Eliten in Deutschland: Gefährliche Schieflage
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Sie machte sich kürzlich in der Bundespressekonferenz für mehr Frauen in Führungspositionen stark: die Schauspielerin Maria Furtwängler.
© Quelle: imago images/Jürgen Heinrich
Kein Zweifel: Die Antwort auf die Frage, wer Führungspositionen besetzt, ist in jeder Staatsform zentral, selbstredend auch in Demokratien. In Deutschland sprechen wir schließlich nicht zu Unrecht von einer repräsentativen Demokratie. In ihr sollten möglichst viele Menschen aus unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen mit entscheiden, nicht bloß in den Parlamenten, sondern in allen Teilen von Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft. Geschieht dies nicht, kommen die Sichtweisen benachteiligter Gruppen nicht zum Tragen. Sie fühlen sich untergebuttert. Frust entsteht. Das wiederum schadet ihrer Identifikation mit dem, was man mitunter Gemeinwesen nennt.
Dass etwa Ostdeutsche in führenden Positionen der Justiz sogar in Ostdeutschland selbst nicht zu finden sind, ist 30 Jahre nach der Vereinigung nicht akzeptabel. Noch weniger akzeptabel ist, dass der Frauenanteil im Bundestag 2017 auf rund 30 Prozent gesunken ist und in manchen Landtagen noch darunter liegt. Dem muss politisch begegnet werden, im Zweifel mit Gesetzen. Das eine wie das andere kann nicht so bleiben, wie es ist. Das ist ganz klar.
Dennoch hat die Debatte über eine angemessene Repräsentation bestimmter Bevölkerungsgruppen auch eine Schattenseite. Sie wird seit einiger Zeit mit der Vokabel Identitätspolitik bezeichnet. Die Gefahr besteht nämlich darin, dass jede Gruppe nur noch ihre eigenen Interessen im Blick hat und es im Ergebnis nur noch um Abgrenzung der Gruppen voneinander geht. Derlei übertriebene Identitätspolitik führt zu einer heiklen Polarisierung.
Es sollte in einer Demokratie nicht allein um die Frage gehen: Wer bist du und woher kommst du? Mindestens ebenso wichtig ist die Frage: Wohin willst du – mit dir selbst und mit dem Land, in dem du lebst? Sonst entsteht eine problematische Schieflage.