Diakonie-Präsident Lilie warnt: Zusammenbruch der sozialen Infrastruktur droht
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Das August-Hermann-Francke-Haus der Diakonie in Bad Laasphe ist ein Wohnheim für Erwachsene mit psychischer Erkrankung.
Berlin. Der Präsident der Diakonie Deutschland, Ulrich Lilie, hat angesichts der Energiepreisexplosion vor einer massenhaften Schließung der von Wohlfahrtsorganisationen betriebenen Hilfs- und Betreuungseinrichtungen sowie Beratungsstellen gewarnt und die Ampelkoalition zu einer raschen Entlastung aufgefordert. „Der sozialen Infrastruktur droht der Zusammenbruch“, sagte Lilie dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
Sollten soziale Einrichtungen schließen müssen, leiden darunter die Schwächsten der Gesellschaft, die gerade jetzt jede Unterstützung brauchen.
Ulrich Lilie,
Präsident der Diakonie Deutschland
Es handele sich in der Regel um gemeinnützige Institutionen, die aus rechtlichen Gründen kaum Rücklagen bilden dürften und nun nicht wüssten, wie sie die gestiegenen Strom- und Gaspreise bezahlen sollten. „Sie stehen mit dem Rücken zur Wand und können nicht noch Monate auf einen Energiepreisdeckel warten“, mahnte der Diakonie-Präsident. „Sollten soziale Einrichtungen schließen müssen, leiden darunter die Schwächsten der Gesellschaft, die gerade jetzt jede Unterstützung brauchen“, sagte Lilie.
Der Chef der Diakonie forderte die Ampelkoalition zudem dazu auf, Hilfen für Geringverdiener und ‑verdienerinnen und Bezieher und Bezieherinnen von Sozialleistungen auf den Herbst vorzuziehen. „Diese Menschen leben oftmals von der Hand in den Mund, weil sie nie die Chance hatten, Vermögen aufzubauen“, sagte er. Sie hätten keine Möglichkeit, die hohen Energie- und Lebensmittelpreise zu kompensieren.
„Dramatische Signale“
„Aus unseren Schuldnerberatungsstellen kommen dramatische Signale: Viele Geringverdiener können sich nur noch über Wasser halten, weil sie ihre Konten überziehen und sich bei Angehörigen oder Freunden Geld borgen“, berichtete Lilie. Zwar sei es gut und richtig, den Regelsatz beim neuen Bürgergeld oder das Wohngeld ab Januar zu erhöhen, „aber das kommt zu spät“, mahnte der Diakonie-Präsident. Dabei müsse man zum Beispiel bedenken, dass es bis zu sechs Monate dauere, bis beantragtes Wohngeld genehmigt und ausgezahlt werde.
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Lilie forderte auch mit Blick auf Einkommensarme eine rasche Umsetzung der geplanten Energiepreisdeckel. „Mein Appell ist: Macht es so unbürokratisch und einfach wie möglich. Je komplizierter es wird, desto länger dauert die Umsetzung.“ Dabei sei auch hinnehmbar, dass die Entlastung nicht zu 100 Prozent zielgenau sei. „Wir brauchen pragmatische Lösungen, die schnell wirken“, forderte er.
Bundesregierung bringt Abwehrschirm auf den Weg
Die Bundesregierung hat den milliardenschweren Abwehrschirm zur Entlastung von Bürgern und Unternehmen angesichts hoher Energiepreise auf den Weg gebracht.
© Quelle: dpa
„Energiepauschale spenden“
An gut verdienende Beschäftigte appellierte Lilie, die im September ausgezahlte Energiepreispauschale von 300 Euro zur Unterstützung ärmerer Mitmenschen zu spenden. „Wem es trotz der Krise gut geht, der kann damit ein starkes Zeichen der Solidarität setzen“, sagte der Diakonie-Präsident. Es gebe vielfältige Möglichkeiten, um Menschen in Not zu unterstützen. „Jeder kann sich heraussuchen, was ihm weltanschaulich am besten passt: eine Spende an eine soziale Einrichtung, eine Initiative oder die direkte Unterstützung der Nachbarn“, regte Lilie an.