EU-Parlament beschließt Urheberrechts-Reform
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Eine EU-Fahne weht vor dem Gebäude des Europäischen Parlaments.
© Quelle: Jean-Francois Badias/AP/dpa
Straßburg. Das Europaparlament hat die umstrittene EU-Urheberrechtsreform komplett angenommen. Für die Reform stimmten insgesamt 348 Parlamentarier. 274 Abgeordnete waren dagegen, 36 enthielten sich. Die Abgeordneten hatten es zuvor mit einer knapper Mehrheit abgelehnt, Änderungsanträge zur Abstimmung zuzulassen, mit denen etwa der besonders umstrittene Artikel 13 (jetzt Artikel 17) zur Haftung von Plattformen für Urheberrechtsverletzungen oder das Leistungsschutzrecht für Presseverleger noch hätten gekippt werden können.
Der Rat der EU, der die Regierungen der Mitgliedsstaaten vertritt, muss die Reform nun noch bestätigen. Das gilt aber als Formsache, da die Regierungen dem Vorhaben auf unterer Ebene bereits zugestimmt haben.
Befürworter beurteilen Reform als Modernisierung
Nach Darstellung der Befürworter soll die Reform das Urheberrecht für das heutige Internet mit seinen großen Digitalplattformen wie Youtube oder Google fitmachen. Die aktuelle Richtlinie stammt aus dem Jahr 2001.
Am Wochenende waren allein in Deutschland Zehntausende Menschen gegen die Reform auf die Straße gegangen. Die Gegner machten vor allem gegen den früheren Artikel 13 - in der aktuellen Fassung Artikel 17 - mobil. Er bezieht sich auf Plattformen wie Youtube.
Sie müssen künftig zum Beispiel für Musikvideos eine Erlaubnis der Rechteinhaber einholen. Gelingt das nicht, sollen sie dafür sorgen, dass die Werke bei ihnen nicht verfügbar sind - sonst haften sie.
Kritiker befürchten die Ermöglichung von Zensur
Die Kritiker glauben, dass zur Erkennung der urheberrechtlich geschützten Werke sogenannte Uploadfilter eingesetzt werden müssen, die zur Zensur des Netzes führten. Es sei zudem vor allem für kleinere Plattformen unmöglich, alle Lizenzen einzuholen. Unter anderem die SPD-Abgeordneten im Europaparlament hatten Artikel 13 noch streichen wollen.
Hintergrund zum Streit um das Urheberrecht
Die Reform des europäischen Urheberrechts, die im Europaparlament verabschiedet wurde, wurde 2016 auf den Weg gebracht. Sie soll das Urheberrecht für das Internet fitmachen. Denn im Netz werden massenweise Texte, Lieder und Filme verbreitet - und damit wird viel Geld verdient. Im Vorfeld hatte ein Netzwerk aus mehr als 240 europäischen Verbänden der Kultur- und Kreativbranche EU-Politiker aufgefordert für die Reform zu stimmen. Aus Protest gegen die geplante Reform war das deutschsprachige Internet-Lexikon Wikipedia einen Tag lang nicht erreichbar und verlinkte auf eine Petition der Reformgegner. Die Petition hatte über 5 Millionen Unterstützer.
Ebenfalls in der Kritik steht Artikel 15 (früher 11), mit dem ein Leistungsschutzrecht für Verleger eingeführt wird. Es zielt auf Dienste wie Google News, die Ausschnitte aus Artikeln anzeigen. Sie sollen dafür künftig Geld an die Verleger zahlen.
Kontroverse Stimmen aus dem EU-Parlament
Vor der Abstimmung hatte der federführende Berichterstatter des Parlaments, der CDU-Europaabgeordnete Axel Voss, noch einmal für das Vorhaben geworben. Die Reform sei der richtige Weg, um Meinungsfreiheit und digitale Welt auszubalancieren, sagte Voss vor dem Plenum.
Scharfe Kritik übte dagegen die Schattenberichterstatterin der Grünen-Fraktion, die deutsche Abgeordnete Julia Reda (Piratenpartei). „Noch nie hat es so große Proteste gegen eine EU-Richtlinie gegeben“, sagte Reda, deren Rede immer wieder von Zwischenrufen unterbrochen worden war. Whistleblower Edward Snowden meldete sich unter dem Hashtag #nieMehrCDU auf zu Wort:
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200.000 Menschen hätten allein am vergangenen Wochenende europaweit gegen das Vorhaben demonstriert, fünf Millionen Menschen eine Petition dagegen unterschrieben. Kritiker der Reform seien frei erfundenen und leicht widerlegbaren Diffamierungen ausgesetzt gewesen.
Diese Diffamierungen seien von einigen wenigen Lobbygruppen lanciert und „im Feuilleton einiger weniger Zeitungen, die sich von der Urheberrechtsreform Profite erhoffen“ gestreut worden, beklagte Reda. Niemand wolle die Verantwortung für Uploadfilter übernehmen, die durch die Reform eingeführt würden, auch nicht die deutsche Bundesregierung. Union und SPD hatten sich in ihrem Koalitionsvertrag im vergangenen Jahr gegen solche Filter ausgesprochen.
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Von RND/dpa/epd