EU-Naturschutz lockern: Umweltverbände reagieren empört auf Giegold-Vorstoß
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Eine Baustelle für neue Windenergieanlagen im Landkreis Oder-Spree in Ostbrandenburg (Luftaufnahme mit einer Drohne).
© Quelle: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/ZB
Berlin. Die großen deutschen Naturschutzverbände reagieren empört auf den Vorstoß des künftigen Staatssekretärs im Bundeswirtschaftsministerium, Sven Giegold (Grüne), europäisches Naturschutzrecht zu lockern, um Planungs- und Genehmigungsverfahren für den Ausbau erneuerbarer Energien zu beschleunigen.
Nabu-Präsident Jörg-Andreas Krüger sagte, diese Debatte führe in eine Sackgasse. „Der stark beschleunigte und naturverträgliche Ausbau der erneuerbaren Energien ist von großer Bedeutung für die Bewältigung der Klimakrise. Hauptbremser auf diesem Weg sind vielerorts fehlende Raumplanungen und der gravierende Personalmangel in Verwaltungen“, so Krüger.
Er erinnerte daran, dass EU und Mitgliedstaaten festgestellt hätten, dass die Naturschutzregelungen „fit“ seien und Deutschland in mehreren Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof wegen der schlechten Umsetzung verklagt werde. „Nun als erstes einen mehrjährigen Prozess mit unklarem Ausgang zu beginnen, wäre ein echter Fehlstart für die Planungsbeschleunigung“, sagte Krüger.
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Sven Giegold (Grüne), Mitglied des Europäischen Parlaments, wird Staatssekretär im Wirtschafts- und Klimaschutzministerium.
© Quelle: imago images/Stefan Zeitz
BUND gegen Schrauben an Gesetzen
Auch der BUND äußert sich ablehnend. „Sven Giegold hat mit uns zusammen Vogelschutz- und andere Naturschutzrichtlinien in Europa verteidigt“, sagte BUND-Vorsitzender Olaf Bandt. „Er täte gut daran, dies auch in Deutschland zu tun, um den Koalitionsvertrag einzuhalten. EU-Naturschutz ist kein Hindernis für die Energiewende.“
Bandt ist überzeugt, dass ein „Schrauben an Gesetzen“ den naturverträglichen Ausbau der erneuerbaren Energien nicht beschleunige. „Nötig sind eine bessere Personalausstattung, Digitalisierung und verlässliche Standards sowie eine frühzeitige Bürgerbeteiligung.“
Dies bestätigten sowohl der Sachverständigenrat für Umweltfragen als auch die Praktiker und Energieerzeuger. Bandt: „Dort wollen wir grüne Taten sehen. Giegolds Vorstoß hilft weder der dringend notwendigen Beschleunigung beim Ausbau der Erneuerbaren noch dem Naturschutz.“
Rotmilan im Planungsgebiet
Der künftige Staatssekretär von Bundesminister und Vizekanzler Robert Habeck wechselt aus dem Europaparlament ins Ministerium. Giegold hatte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) am Donnerstag gesagt, er hätte bereits mit Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen über nötige Änderungen des EU-Naturschutzrechts gesprochen.
„Sobald ein Rotmilan in einem Planungsgebiet auftaucht, kann dort im Prinzip nicht mehr gebaut werden“, hatte Giegold dem RND gesagt. „Das muss verändert werden, denn es geht im Naturschutz ja eigentlich um den Bestand und nicht zwingend um das einzelne Tier. Darum plädiere ich bei den europäischen FFH-Richtlinien (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinien) für die Umstellung von Individuenschutz zum Populationsschutz.“
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Giegold geht von Kontroversen aus. „Ich rechne mit Ärger bei einem Teil der Naturschutzverbände, aber auch hier hat bereits ein Umdenken eingesetzt. Wenn wir mit dem Ausbau der Erneuerbaren vorankommen wollen, ist die Änderung im Europäischen Naturschutzrecht notwendig“, so der künftige Staatssekretär.