Frankreich: Kritik an „Emmanuel Le Pen“ nach Afghanistan-Rede
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Emmanuel Macron, Präsident von Frankreich.
© Quelle: Eric Gaillard/Reuters Pool/AP/dp
Paris. Emmanuel Macron hat schon viele Spitz- und Spottnamen von seinen Kritikern erhalten, dieser aber dürfte Frankreichs Präsident schmerzen: Als „Emmanuel Le Pen” bezeichnete ihn die franko-marokkanische Journalistin Feïza Ben Mohamed auf Twitter, und sogar Edward Snowden retweetete ihre Nachricht.
Darin heißt es, „Macrons Haltung sei unerträglich“, zu sagen, Europa müsse sich gegen einen Migrationsstrom schützen, den die Krise in Afghanistan hervorrufe, während er eine Lektion über republikanische Werte erteile.
Ben Mohamed reagierte damit auf die Fernsehansprache des französischen Staatschefs am Montagabend zur Lage in Afghanistan, die ihn in ihren Augen ideologisch in die Nähe der Rechtspopulistin Marine Le Pen brachte. Zwar sprach Macron darin zunächst von der Notwendigkeit, alle Franzosen und Französinnen in Afghanistan und afghanische Ortskräfte in Sicherheit zu bringen.
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Seit Wochen werde dies vorbereitet und fast 800 Menschen konnten bereits in Frankreich aufgenommen werden, hatte Macron versichert. Auch stehe sein Land zahlreichen bedrohten Menschenrechtlerinnen, Künstlerinnen, Journalistinnen und Aktivistinnen offen.
Gleichzeitig könne Europa nicht alleine die Konsequenzen der aktuellen Situation tragen und müsse daher „große irreguläre Flüchtlingsströme, die jene in Gefahr bringen, die sie nutzen“, verhindern. In enger Zusammenarbeit mit Deutschland und Bundeskanzlerin Angela Merkel, mit der er noch vor wenigen Augenblicken gesprochen habe, sowie anderen europäischen Staaten werde man eine „robuste, koordinierte und gemeinsame Antwort“ aufbauen.
Es war dieser letzte Teil der Rede, der seither vor allem Teile der französischen Linken und Grünen, aber auch Menschenrechts- oder Hilfsvereinigungen wie Amnesty International zu scharfer Kritik an Macron veranlasst. Die „absolute Notwendigkeit“ sei nicht der Schutz vor „irregulären Migrationsströmen“, sondern von „Menschen, die vor Krieg und Repressionen fliehen“, ließ Ärzte ohne Grenzen wissen.
Grüne Bürgermeister stellen sich gegen Macron
Mehrere grüne Bürgermeister, unter anderem von Lyon, Tours und Straßburg, erklärten sich zur „würdigen“ Aufnahme von Afghanen und Afghaninnen in ihren Städten bereit. Noch vor seiner Wahl zum Präsidenten hatte Macron gesagt, mit ihrer Flüchtlingspolitik 2015 habe Merkel die „Würde Europas gerettet”. Im Amt verschärfte er dann allerdings das Asylrecht mit der Begründung, sein Land wolle weniger Hilfesuchende, diese aber in besseren Konditionen aufnehmen.
Auf die nun aufkommende Empörung sagte er etwas gereizt gegenüber einem Radiojournalisten, er kommentiere keine Kommentare, die sich auf verkürzte Meldungen stützten: Seine Kritiker und Kritikerinnen sollten sich einfach nur seine elf Minuten lange Rede ganz anhören.
Anders als Merkel, die gesagt hatte, die Bemühungen der vergangenen Jahre könnten derzeit „vergeblich“ erscheinen, hatte Macron den Kampf in Afghanistan als „gerecht“ bezeichnet: Das Ziel der Terrorbekämpfung sei erreicht worden. Frankreich hatte sich 13 Jahre lang, von 2001 bis 2014, militärisch in dem Land engagiert; insgesamt 90 französische Soldaten verloren bei dem Einsatz ihr Leben.
Afghanistan: Chaos an den Taliban-Checkpoints
Kämpfer der Taliban kontrollieren offenbar aber Personen, die auf dem Weg zum Flughafen sind – möglicherweise auch, um Dokumente zu finden.
© Quelle: Reuters
Knapp acht Monate vor der nächsten Präsidentschaftswahl hat Macron auch diejenigen Wählenden im Blick, die die Aufnahme von Flüchtlingen ablehnen. Politisch sind die Angriffe von links für ihn weniger gefährlicher als die oft wiederholten Vorwürfe der bürgerlichen und extremen Rechten, er handle zu lax.
Angesichts einer voraussehbaren Vielzahl von miteinander konkurrierenden Kandidaturen der linken und grünen Parteien dürften ihm die Kandidaten des Rassemblement National und der Republikaner gefährlicher werden.
„Emmanuel Macron versucht, sich im Zentrum der öffentlichen Meinung zu platzieren, die sich nach rechts verschoben hat”, sagt die Politologin Chloé Morin. In Sachen Einwanderung müsse er deshalb eine harte Linie verteidigen. Sein Innenminister, der ehemalige Republikaner und berüchtigte Hardliner Gérald Darmanin, hilft ihm dabei. Darmanin verteidigte Macron auch jetzt im aufkommenden Sturm: Die meisten Menschen, denen Frankreich seit 2018 Asyl gewährte, stammten aus Afghanistan.