Rivalen am Golf: Warum Saudi-Arabien und der Iran verfeindet sind

Der iranische Präsident Hassan Ruhani.

Der iranische Präsident Hassan Ruhani.

Riad/Teheran. Als vor 40 Jahren die Massen im Iran auf die Straße gingen, erreichten die Erschütterungen auch das rund 1300 Kilometer entfernte saudische Königshaus. In der iranischen Hauptstadt Teheran stürzte ein Aufstand unter Führung schiitischer Geistlicher im Januar 1979 die Herrschaft des Schahs. Anführer Ajatollah Ruhollah Chomeini erhob danach den Anspruch, die islamische Revolution in andere Länder zu tragen – was die Mächtigen in Saudi-Arabien als Bedrohung ihrer eigenen Herrschaft verstanden.

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Ihre Angst wuchs noch weiter, als im November desselben Jahres eine Gruppe von Extremisten die Große Moschee von Mekka über Tage besetzen konnte – den Ort also, der für gläubige Muslime als der heiligste gilt. Und dessen Schutz zu den Grundfesten der Macht des saudischen Königshauses gehört. Wer den Konflikt zwischen Saudi-Arabien und dem Iran verstehen will, kommt am Jahr 1979 nicht vorbei.

Die Angst um die eigene Herrschaft gehört bis heute zu den Leitmotiven der Monarchen in Riad. Niemand sonst hat sie seit 1979 so herausgefordert wie die schiitische Führung in Teheran. Mit Saudi-Arabien und dem Iran stehen sich die einflussreichste sunnitische und die wichtigste schiitische Macht gegenüber. Die Spaltung der beiden größten Strömungen des Islams geht auf dessen Frühzeit zurück, als nach dem Tod des Propheten Mohammed im Jahr 632 ein Streit über seinen rechtmäßigen Nachfolger ausbrach. Die Schiiten sahen Ali, Mohammeds Schwiegersohn, als den einzig Auserwählten.

Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman (l.) gemeinsam mit US-Präsident Donald Trump. Saudi-Arabien ist nicht nur im Konflikt mit dem Iran Verbündeter.

Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman (l.) gemeinsam mit US-Präsident Donald Trump. Saudi-Arabien ist nicht nur im Konflikt mit dem Iran Verbündeter.

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Im Konflikt zwischen Saudi-Arabien und dem Iran geht es nicht um Religion, sondern um Macht

Und dennoch: Trotz dieser religiösen Komponente in der Rivalität zwischen den beiden wichtigsten Regionalmächten handelt es sich nicht um einen Religionskonflikt, schließlich spielen Glaubensinhalte höchstens eine Nebenrolle. Stattdessen buhlen Saudi-Arabien und der Iran darum, wer die Region dominiert. Es geht um politische Macht, aber auch um die Kontrolle von Ressourcen und Handelswegen.

Saudi-Arabien wähnt sich dabei zunehmend von Kräften umzingelt, die mit Teheran verbunden sind. Über lokale schiitische Milizen wie etwa die Hisbollah sichert sich der Iran als nicht arabisches Land großen Einfluss in arabischen Ländern wie dem Libanon, Syrien oder dem Irak. Die Führung des Irans nutzte insbesondere die arabischen Aufstände und das Chaos, das diese oft erzeugten, um ihre Hand weiter auszustrecken.

In Riad schrillten die Alarmglocken vor allem, als sich im Nachbarland Bahrain 2011 die schiitische Mehrheit gegen die dortige sunnitische Führung erhob. Saudi-Arabien sah den Iran am Werk und schickte Truppen, um die Proteste niederzuschlagen. Im Wüstenstaat ging die Sorge um, die Unruhen könnten auf die eigene schiitische Minderheit im Osten des Landes übergreifen – dort also, wo große saudische Ölvorräte liegen. Ein Albtraumszenario für das Königshaus.

Gegenseitige Beschuldigungen nach Luftangriffen auf Ölanlagen

Den Iran sieht Riad auch hinter den Huthi-Rebellen, die einen zentralen Teil des benachbarten Bürgerkriegslandes Jemen beherrschen. Diese bekannten sich am vergangenen Wochenende zu Luftangriffen auf saudische Ölanlagen. Saudi-Arabien und auch der US-Außenminister Mike Pompeo haben den Iran für diese Angriffe jedoch direkt verantwortlich gemacht. Das saudische Außenministerium in Riad erklärte, bei den Bombardierungen am Samstag seien iranische Waffen benutzt worden.

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Nach den Luftangriffen auf eine saudische Ölraffinerie steigt schwarzer Rauch auf.

Nach den Luftangriffen auf eine saudische Ölraffinerie steigt schwarzer Rauch auf.

Der iranische Präsident Hassan Ruhani verteidigte die Angriffe. Zu den Vorwürfen, dass der Iran an ihnen beteiligt gewesen sei, äußerte sich Ruhani nicht. Schon zuvor hatte das Außenministerium in Teheran die Vorwürfe als absurd zurückgewiesen. „Weil die US-Politik des maximalen Druckes auf den Iran gescheitert ist, sind die Amerikaner nun auf die der maximalen Lügen umgestiegen“, sagte Außenamtssprecher Abbas Mussawi. Was im Jemen passiere, sei einfach nur der Widerstand der Jemeniten „gegen die Kriegsverbrechen der von den Saudis angeführten Militärkoalition“ – und die Jemeniten hätten ein Recht darauf, „sich gegen die Vernichtung ihres Landes zu wehren“.

Tatsächlich ist Saudi-Arabien im Jemen-Konflikt keinesfalls nur Opfer. Angeführt vom jungen Kronprinzen Mohammed bin Salman, dem ehrgeizigen eigentlichen Herrscher Saudi-Arabiens, ist die Außenpolitik des Landes in den vergangenen Jahren deutlich aggressiver geworden. Als Verteidigungsminister ordnete der Thronfolger 2015 eine Militärintervention im Jemen an. Kritiker werfen dem Königshaus vor, erst diese habe die Bande zwischen Huthis und Teheran gefestigt.

Der Jemen liegt nicht nur an der Grenze Saudi-Arabiens, sondern an einem strategischen wichtigen Ort im Süden der Arabischen Halbinsel. Wie der Golf von Oman zählen die Seewege vor der jemenitischen Küste zu den wichtigsten Routen der internationalen Schifffahrt – über die Riad sein Öl exportiert. Mit den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) hat das Königshaus hier noch einen Kontrahenten, mit dem es eigentlich verbündet ist. Die VAE kontrollieren in der Region mehrere Häfen, vor allem auch an der gegenüberliegenden Ostküste Afrikas. Zudem buhlen mit der Türkei und Katar weitere Länder um Einfluss.

Ideologische Differenzen im Verhältnis zu den USA und Israel

Zentral sind im Konflikt zwischen Saudi-Arabien und dem Iran auch ideologische Differenzen. Arabische Länder wie Saudi-Arabien pflegen seit Langem gute Beziehungen zum Westen, insbesondere zu den USA - in denen viele Iraner den „bösen Satan“ sehen. Die Besetzung der US-Botschaft in Teheran nach dem Sturz des Schahs vor 40 Jahren ist vielen auf beiden Seiten noch in Erinnerung geblieben. Eine antiamerikanische Haltung gehört seit damals zu den Grundpfeilern der iranischen Außenpolitik.

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Auch Teherans Anti-Israel-Politik fällt wesentlich radikaler aus als die arabischer Staaten. „Da führt sich der Iran manchmal katholischer auf als der Papst“, sagt ein iranischer Politologe. Saudi-Arabien und seine regionalen Partner pflegen zwar offiziell keine diplomatischen Kontakte zu Israel, haben aber längst heimlich Kontakte geknüpft.

Manchmal trennen auch nur bloße Ressentiments die persischen Iraner von den arabischen Saudis. Wenn etwa die Fußballnationalmannschaften der beiden Länder gegeneinander antreten. Wegen vulgärer Schlachtrufe iranischer Fans gegen die Saudis musste Irans Staatssender bei Live-Spielen bereits mehrmals den Ton abstellen.

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RND/dpa

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