Ein Wort von Scholz für die Welt
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Vielbeachteter Autor bei „Foreign Affairs“: Bundeskanzler Olaf Scholz.
© Quelle: Michael Kappeler/dpa
Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,
Olaf Scholz hat einen Glückwunsch verdient. Nicht, weil er einen weltpolitischen Grundsatzartikel für das US-Magazin „Foreign Affairs“ geschrieben hat – das kriegt jeder hin, der in Deutschland Bundeskanzler ist und so etwas mal machen will. Nein, der Clou liegt in einem Detail, das erst mal nur wenigen auffällt, aber das Potenzial hat, weit über den Tag hinauszuweisen. Scholz ist drauf und dran, ein neues deutsches Wort in den Sprachschatz der Amerikanerinnen und Amerikaner einfließen zu lassen: Zeitenwende.
Scholz ließ „Zeitenwende“ jetzt nicht nur unübersetzt im Text stehen. Er hievte es sogar in die Überschrift. „Die globale Zeitenwende“ heißt der Aufsatz in seiner eher glanzlosen deutschen Version, im Netz übrigens kostenlos greifbar über das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung. Die englische Version des Titels in „Foreign Affairs“ hat zwar ebenfalls nur drei Wörter, entfaltet aber sofort magische Strahlkraft auf amerikanische Intellektuelle und auf solche, die es werden wollen: „The Global Zeitenwende“.
Erst kamen „Angst“ und „Blitzkrieg“
Das Z‑Wort könnte zum neuen Buzzword werden in der außenpolitischen Wine-and-Cheese-Crowd in den USA. Über intellektuelle Kreise sind schon im 20. Jahrhundert „Zeitgeist“ und „Weltschmerz“ eingewandert in die USA. Mit deutschen Fremdwörtern beschreiben die Amerikanerinnen und Amerikaner bis heute Banales („Sauerkraut“), Schönes („Kindergarten“) und leider auch viel Schreckliches („Angst“, „Blitzkrieg“, „Schadenfreude“). Wenn Scholz dieser Liste nun mal wieder etwas Philosophisches hinzufügt, hat er ein gutes Werk getan.
Wichtig wäre freilich auch, dass der Kanzler seinen durchweg klugen Worten – etwa über die nötige Festigkeit und Führungskraft Deutschlands und Europas – auch Taten folgen lässt. Im Augenblick wäre schon viel gewonnen, wenn im hereingebrochenen Winter die Solidarität mit der Ukraine aufrechterhalten werden kann. Welche Herausforderungen der deutschen und europäischen Politik hier drohen, beschreibt Steven Geyer in seinem heutigen Leitartikel.
Heute mal an Georgia denken
Aktuell gilt es auch, im aufziehenden Handelsstreit zwischen der EU und den USA Schaden für das eben erst gefeierte transatlantische Verhältnis zu vermeiden. „Ich halte nichts davon, jetzt die gleichen Waffen wie die USA aus der Kiste zu holen“, sagt Bernd Lange, Chef des Handelsausschusses des Europaparlaments, im Interview mit unserem Brüsseler Korrespondenten Damir Fras. Ausdrücklich distanziert sich der Sozialdemokrat Lange von der Linie der Franzosen: „Das würde nur den Konflikt weiter eskalieren.“ Zeitenwende – wohin man blickt.
In den USA, in Georgia, können die Wählerinnen und Wähler heute ein Zeichen dafür setzen, dass es keine Wende rückwärts gibt in Richtung Donald Trump. In der Stichwahl um ein Senatorenamt tritt Raphael Warnock, Amtsinhaber und Demokrat, gegen einen von Trump unterstützten Querkopf namens Herschel Walker an. Den Republikanern sind inzwischen, wie unser USA-Korrespondent Karl Doemens berichtet, beide nur noch peinlich: der sichtlich unfähige Kandidat Walker ebenso wie sein Ziehvater Trump.
Einfach mal an Georgia denken.
© Quelle: Amy Lyons, Dribble
Wann haben Sie zuletzt an Georgia gedacht? Wussten Sie, dass Atlanta, seit Langem Hauptsitz von traditionsreichen Firmen wie Coca-Cola, Delta und UPS, mit erstaunlich vielen Unternehmensansiedlungen im Hightech-Bereich und blühenden neuen Vorstädten inzwischen als das Silicon Valley des Südens gilt? Da sind Zonen entstanden, in denen die Republikaner sich neuerdings schwertun. Hier übrigens liegt die tiefere Ursache dafür, dass dieser Südstaat bei der letzten Präsidentschaftswahl nicht Trump gewählt hat.
Bei den meisten Europäerinnen und Europäern sind die Assoziationen mit Blick auf Georgia unscharf, aber angenehm. Vielen kommt der alte Ray-Charles-Song „Georgia on My Mind“ in den Sinn, bei dem man automatisch ein paar Gänge runterschaltet. Es funktioniert noch immer. Probieren Sie es mal aus.
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Der Tag
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Zitat des Tages
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Nicht mehr DFB-Direktor: Oliver Bierhoff.
Einige Entscheidungen, von denen wir überzeugt waren, haben sich nicht als die richtigen erwiesen. Das bedauert niemand mehr als ich. Dafür übernehme ich die Verantwortung.
Oliver Bierhoff,
der nach dem erfolglosen Abschneiden der Deutschen bei der WM in Katar den DFB verlässt
Eine kleine Zeitenwende verzeichnete gestern Abend auch der deutsche Fußball: Vier Tage nach dem Vorrundenaus der Fußball-Nationalmannschaft bei der WM in Katar hat Oliver Bierhoff die Konsequenzen gezogen. Der 54-Jährige verlässt nach 18 Jahren den Deutschen Fußball-Bund, beide Parteien verständigten sich am Montag auf eine Auflösung des bis 2024 laufenden Vertrages. „Ich mache damit den Weg frei für neue Weichenstellungen“, so Bierhoff in einer Erklärung am Montagabend.
Leseempfehlungen
Die Nachricht über die Auflösung der Sittenpolizei im Iran ging um die Welt – und entpuppt sich, wie unser Hintergrundbericht zeigt, nun als weniger hoffnungsfroh: Bei den zitierten Äußerungen ging es eher um neue Details der Staatsorganisation als um eine neue Liberalität im Land. Auch Irans Staatsfernsehen stellt inzwischen klar: Die Justiz wird „soziales Verhalten“ weiterhin überwachen.
Ob ein kleines Spiel zu Nikolaus oder ein großes zu Weihnachten: Über Spiele als Geschenke freuen sich viele Kinder. Wir haben sieben Spiele getestet und verraten, für wen sich was lohnt.
Aus unserem Netzwerk: ein Mythos in Flaschen
Die einen knien vor der Brauerei nieder, andere nennen es „Sterbehilfe“. Warum der Mythos der Brauerei Sternburg den gesamten Osten polarisiert – und wie hartgesottene Fans die beste Flasche eines Kastens finden, erzählt die „Leipziger Volkszeitung“ (+).
Termine des Tages
Bundeskanzler Olaf Scholz reist zum EU-Westbalkangipfel nach Tirana. Zu den Themen gehören die EU-Beitrittsperspektiven der Westbalkanländer und die gemeinsame Bewältigung der Folgen der Aggression Russlands gegen die Ukraine.
Prozessauftakt im Missbrauchskomplex Wermelskirchen: Dem Angeklagten wird sexueller Missbrauch von Kindern in 99 Fällen vorgeworfen.
Das Bundesverfassungsgericht verkündet seine Entscheidung zum 750 Milliarden Euro schweren Corona-Wiederaufbaufonds der EU.
Der WM-Tag in Katar
16 Uhr: Marokko – Spanien
20 Uhr: Portugal – Schweiz
+++ Verfolgen Sie alle Entwicklungen in unserem WM-Liveblog +++
Wer heute wichtig wird
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Heute, 10 Uhr, Bundespressekonferenz: Karl Lauterbach.
© Quelle: IMAGO/IPON
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach präsentiert der Hauptstadtpresse heute Reformvorschläge für die Krankenhausfinanzierung in Deutschland. Die grobe Richtung steht für ihn fest: Der SPD-Politiker will weg von den Fallpauschalen. Genau dieses System allerdings hat, manche erinnern sich, den Kassen immerhin einiges an Geld gespart. Will Lauterbach künftig höhere Beiträge akzeptieren? Oder will er, man mag es kaum aussprechen, hier oder da ein paar Krankenhäuser schließen? Zu den wenigen Gewissheiten in der Gesundheitspolitik gehört, dass auf diesem heiklen Politikfeld – wie in der Medizin selbst – kein Eingriff möglich ist ohne Risiken und Nebenwirkungen. Eine Veränderung aber ist nötig, kommentiert Alisha Mendgen.
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Wir wünschen Ihnen einen guten Start in den Tag,
Ihr Matthias Koch
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