Polen und Ungarn kämpfen vor EuGH gegen EU-Rechtsstaatsklausel
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Das Bild zeigt ein Schild vor den Bürotürmen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) mit der Aufschrift «Cour de Justice de l'union Européene» im Europaviertel auf dem Kirchberg.
© Quelle: Arne Immanuel Bänsch/dpa
Luxemburg. Vor dem Europäischen Gerichtshof hat die mündliche Verhandlung zu den von Polen und Ungarn eingereichten Klagen gegen den neuen EU-Rechtsstaatsmechanismus begonnen. Die beteiligten Parteien konnten den zuständigen Richtern am Montag zunächst ihre Position erläutern, wie ein Sprecher des Gerichtshofs sagte. In dem beschleunigten Verfahren dürfte das Gericht dann bereits in wenigen Monaten das mit Spannung erwartete Urteil sprechen. Für diesen Dienstag ist ein weiterer mündlicher Verhandlungstag angesetzt (Rechtssachen C-156/21 und C-157/21).
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In Polen haben zehntausende Menschen für den Verbleib ihres Landes in der Europäischen Union demonstriert.
© Quelle: AFP
Der neue Mechanismus zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit sieht vor, dass EU-Ländern Mittel aus dem Gemeinschaftsbudget gekürzt werden können, wenn wegen Rechtsstaatsverstößen ein Missbrauch der Gelder droht. Die Regierungen in Ungarn und Polen befürchten, dass das neue Verfahren vor allem gegen sie eingesetzt werden soll. Kritiker werfen ihnen vor, die Justiz entgegen den EU-Standards zu beeinflussen.
Wie Polen und Ungarn argumentieren
Beide Länder argumentieren, dass der sogenannte Konditionalitätsmechanismus nicht mit dem geltenden EU-Recht vereinbar sei. So dürfen aus polnischer Sicht für die Vergabe von Geld aus dem EU-Haushalt einzig „objektive und konkrete Bedingungen“ gelten. Die EU habe keine Befugnis, den Begriff „Rechtsstaat“ zu definieren, heißt es aus Warschau. Am vergangenen Donnerstag hatte das polnische Verfassungsgericht dieser Sichtweise noch einmal Nachdruck verliehen, indem es ein höchst umstrittenes Urteil zum Vorrang von nationalem Recht vor EU-Recht fällte.
Der Mechanismus zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit war im vergangen Dezember nach langen EU-internen Diskussionen vom EU-Parlament und dem Rat der Mitgliedstaaten per Mehrheitsentscheidung beschlossen worden. Eine Einigung der Staats- und Regierungschefs sieht jedoch vor, dass er erst dann angewendet werden soll, wenn der EuGH über die Klage von Ungarn und Polen entschieden hat. Mit diesem Zugeständnis wurden die Regierungen in Budapest und Warschau dazu gebracht, eine Blockade von wichtigen EU-Haushaltsentscheidungen aufzugeben.
Derzeit ist allerdings unklar, ob die zuständige EU-Kommission nicht vielleicht schon vor dem Urteil erste Verfahren für Mittelkürzungen einleiten wird. Grund dafür ist vor allem Druck des Europaparlaments.
RND/dpa