EU-Kommission will 750 Milliarden Euro für EU-Konjunkturprogramm
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EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.
© Quelle: Francisco Seco/AP/dpa
Brüssel. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen will in der Corona-Krise 750 Milliarden Euro für die wirtschaftliche Erholung Europas mobilisieren. Davon sollen 500 Milliarden Euro als nicht rückzahlbare Zuwendungen und 250 Milliarden Euro als Kredite fließen, wie die EU-Kommission am Mittwoch in Brüssel mitteilte. Mehr als 300 Milliarden Euro sind allein für die Krisenländer Italien und Spanien reserviert. Finanziert werden soll das Programm über Schulden im Namen der Europäischen Union. Diese würden dann zwischen 2028 und 2058 über den EU-Haushalt getilgt werden.
Merkel und Macron schlagen EU-Wiederaufbaufonds über 500 Milliarden Euro vor
Das Geld solle zusätzlich zum EU-Haushalt in den kommenden drei Jahren an Staaten gezahlt werden, die von der Pandemie besonders betroffen wurden.
© Quelle: Reuters
Daneben will von der Leyen einen regulären mehrjährigen Finanzrahmen für die Jahre 2021 bis 2027 im Umfang von 1,1 Billionen Euro vorschlagen. Die 27 EU-Staaten müssten dem Gesamtpaket einstimmig zustimmen. Darüber hinaus wird in Deutschland auch die Billigung durch den Bundestag nötig. Vorher werden noch wochenlange Verhandlungen erwartet.
Mit dem Wiederaufbauplan soll die schlimmste Rezession in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg bewältigt werden. Wegen des zeitweiligen Stillstands während der Pandemie wird die Wirtschaft in der EU nach einer offiziellen Prognose dieses Jahr um 7,4 Prozent schrumpfen. Einige Länder wie Italien, Spanien und Griechenland sind besonders hart getroffen. Die EU-Staaten haben bereits ein gemeinsames Sicherheitsnetz mit Kredithilfen von bis zu 540 Milliarden Euro gespannt.
Das Programm zur wirtschaftlichen Erholung im Rahmen des Haushaltsplans ist nun der nächste Schritt. Das Neue: Die über Kredite finanzierten Mittel sollen überwiegend als Zuwendungen an die EU-Staaten vergeben werden, die nicht die Empfänger, sondern alle gemeinsam zurückzahlen.
173 Milliarden für Italien
Nach einer internen Aufstellung der EU-Kommission sind allein knapp 173 Milliarden Euro als Zuwendungen und Kredite für Italien reserviert. Spanien könnte bis zu 140 Milliarden Euro bekommen. Zum Vergleich: Für Deutschland sind bis zu 28,8 Milliarden Euro vorgesehen, ausschließlich als Zuwendungen. Für Frankreich wären es knapp 39 Milliarden Euro, ebenfalls komplett als Zuwendungen.
Vorige Woche hatten Deutschland und Frankreich vorgeschlagen, die EU-Kommission solle mit Hilfe von Garantien der EU-Staaten 500 Milliarden Euro Kredit aufnehmen und als Zuwendungen an Krisenstaaten und -branchen vergeben. Die deutsche Position wird besonders aufmerksam beobachtet, weil die Bundesrepublik die stärkste Volkswirtschaft und der größte Nettozahler der EU ist. Darüber hinaus übernimmt Deutschland zum 1. Juli für sechs Monate den Vorsitz der EU-Länder. Damit kommt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eine besondere Rolle bei der Bewältigung der Krise zu.
Vorige Woche hatten Deutschland und Frankreich vorgeschlagen, die EU-Kommission solle mit Hilfe von Garantien der EU-Staaten 500 Milliarden Euro Kredit aufnehmen und als Zuwendungen an Krisenstaaten und -branchen vergeben.
Die deutsche Position wird besonders aufmerksam beobachtet, weil die Bundesrepublik die stärkste Volkswirtschaft und der größte Nettozahler der EU ist. Darüber hinaus übernimmt Deutschland zum 1. Juli für sechs Monate den Vorsitz der EU-Länder. Damit kommt Bundeskanzlerin Angela Merkel eine besondere Rolle bei der Bewältigung der Krise zu.
Grüne sehen Bundesregierung in der Pflicht
Die Grünen sehen die Bundesregierung in der Pflicht, für die Umsetzung des Wiederaufbauprogramms zu sorgen. „Der vorgeschlagene EU-Haushalt zeigt den richtigen Weg aus der Corona-Krise“, sagte die europapolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Franziska Brantner, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
Mit Blick auf den im Juli beginnenden Vorsitz Deutschlands im europäischen Rat rief Brantner Kanzlerin Angela Merkel dazu auf, sich um Zustimmung zum Plan der EU-Kommission zu bemühen: „Angela Merkels erste Aufgabe in der Ratspräsidentschaft ist, dafür die nötige Mehrheit im Rat zu organisieren.“ Merkel müsse „Wegweiserin“ sein „in einer Zeit, in der die Zukunft der EU auf dem Spiel steht. Die Zeit der Schiedsrichterin oder gar Zuschauerin am Spielfeldrand ist abgelaufen“, mahnte Brantner.
Sie rief überdies dazu auf, den Klimaschutz nicht aus dem Blick zu verlieren. „Wir brauchen eine klare Orientierung am Green Deal, an Rechtsstaatlichkeit und Resilienz. Der Klimaschutz muss auch bei der Umsetzung des Vorschlags Herzstück sein“, forderte Brantner. Dazu müsse die Bundesregierung den Weg freimachen zur Einführung einer Plastik- und einer Digitalsteuer sowie für höhere Klimaziele und eine ökologische Reform der Agrarpolitik eintreten.
„Diese Ratspräsidentschaft entscheidet, wie Europa nach der Krise aussehen wird und ob die nächste Generation in einem nachhaltigen und souveräneren Europa lebt, ob wir Spieler oder Spielball zwischen den USA und China sein werden“, sagte Brantner dem RND.
Bund will Bahn über die Corona-Krise retten
Nach der Lufthansa will der Bund mit der Deutschen Bahn das zweite große deutsche Verkehrsunternehmen über die Corona-Krise retten.
© Quelle: Reuters
Die “Sparsamen Vier” hatten Einspruch erhoben
Von der Leyens Wiederaufbauplan ähnelt dem deutsch-französischen Konzept. Auch von der Leyen will das Programm mit Krediten finanzieren. Dafür sollen die EU-Staaten mit Beitragszusagen zum Haushalt garantieren. Im Fachjargon: Die Eigenmittelobergrenze soll drastisch erhöht werden. Die Schulden sollen dann über Jahrzehnte aus dem EU-Budget abgestottert werden.
Dabei sollen nach dem Willen der EU-Kommission neue eigene Einnahmen für die EU aus Steuern und Abgaben helfen. Im Gespräch ist eine Ausweitung des Europäischen Emissionshandels sowie eine Digitalsteuer oder eine Plastikabgabe.
Dass aus Krediten stammendes Geld als Zuwendung und nicht nur als rückzahlbares Darlehen an Krisenstaaten fließen soll, stößt bei einigen EU-Ländern auf Widerstand. Österreich, die Niederlande, Schweden und Dänemark - die „Sparsamen Vier“ - haben gemeinsam Einspruch erhoben.
RND/dpa/kor