Herzliche Grüße aus Ankara

Ein Herz für Autokraten? Altkanzler Schröder bei Erdogans Vereidigungsfeier

Altbundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) mit seiner Frau Soyeon Schröder-Kim.

Altbundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) mit seiner Frau Soyeon Kim.

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Berlin. Die SPD habe Wichtigeres zu tun, als über Gerhard Schröder zu sprechen, hatte Parteichefin Saskia Esken neulich gesagt. Und daran wollen sich namhafte Mitglieder der Partei des früheren Bundeskanzlers am Montag auch halten – obwohl ansonsten quasi alle Welt wieder über Schröder spricht. Genauer gesagt über ein Foto, das seine Ehefrau Soyeon Schröder-Kim von sich und ihm am Samstag auf Instagram eingestellt hat. Der Aufreger ist weniger die Aufnahme des Paares. Es ist der Hintergrund.

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Das Bild ist offenbar bei der Vereidigungszeremonie des knapp wiedergewählten türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan im Präsidentenpalast entstanden, der türkische Oppositionelle und Journalisten und Journalistinnen ins Gefängnis gesteckt hat. „Herzliche Grüße aus Ankara! Das erste Mal meine Geburtstagsfeier in der Türkei und dann auch noch aus diesem besonderen Anlass“, schreibt Schröder-Kim und garniert die Botschaft mit Türkeiflagge, Torte und Herzchensmiley. So ein Glück offensichtlich für sie, bei der Feier des Autokraten wohl dabei sein zu können, obwohl Deutschland den Altkanzler gar nicht geschickt hat. Offiziell vertreten wurde die Bundesrepublik von Altbundespräsident Christian Wulff („Der Islam gehört zu Deutschland“).

Erdogan, Putin, AfD

Man erinnert sich, als Schröder-Kim ebenfalls ein Foto von sich, betend in einem Zimmer mit Aussicht auf den Kreml in Moskau veröffentlichte. Das war kurz nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine. Es wurde gemunkelt, dass ihr Mann gerade bei Kremlchef Wladimir Putin sei. Was immer er da gemacht haben mag – zum Innehalten des russischen Präsidenten hat es nicht geführt. Dabei gelten sie doch als ziemlich gute Freunde. Am 9. Mai waren die Schröders bei einem Empfang der russischen Botschaft in Berlin – mit von der Partie waren Ex-SED-Generalsekretär Egon Krenz und AfD-Chef Tino Chrupalla.

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Dass Schröder in Ankara für die Nato-Aufnahme Schwedens geworben haben könnte, die die Türkei bisher abgelehnt hat, ist kaum anzunehmen. Warum er sich ansonsten so gern mit Autokraten umgibt, bleibt sein Geheimnis. Esken hatte der Deutschen Presse-Agentur gesagt: „Ich kann in Gerhard Schröder den Altkanzler und ehemaligen Parteivorsitzenden nicht mehr erkennen. Ich sehe ihn als einen Geschäftsmann, der seine Geschäftsinteressen verfolgt.“ Auch deshalb wird Schröder zum nächsten SPD-Bundesparteitag nicht eingeladen.

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„Wir sollten es kühl lächelnd ignorieren“

Die Verteidigungsexpertin der FDP, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, hat noch eine Idee, warum der einstige deutsche Regierungschef nach Ankara gereist: „Das Verhalten von Herrn Schröder kann man nur noch als bizarr beschreiben. Er macht es vermutlich, um uns, nach dem Büroverlust, den Mittelfinger zu zeigen. Wir sollten es kühl lächelnd ignorieren.“

Das Verwaltungsgericht Berlin hatte Anfang Mai Schröders Klage gegen einen Beschluss des Haushaltsausschusses des Bundestages zurückgewiesen, in dessen Folge sein Büro im Parlament stillgelegt wurde. Der Streit könnte die Justiz weiter beschäftigen, wenn Schröder dagegen Berufung einlegt. Spätestens dann wird wieder über ihn gesprochen. Und bei der SPD vermutlich geschwiegen. Kopfschütteln wie am Montag geht auch ohne Worte.

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