Die EU will die Westbalkan-Staaten bei Laune halten
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Der EU-Balkan-Gipfel sollte ursprünglich in der kroatischen Hauptstadt Zagreb stattfinden. Doch dann kam die Corona-Krise.
© Quelle: imago images/Pixsell
Brüssel. Es sollte der Höhepunkt der kroatischen EU-Ratspräsidentschaft werden. Doch dann kam die Corona-Krise. Nun ist die demonstrative Annäherung der EU an die sechs Staaten des westlichen Balkans, die mit einem Gipfeltreffen in Zagreb begangen werden sollte, zu einer Videokonferenz geschrumpft.
An diesem Mittwoch wollen die 27 Staats- und Regierungschefs der EU ihren Amtskollegen aus Serbien, Montenegro, Nordmazedonien, Albanien, dem Kosovo und Bosnien-Herzegowina versichern, dass sie weiter in der EU willkommen sind – wenn sie die notwendigen Reformen dafür umsetzen und den Lockrufen Chinas und Russlands widerstehen.
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Erst vor wenigen Tagen brachte die EU ein Hilfspaket für die Balkan-Staaten auf den Weg. Zur Bewältigung der Corona-Krise will die EU zusammen mit der Europäischen Investitionsbank 3,3 Milliarden Euro mobilisieren. „Wir haben eine besondere Verantwortung, unsere Partner auf dem westlichen Balkan zu unterstützen, denn ihre Zukunft liegt eindeutig in der Europäischen Union“, sagte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen Ende April.
Verärgerung über Exportstopp
Dass es solange mit der EU-Hilfe dauerte, kam auf dem Balkan nicht gut an. Dafür war vor allem eine Entscheidung verantwortlich. Brüssel beschloss am 19. März einen Ausfuhrstopp für medizinische Hilfsgüter in Drittstaaten, der auch die Westbalkan-Staaten umfasste.
China, Russland und die Türkei besetzten die Lücke, schickten Hilfe und wurden von der Politik und in der Region gefeiert. Serbiens Präsident Aleksandar Vucic etwa küsste demonstrativ eine chinesische Fahne und sprach von Chinas Präsidenten als „Freund und Bruder Xi Jinping“. Inzwischen ist der Exportstopp aufgehoben.
Von der Leyen entschuldigt sich bei Italien wegen mangelnder Corona-Hilfe
Die Präsidentin der Europäischen Kommission sagte am Donnerstag, dass Italien gleich zu Beginn der Pandemie eine helfende Hand gebraucht hätte.
© Quelle: Reuters
Dem Eindruck, die EU kümmere sich nicht um den Balkan, wollen die EU-Staats- und Regierungschefs mit ihrer Videokonferenz nun entgegen wirken. Im Entwurf für die Abschlusserklärung heißt es, „die EU bekräftige erneut ihre unmissverständliche Unterstützung für die europäische Perspektive des westlichen Balkans“. Außerdem soll die EU-Kommission einen robusten Plan entwickeln, wie die Wirtschaft der Balkan-Staaten angekurbelt werden kann.
Frankreich gibt Blockade auf
Das klang vor einigen Monaten noch anders. Frankreich und die Niederlande etwa blockierten im vergangenen Herbst die Aufnahme von Beitrittsgesprächen mit Albanien und Nordmazedonien. Erst eine Änderung des Regelwerks für die Beitrittsverhandlungen brachte kurz vor Ausbruch der Viruskrise eine Wende.
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Europaparlament, David McAllister, sagte, der Videogipfel werde dazu beitragen, das Engagement Europas auf dem Balkan öffentlichkeitswirksam zu unterstreichen. „Die EU leistet mit Abstand die größte Unterstützung. Das wird den Ländern zeigen, dass wir in der Not zusammenstehen“, sagte McAllister dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
Ähnlich äußerte sich Viola von Cramon, Europa-Abgeordnete der Grünen. Die EU habe sehr viel mehr geholfen als etwa China. „Allerdings muss Europa seine Kommunikation verbessern und sich besser verkaufen“, sagte von Cramon dem RND. Auch sollten die Staaten des Westbalkans in den Wiederaufbaufonds der EU für die Zeit nach der Corona-Krise aufgenommen werden. Dabei müsse die EU darauf achten, dass die Mittel in einen klimafreundlichen Umbau etwa der Energieversorgung gesteckt würden.
Beginn von Verhandlungen noch unklar
Von den Staaten in der Region sind bislang nur Slowenien und Kroatien der EU beigetreten. Mit Serbien und Montenegro laufen bereits Beitrittsverhandlungen. Wann die Gespräche mit Albanien und Nordmazedonien beginnen, ist unklar. Bosnien-Herzegowina und das Kosovo sind dagegen noch nicht über den Status „potenzieller Beitrittskandidaten“ hinaus gekommen. McAllister sagte, es lasse sich noch lange nicht sagen, wann eines dieser Länder der EU beitreten werde.