Eine Frage von Zivilisation

Flüchtlinge schwimmen von Marokko ins spanische Ceuta.

Flüchtlinge schwimmen von Marokko ins spanische Ceuta.

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

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haben Sie auch das Gefühl, dass der Grauschleier der Pandemie sich langsam lichtet? So wie der Dauerregen, der sich, wenn die Wetter-Apps auf dem Handy stimmen, kurz vor dem meteorologischen Sommeranfang am 1. Juni endlich verzieht. Sogar der Leiter der Virologie der Berliner Charité, Christian Drosten, sieht Deutschland auf einem guten Weg. Das macht erst mal Mut. Ein Gefühl, das fast abhanden­gekommen war.

Während sich unser Fokus also langsam neu auszurichten beginnt, rücken lange verdrängte Krisenen, zunehmend wieder in den Blickpunkt.

Lesbos, Lampedusa und nun Ceuta: Mehr als 1000 Menschen sind laut UN 2020 auf der Flucht über das Mittelmeer gestorben. In diesem Jahr waren es demnach bereits über 600, gab Michelle Bachelet, UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, in dieser Woche bekannt. Und der Sommer – die Zeit, in der das Wasser vor Libyen und auf den westlichen Mittelmeerrouten ruhiger wird – hat noch nicht einmal begonnen.

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Bilder von Minderjährigen, die sich in der spanischen Exklave Ceuta in Lagerhallen zusammenkauern, Menschen, die auf Schlauchbooten hilflos über das Meer treiben, bestimmen zunehmend wieder die Nachrichten. „In der Öffentlichkeit ist das Flüchtlingsthema längst zum Randthema geworden, verdrängt erst von der Klimapolitik, dann von Corona“, schreibt meine Kollegin und Chefkorrespondentin Daniela Vates in ihrem gemeinsamen Report mit unserem Europa­korrespondenten Damir Fras.

Bilder brennen sich ein. Wie das der jungen Flüchtlings­helferin Luna Reyes Segura, die am Strand von Ceuta einen völlig entkräfteten Migranten in ihren Armen hält. Der Agenturfotograf Bernart Armangue hielt die Szene fest.

Die Flüchtlingshelferin Luna Reyes Segura tröstet am Strand der spanischen Exklave Ceuta einen Migranten. Spanien soll bereits 2700 der gut 6000 von Marokko aus in Ceuta eingedrungenen Menschen wieder nach Marokko abgeschoben haben.

Die Flüchtlingshelferin Luna Reyes Segura tröstet am Strand der spanischen Exklave Ceuta einen Migranten. Spanien soll bereits 2700 der gut 6000 von Marokko aus in Ceuta eingedrungenen Menschen wieder nach Marokko abgeschoben haben.

Dass die junge Frau, nachdem das Bild veröffentlicht wurde und viral ging, nicht nur Solidarität, sondern auch Hass und Rassismus zu spüren bekam, wie die spanische Zeitung „El Pais“ berichtete, gehört ebenso zur Geschichte wie die Tatsache, dass die Menschen, die in Ceuta strandeten, schlicht zum Spielball diplomatischer Streitigkeiten zwischen Spanien und Marokko wurden. Ähnlich wie die Türkei im Februar 2020 hatte Marokko über Nacht die Grenze geöffnet, um Druck im Westsaharastreit mit Spanien zu machen.

In Deutschland ist das Thema Flüchtlingspolitik trotz zurückgehender Zahlen an Asylsuchenden nie ganz aus dem Bewusstsein verschwunden. Das Meinungs­forschungs­institut Allensbach hat vor Kurzem im Auftrag der Bertelsmann Stiftung gefragt, in welchem Feld sich Bundesbürger am dringendsten eine andere Politik wünschten. „Die häufigste Antwort war: beim Klima. Dicht dahinter folgte an zweiter Stelle die Flüchtlings- und Migrationspolitik“, schreibt meine Kollegin Daniela Vates. Die Politik hingegen bleibt auffällig ruhig, und das hat möglicherweise Gründe.

Egal ob rot, grün oder schwarz, kaum jemand will sich im Wahlkampf mit rechts außen und Migrationsfragen herumschlagen. Das Thema spaltet wie kaum ein anderes und kostet am Ende wichtige Punkte. Und in Europa ist die Suche nach einer gemeinsamen Asylpolitik seit Jahren ein Zankapfel zwischen den 27 Mitgliedsstaaten.

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Was also tun? Auf der Suche nach Antworten haben meine Kollegen Vates und Fras auch mit Gerald Knaus gesprochen. Knaus ist Migrationsforscher und hat auch die Bundesregierung beraten. Seine Antwort lautet „Zusammenarbeit“. Das sei zwar mühsam. „Aber Zivilisation ist immer anstrengend.“

Impfen, aber ohne Stoff

Nun ist die Entscheidung endlich da: Die EMA, die Europäische Arzneimittel-Agentur, hat grünes Licht für den Einsatz des Corona-Impfstoffs von Biontech/Pfizer für Kinder ab zwölf Jahren gegeben. Die Nachricht wäre allerdings noch besser, wenn es genug Impfstoff gäbe. Doch trotz aller Mangel­verwaltung ist die Entscheidung eine weitere, die Hoffnung in der Pandemie macht. Die Erforschung der Impfstoffe in Überschall­geschwindigkeit ist nur ein Beispiel dafür, mit welchem Tempo zuletzt wissenschaftliche Durchbrüche gelungen sind, wie RND-Wissenschafts­redakteurin Anna Schughart schreibt.

 

Zitat des Tages

Ich trete nicht aus Bequemlichkeit an, sondern aus Überzeugung.

Frank-Walter Steinmeier,

amtierender Bundespräsident, strebt eine zweite Amtszeit an.

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Leseempfehlungen

Die neue RKI-Liste ist da: Polen ist für viele Deutsche ein beliebtes Reiseziel – und ab Sonntag ist nach einem Urlaub dort kein Corona-Test mehr erforderlich. Das Auswärtige Amt hat das Land von der Risikogebieteliste gestrichen, die Reisewarnung wird aufgehoben. Auch für Reisende, die in die Niederlande wollen, gelten Erleichterungen: Das Land gilt nicht mehr als Hochinzidenzgebiet.

So will das Kino in Deutschland wieder starten: Mit Maske, ohne Popcorn und mit großem Filmstau: Der Kinostart in Deutschland wird komplizierter als gedacht. RND-Kinoexperte Stefan Stosch gibt einen Überblick.

 

Aus unserem Netzwerk: Kann ein Ortsname rassistisch sein?

Die Debatte entfacht sich immer wieder: Ist der Name eines Ortes rassistisch? Im Fall des Dorfes Negernbötel in Schleswig-Holstein fordert nun die Grüne Jugend eine Umbenennung, berichten die „Kieler Nachrichten“. Doch der Bürgermeister sieht kein Problem mit dem Ortsnamen.

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Termine des Tages

  • Die niedersächsischen Grünen stellen heute und Sonntag bei einem digitalen Parteitag ihre Landesliste für die Bundestagswahl auf. Um den Spitzenplatz bewerben sich in Absprache miteinander die derzeitigen Bundestags­abgeordneten Julia Verlinden und Filiz Polat. Auf den Listenplätzen, für die sich Männer bewerben können, wird eine harte Konkurrenz erwartet. Es kandidieren der Abgeordnete Sven-Christian Kindler und Ex-Landes­umwelt­minister Stefan Wenzel. Dazu kommen Ex-Bundes­umwelt­minister Jürgen Trittin und der frühere Verdi-Chef Frank Bsirske.
  • In Dutzenden brasilianischen Städten haben Gewerkschaften und soziale Bewegungen zu Protesten gegen Präsident Jair Bolsonaro aufgerufen. Forderungen der Demonstranten sind unter anderem eine Amtsenthebung Bolsonaros, die Beschaffung von Corona-Impfstoffen und die Erhöhung der Sozialhilfe in der Pandemie. Der rechte Präsident hat derzeit die schlechtesten Zustimmungswerte seit Beginn seiner Amtszeit.
 

Wer heute wichtig wird

Die beiden englischen Spitzenklubs Manchester City (hier beim Training) und FC Chelsea bestreiten an diesem Samstag (21 Uhr, Sky und DAZN) das Finale der Champions-League-Saison 2020/2021. Im Estádio do Dragão von Porto treffen dabei auch deutsche Fußball-Nationalspieler aufeinander. Für Manchester City und Trainer Pep Guardiola spielt Ilkay Gündogan, für den vom deutschen Trainer Thomas Tuchel betreuten FC Chelsea spielen Kai Havertz, Timo Werner und Antonio Rüdiger. Für Tuchel ist es das zweite Königsklassen-Endspiel in Serie nach der Finalniederlage mit Paris Saint-Germain im vergangenen Jahr gegen den FC Bayern.

Die beiden englischen Spitzenklubs Manchester City (hier beim Training) und FC Chelsea bestreiten an diesem Samstag (21 Uhr, Sky und DAZN) das Finale der Champions-League-Saison 2020/2021. Im Estádio do Dragão von Porto treffen dabei auch deutsche Fußball-Nationalspieler aufeinander. Für Manchester City und Trainer Pep Guardiola spielt Ilkay Gündogan, für den vom deutschen Trainer Thomas Tuchel betreuten FC Chelsea spielen Kai Havertz, Timo Werner und Antonio Rüdiger. Für Tuchel ist es das zweite Königsklassen-Endspiel in Serie nach der Finalniederlage mit Paris Saint-Germain im vergangenen Jahr gegen den FC Bayern.

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Der Podcast des Tages

Diese Themen „testen“ Wolfgang Bosbach und Christian Rach in dieser Woche:

  1. „Dummheit“, „Riesenfehler“, „Ärgere mich selbst am meisten“: Wie genau nehmen die Politiker es mit ihren Nebenjobs?
  2. Neue Zielinzidenz unter 20: Wann wird unser Leben wieder „normal“?
  3. Impfangebot für Jugendliche: Gibt es Schule nur noch gegen Impfung?
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„Der Tag“ als Podcast

Die News zum Hören

Wir wünschen Ihnen einen guten Start in den Tag,

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Ihre Nora Lysk

 

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