Erdgas-Projekt EastMed: Super-Pipeline durchs Mittelmeer sorgt für Zoff
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Eine israelische Förderplattform und zwei Spezialschiffe liegen auf dem Mittelmeer über einem Gasfeld vor der israelischen Küste.
© Quelle: Albatross Aerial Photgraphy/epa/
Athen. Das neue Jahr beginnt mit einem energiepolitischen Meilenstein: Am 2. Januar wollen die Regierungschefs von Israel, Zypern und Griechenland in Athen ein Abkommen über ein technisch ehrgeiziges und geopolitisch bedeutendes Energieprojekts unterzeichnen, die so genannten EastMed-Pipeline.
Über eine Distanz von 2100 Kilometern soll sie Erdgas aus den Fördergebieten im östlichen Mittelmeer nach Italien und von dort nach Nordeuropa bringen.
Das Abkommen ist eine Antwort auf die jüngsten Schachzüge der Türkei im Streit um die Bodenschätze im östlichen Mittelmeer. Ankara beansprucht große Teile der Wirtschaftszonen Zyperns und Griechenlands für sich.
Zuspitzung Ende November
Ende November spitzte sich der Konflikt zu, als der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan mit Libyen ein Abkommen über die Aufteilung der beiderseitigen Wirtschaftszonen unterzeichnete. Damit versuchen die Türkei und Libyen nicht nur, Teile der Wirtschaftszone Griechenland vor den Inseln Kreta, Karpathos, Rhodos und Kastellorizo unter sich aufzuteilen. Ankara will damit auch die Pläne zum Bau der EastMed-Pipeline durchkreuzen – sie würde durch das jetzt beanspruchte Seegebiet verlaufen.
Stattdessen schlägt die Türkei vor, das Erdgas aus dem östlichen Mittelmeer über Anatolien nach Europa zu leiten. Damit könnte die Türkei den Gasfluss kontrollieren und hohe Durchleitungsgebühren kassieren.
Die Europäische Union betrachtet das türkisch-libysche Abkommen als völkerrechtswidrig und bereitet Sanktionen gegen Ankara vor. Der griechische Energieminister Kostis Chatzidakis bekräftigte, die Pipeline werde gebaut, „egal, was Erdogan sagt“.
Ausgangspunkt der Pipeline sollen die Gasfelder im östlichen Mittelmeer sein. Israel fördert hier seit 2013 aus dem Tamar-Feld und will an diesem Dienstag mit der Produktion im Leviathan-Feld beginnen. Ein Teil der Förderung ist für den Export bestimmt.
Gas soll ins europäische Netz eingespeist werden
Zypern, vor dessen Küsten ebenfalls bedeutende Gasvorkommen vermutet werden, hat eine Anzahl Förderkonzessionen an internationale Energiekonzerne vergeben. Auch Griechenland sucht in seinen Gewässern nach Erdgas.
Die geplante Leitung soll aus den israelischen Fördergebieten über Zypern, Kreta, die Halbinsel Peloponnes über das griechische Festland und durch die Adria nach Italien verlaufen, wo das Gas in das bestehende europäische Pipelinenetz eingespeist werden kann. Die Kosten für den Bau der Leitung, die in Wassertiefen von bis zu 3000 Metern verlaufen soll und damit die tiefste Unterwasserpipeline der Welt wird, werden auf rund sechs Milliarden Euro veranschlagt.
Die USA, die jetzt den Bau der Ostseepipeline Nord Stream 2 mit Sanktionen zu verhindern versuchen, unterstützen das EastMed-Projekt, weil es Europa unabhängiger von russischen Gaslieferungen machen soll. Auch die Europäische Union fördert das Projekt. Brüssel hat für die Planung 34,5 Millionen Euro bereitgestellt.
Das Vorhaben ist aber nicht unumstritten. Der Bau ist wegen der großen Wassertiefen teuer und technisch anspruchsvoll. Manche Fachleute zweifeln an der Wirtschaftlichkeit der Pipeline und plädieren dafür, dass Erdgas in den Fördergebieten zu verflüssigen und dann mit Tankern zu den Exportmärkten zu transportieren.
Haltung Italien sorgt für Probleme
Für Komplikationen sorgt auch die Haltung Italiens. Strittig ist unter anderem, auf welchem Weg das Gas von Griechenland durch die Adria gelangen soll. Premierminister Giuseppe Conte sagte im Mai, seine Regierung lehne die geplante Route zum süditalienischen Otranto ab. Stattdessen will die Regierung in Rom das Erdgas durch die bereits im Bau befindliche Trans-Adria-Pipeline pumpen, die von Albanien zum italienischen San Foca verläuft.
Sie ist Teil einer Leitung, die ab 2020 Erdgas aus Aserbaidschan über die Türkei, Griechenland, Albanien und Italien nach Europa bringen soll. Wegen der Meinungsverschiedenheiten ist noch offen, ob und auf welcher Ebene die italienische Regierung bei der am 2. Januar geplanten EastMed-Unterzeichnungszeremonie vertreten sein wird.