Europa-Grüne fordern mehr Einsatz für das Klima
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/HVVEKPGXJ5AVNKTFYAS5TK65FQ.jpg)
Sven Giegold, Sprecher der deutschen Grünen-Europaabgeordneten.
© Quelle: Imago Images / Mike Schmidt
Brüssel. Die Europa-Grünen verlangen, dass die Politik im Kampf gegen den Klimawandel mehr auf die Wissenschaft hört. “Wir kämpfen bis zur letzten Minute für ein EU-Klimaziel, das den wissenschaftlichen Erkenntnissen gerechter wird”, sagte Sven Giegold, Sprecher der deutschen Grünen-Europaabgeordneten, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Deshalb müssten bis zum Jahr 2030 in der EU mindestens 60 Prozent der CO₂-Emissionen eingespart werden – nicht nur 55 Prozent, wie es die EU-Kommission vorschlägt.
An diesem Mittwoch stimmt das Europaparlament über das neue Klimaziel ab. Damit wird erstmals die Willensbekundung verbindlich festgeschrieben, dass die EU bis 2050 klimaneutral werden soll. Das Klimaziel für 2030 ist eine Vorstufe.
Die Zielmarke von 60 Prozent komme dem Stand der Wissenschaft näher als 55 Prozent, sagte Giegold. Es handle sich um einen Schritt, “aber längst nicht den ganzen Weg zu den Pariser Klimazielen”. Der Grünen-Abgeordnete sprach von einem “Zwischenerfolg der Klimabewegung”: “Er sollte alle Klimaaktivisten ermutigen, weiter auf die Straße zu gehen.”
Giegold: Thunbergs und Neubauers Kritik berechtigt
Zudem sei die Kritik der schwedischen Klimaschützerin Greta Thunberg und ihrer deutschen Mitstreiterin Luisa Neubauer an den EU-Plänen berechtigt, sagte Giegold: “Durch die veränderte Berechnungsgrundlage sieht das EU-Klimaziel der Kommission mindestens 2 Prozentpunkte besser aus, als es ist.” Auch seien wichtige Emissionsquellen nicht eingerechnet. Giegold: “Wir müssen uns extra anstrengen, um das Minimalziel zu erreichen. Das 60-Prozent-Ziel zu beschließen, ist deshalb nochmals wichtiger.”
Ursprünglich wollte die EU den klimaschädlichen Ausstoß von Treibgasen bis 2030 nur um 40 Prozent im Vergleich zum Jahr 1990 verringern. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen legte die Latte jedoch höher. Nun sollen es “mindestens 55 Prozent” sein.
Das ist den Grünen und den Sozialdemokraten im Europaparlament nicht ambitioniert genug. Die Konservativen sehen dagegen diese Zielmarke als das Äußerste an, was bis Ende des Jahrzehnts zu leisten sei.
EU soll 2050 klimaneutral sein
Ergebnisse der Abstimmung im Europaparlament sollen erst am Donnerstag vorliegen. Es wurde in Brüssel jedoch nicht erwartet, dass sich die Grünen mit ihrer Forderung nach einer Erhöhung des Klimaziels durchsetzen können.
Einig sind sich die großen Fraktionen im Europaparlament allerdings in einer Sache: Die EU soll bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent werden. Das heißt: Von diesem Zeitpunkt an darf nur noch so viel Treibhausgas in die Atmosphäre geblasen werden, wie an anderer Stelle eingespart oder zum Beispiel in Wäldern gespeichert wird. Voraussetzung dafür ist ein Komplettumbau bei der Produktion von Gütern und bei der Energieversorgung. Aber auch der Verkehr und die Landwirtschaft werden einschneidende Änderungen durchmachen müssen. Damit soll vermieden werden, dass sich die Temperatur auf der Erde um mehr als zwei Grad im Vergleich zum späten 18. Jahrhundert, dem Beginn des industriellen Zeitalters, erhöht.
Verhandlungen mit Mitgliedsstaaten
Nach der Abstimmung am Mittwoch ist das neue Klimaziel für 2030 noch nicht unter Dach und Fach. Danach kommt es beim sogenannten Trilog zu Verhandlungen zwischen Parlament, den EU-Mitgliedsstaaten und der EU-Kommission.
Mitgliedsstaaten wie Polen, deren Energieversorgung derzeit noch in hohem Maße von der Kohle abhängt, könnten sich querstellen. Doch auch Deutschland müsse seinen Kurs verändern, forderte der Grünen-Abgeordnete Giegold: “Die Bundesregierung muss in Brüssel endlich aufhören, im Allgemeinen für den Klimaschutz zu sein, im Konkreten aber zu bremsen.”
RND