Einschränkung der Bewegungsfreiheit wird wahrscheinlicher - Streit über Details
Kanzlerin Angela Merkel schaltet sich dazu mit den Regierungschefs der Bundesländer zusammen.
© Quelle: dpa
Berlin. Zur Bekämpfung der Corona-Pandemie erwägen die Ministerpräsidenten Bewegungsbeschränkungen in Regionen mit 200 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern in den vergangenen sieben Tagen. Dafür könnte ein Radius von 15 Kilometern um den Wohnort gezogen werden – Arbeitswege, Arztbesuche und Fahrten zu Lebensmittelgeschäften sollen aber möglich bleiben. Das sei die Beratungsgrundlage der Länderregierungschefs vor Beginn der Ministerpräsidentenkonferenz am Dienstag gewesen, erfuhr das RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) aus Verhandlungskreisen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte kurz vor der Ministerpräsidentenkonferenz einen Vorstoß zu einer harten Verschärfung des Shutdowns gemacht. Die Corona-Kontaktbeschränkungen sollten nach dem Willen der Kanzlerin nicht nur bis zum 31. Januar verlängert werden, sondern es solle auch die Bewegungsfreiheit überall dort eingeschränkt werden, wo die Zahl der Neuinfektionen über 100 pro 100.000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen liegt.
Aus SPD-Kreisen heißt es, die Sozialdemokraten seien grundsätzlich bereit, die von Merkel geforderte Einschränkung der Bewegungsfreiheit mitzutragen, aber erst ab einer Neuinfektionsrate von 200 Fällen je 100.000 Einwohner in den zurückliegenden sieben Tagen. Auch wollen die SPD-geführten Länder keinen Automatismus, sondern nur einer Prüfungsmöglichkeit zustimmen. In der Beschlussvorlage steht die Frage, ob die Länder solche Maßnahmen prüfen oder ergreifen noch in eckigen Klammern.
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Die Pandemie und wir
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Die Unions-geführten Länder sollen sich zudem einig sein, die Kontakte auf einen Haushalt plus eine Person zu beschränken. Dieses Modell hatte Nordrhein-Westfalen vorgeschlagen. Die Perspektiven für Schulöffnungen seien weiter strittig, hieß es.
Aufseiten der SPD-geführten Länder herrschte Missmut über das Vorgehen der Kanzlerin. Das sei ein „typisches Merkel-Manöver“, hieß es. Sie „überfalle“ die Länderregierungschefs wieder mit harten Plänen. Dann werde der Vorschlag von den Ministerpräsidenten entschärft und es heiße wieder, die Kanzlerin habe die Pandemie stärker bekämpfen wollen als die Regierungschefs in den Ländern.
Es werde vermutet, dass Merkel mit dem weiter gehenden Vorschlag vor allem die aus ihrer Sicht indiskutablen möglichen Lockerungen bei Schulen und Kitas abräumen wolle. Ein weiterer Grund könne sein, dass sie Tagestourismus wie zuletzt in Berggebieten einen Riegel vorschieben wolle.
Experten sollen Einschränkung des Bewegungsradius vorgeschlagen haben
Die ursprünglich für 11 Uhr geplante Schalte wurde wegen der neuen Beratungen auf 13 Uhr und später auf 14 Uhr verschoben.
In einer Expertenrunde mit Virologen am Montagabend empfahlen nach Informationen von „Business Insider“ die Wissenschaftler eine Einschränkung des Bewegungsradius der Menschen, so wie sie bereits in Frankreich oder Spanien gilt. Die Franzosen etwa durften sich bis Ende November wochenlang nur einen Kilometer um ihre Wohnung herum bewegen – für maximal eine Stunde täglich. Ende November wurde diese Regelung auf täglich drei Stunden im Umkreis von 20 Kilometern erweitert.
Ähnlich verfuhr auch Spanien. In Deutschland gibt es eine solche Regelung in den Ländern derzeit nur in Sachsen. Dort gilt ein 15-Kilometer-Radius bereits für sportliche Aktivitäten und das Einkaufen. Auch Thüringen wolle einen solchen Radius einführen, hatte Ramelow zuletzt angekündigt.
Update: Inzwischen haben sich Bund und Länder auf eine Einschränkung der Bewegungsfreiheit in Corona-Hotspots geeinigt. Die aktuellen Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz finden Sie hier.