Echo auf Syrien-Vorstoß von AKK: „Höchste Zeit für diesen Tabubruch“

Annegret Kramp-Karrenbauer, Bundesverteidigungsministerin und Parteivorsitzende der CDU.

Annegret Kramp-Karrenbauer, Bundesverteidigungsministerin und Parteivorsitzende der CDU.

Berlin. Der Vorstoß von Annegret Kramp-Karrenbauer hat viele überrascht – und einige auch richtig vor den Kopf gestoßen. Die CDU-Vorsitzende legt quasi im Alleingang einen Vorschlag für eine international kontrollierte Sicherheitszone in Nordsyrien vor und provoziert beim Koalitionspartner SPD prompt erheblichen Ärger und Gesprächsbedarf. Was Kramp-Karrenbauer in wenigen Minuten umschreibt, würde einen Paradigmenwechsel der deutschen Außenpolitik bedeuten. Statt nur Besorgnis auszudrücken, würde Deutschland in einer Führungsrolle in einen neuen Auslandseinsatz marschieren. Es ist das Gegenteil von dem, was deutsche Außenpolitik in den vergangenen Jahren war. Denn lange hat Deutschland, hat der Westen, in Syrien zugeschaut.

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„So macht man nicht Politik, wenn man etwas erreichen will“

Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ sieht in diesem Vorschlag ein hoffnungsloses Unterfangen. „Ihre Initiative ist derart übereilt hervorgebracht, dass sie womöglich bereits in Berlin ausgebremst wird. Das Auswärtige Amt war nicht eingebunden. Und das lange Schweigen im Kanzleramt darf so gedeutet werden, dass Angela Merkel den Vorschlag ihrer Nachfolgerin an der Parteispitze nur toleriert. (...) Die Entscheidung über die Sicherheitszone in Syrien ist somit zu einer sicherheits- und machtpolitischen Weichenstellung für Deutschland geworden. Setzt sich Kramp-Karrenbauer mit ihren Ideen durch, ist sie einer Kanzlerkandidatur ein Stück näher gerückt. Scheitert ihr Vorschlag frühzeitig, dann hat auch die Saarländerin ihren Führungsanspruch verwirkt.“

In eine ähnliche Kerbe schlägt die „Mitteldeutsche Zeitung“: „Der Vorstoß ist der Versuch, sich im Namen des Westens in den Spalt einer Tür zu werfen, die sich in den vergangenen Jahren immer weiter geschlossen hat. In einem Alleingang hat Kramp-Karrenbauer die Idee der Sicherheitszone hervorgebracht, weite Teile der Regierung waren nicht informiert. Das Auswärtige Amt, in Sachen Auslandseinsätze der Bundeswehr das federführende Ressort, war nicht eingebunden. Und das lange Schweigen im Kanzleramt bedeutet, dass Angela Merkel (CDU) den Vorschlag bestenfalls toleriert. So macht man nicht Politik, wenn man etwas erreichen will.“

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Eine grundlegende Richtungsänderung der deutschen Außen- und Verteidigungspolitik sieht die „Augsburger Allgemeine“. „Kramp-Karrenbauer benutzt zwar das Wort „Schutzzone“, aber dieser verniedlichende Begriff führt in die Irre. Syrien ist Kriegsgebiet, es gibt dort keinen Platz für Schutz. Und wenn es ihn geben soll, muss er mit Waffengewalt erkämpft und gehalten werden. Kramp-Karrenbauers Vorschlag bedeutet zu Ende gedacht, dass sich auch die Bundeswehr in diesen Krieg einmischt.“ Der „Mannheimer Morgen“ schließt sich dieser Einschätzung an: „Wer wie Annegret Kramp-Karrenbauer derart vorprescht, der muss auch bereit sein, in der Region in einem erheblichen Umfang militärisch zu führen. Mit vermutlich Tausenden von Soldaten. Für deutsche Verhältnisse wäre das neu und ein bedeutsamer Paradigmenwechsel in der Verteidigungspolitik. Dafür braucht man eine breite Unterstützung, die AKK nun vermutlich verspielt hat.“

„Zeit Online“ ist dagegen der Meinung, dass Kramp-Karrenbauers Vorstoß eine Würdigung verdient. „Es war höchste Zeit für diesen Tabubruch. Seit vielen Jahren schon gibt es eine Dissonanz zwischen dem außenpolitischen Diskurs in Deutschland und den Realitäten dieser Welt. Die Bundeswehrsoldaten im Auslandseinsatz haben das viele Jahre lang am eigenen Leib erfahren. Während sie in Afghanistan beschossen wurden, tauchten sie in der deutschen Öffentlichkeit in nur einer Verkleidung auf: als uniformierte Brunnenbauer. Wie lange hat es gedauert, bis man endlich sagte, was wirklich war, dass sich die Bundeswehrsoldaten im Krieg befinden? Sehr, sehr lange. Es ist bis heute kaum ins Bewusstsein der deutschen Gesellschaft eingedrungen, dass die Bundeswehr in gefährlichen Ländern ihren Einsatz leistet. Ja, man weiß, dass sie zum Beispiel in Mali stationiert sind und in Afghanistan. Aber viel mehr auch nicht. Deutschland stellt sich gern blind, weil es bequem ist.“

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Der „Münchner Merkur“ geht sogar noch einen Schritt weiter: „Eigentlich hatte man genau darauf gewartet: Eine deutsche Ministerin, die in der Außenpolitik nicht nur staatstragende Belanglosigkeiten absondert, sondern aktiv an Maßnahmen und Lösungen für internationale Probleme arbeitet. Mit ihrem Vorstoß für eine Sicherheitszone in Nordsyrien formuliert Annegret Kramp-Karrenbauer so etwas wie deutschen Gestaltungswillen – und dafür sollte man ihr eigentlich dankbar sein, auch wenn es bis zur Umsetzung ihrer Idee ein sehr, sehr weiter Weg wäre.“

Der „Reutlinger General-Anzeiger“ sieht in dem Vorstoß auch eine Chance für Annegret Kramp-Karrenbauer. „Die CDU-Chefin will sich mit dem Vorstoß wohl von ihren Kritikern und von schlechten Umfragewerten freischwimmen. Wenn der Vorstoß gelingt, sie die nötigen internationalen Partner findet und der Bundestag einem Einsatz deutscher Soldaten in einer solchen Schutzzone zustimmt, ist es ein gewaltiger Erfolg für AKK. Wenn sie aber scheitert, wird das als Beweis dafür herhalten müssen, dass Kramp-Karrenbauer eben doch nicht reif ist für die Kanzlerschaft.“

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RND/dpa/lc

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