen Freitag wurde der verstorbene EU-Parlamentspräsident David Sassoli begraben. Am Dienstag wird wohl Roberta Metsola als seine Nachfolgerin gewählt werden.

Der Deal von 2019

Metsolas Kandidatur geht auf eine Vereinbarung zwischen den europäischen Konservativen, den Sozialdemokraten und den Liberalen aus dem Jahr 2019 zurück. Damals vereinbarten die Parteien, die Spitzenämter im EU-Betrieb aufzuteilen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist eine Christdemokratin, EU-Ratspräsident Charles Michel ein Liberaler und der Außenbeauftragte Josep Borrell ein Sozialdemokrat.

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Das operativ wenig einflussreiche Amt an der Parlamentsspitze übernahm in der ersten Hälfte der fünfjährigen Legislaturperiode der Sozialdemokrat David Sassoli. Danach sollte eigentlich der CSU-Politiker Manfred Weber Parlamentspräsident werden.

Doch Weber, der Chef der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament, machte im Herbst vergangenen Jahres einen Rückzieher. Der 2019 im Kampf um den Posten des EU-Kommissionschefs gescheiterte Niederbayer will stattdessen Vorsitzender der europäischen Parteienfamilie EVP werden. Das ist ein politisch einflussreicheres Amt als der überparteiliche Posten des Parlamentspräsidenten.

Wie die Sozialdemokraten mit dem verlorenen Posten umgehen

Der Personaldeal von 2019 ist zwar in der sozialdemokratischen Fraktion nicht unumstritten. Doch bis zuletzt deutete alles darauf hin, dass die Mehrheit der sozialdemokratischen Abgeordneten im Europaparlament Metsolas Kandidatur unterstützen wird.

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Dabei verlieren die Sozialdemokraten einen prestigeträchtigen Posten in der EU. Künftig sind sie dort nur noch mit dem Außenbeauftragten Borrell vertreten, obwohl die europäischen Sozialdemokraten vor allem durch die Wahl von Olaf Scholz (SPD) zum deutschen Bundeskanzler einen Aufschwung verspüren.

Dagegen haben die europäischen Konservativen durch den Rückzug von Angela Merkel einen schweren Schlag hinnehmen müssen. Die Sozialdemokraten wollen den Verzicht auf einen eigenen Kandidaten für den Spitzenposten mit mehreren der 14 Vizepräsidentenposten kompensieren.

Auch die Liberalen, die in Deutschland an der Ampelkoalition beteiligt sind, werden dem Vernehmen nach mehrheitlich für Metsola stimmen. Das liegt auch daran, dass sie ihrer europäischen Führungsfigur Emmanuel Macron nicht in die Quere kommen wollen. Dem französischen Staatspräsidenten ist an der Einhaltung des Deals gelegen, weil er kurz vor den Präsidentschaftswahlen im eigenen Land keinen Ärger auf EU-Ebene gebrauchen kann.

Metsola und ihre Einstellung zum Thema Abtreibung

Auch inhaltlich können sich Sozialdemokraten und Liberale mit der konservativen Politikerin aus Malta anfreunden. Das gilt vor allem für Fragen der Migrations- und der LGBT-Politik. Einziges Problem: Metsola hat sich zuletzt bei Abstimmungen gegen das Recht auf Abtreibung ausgesprochen und sich dabei am nationalen Recht Maltas orientiert.

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Die kleine Mittelmeerinsel ist das einzige EU-Mitgliedsland, in dem ein komplettes Abtreibungsverbot gilt. Auch hat sich Malta im EU-Beitrittsvertrag zusichern lassen, dass Entscheidungen auf EU-Ebene keinen Einfluss auf die maltesischen Abtreibungsgesetze haben.

Neben Metsola treten die Grünen-Abgeordnete Alice Bah Kuhnke aus Schweden, die Linken-Abgeordnete Sira Rego aus Spanien und der polnische Abgeordnete Kosma Zlotowski von der EU-skeptischen, nationalkonservativen Fraktion im Europaparlament an diesem Dienstag zur Wahl an.

Klare Favoritin ist Roberta Metsola. Im Fall ihrer Wahl wäre sie nach Simone Veil (1979–1982) und Nicole Fontaine (1999–2002) erst die dritte Präsidentin in der Geschichte des Europaparlaments.

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