Rauschgiftwelle geht durch Europa

EU-Experten schlagen Alarm: „Drogen waren noch nie so leicht zugänglich wie jetzt“

Ein Pressesprecher des Zolls Hamburg präsentiert auf einem Medientermin im Hafen sichergestelltes Kokain. (Symbolbild)

Ein Pressesprecher des Zolls Hamburg präsentiert auf einem Medientermin im Hafen sichergestelltes Kokain. (Symbolbild)

Lissabon. Zahlreiche Drogen sind in Europa mehr denn je im Umlauf. „Besonders besorgniserregend ist, dass die Partnerschaften zwischen europäischen und internationalen kriminellen Netzwerken zu einer Rekordverfügbarkeit von Kokain und zur Herstellung von Methamphetamin im industriellen Maßstab in Europa geführt haben“, sagte die EU-Kommissarin für Inneres, Ylva Johansson, am Dienstag bei der Präsentation des Jahresberichts der Drogenbeobachtungsstelle der Europäischen Union (EMCDDA) mit Sitz in Lissabon. Diese Entwicklung berge die Gefahr eines erhöhten Konsums und größerer Schäden.

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„Etablierte Drogen waren noch nie so leicht zugänglich wie jetzt und es tauchen weiterhin potente neue Substanzen auf“, betonte auch EMCDDA-Direktor Alexis Goosdeel. Hinzu komme, dass heutzutage jeder – direkt oder indirekt und in irgendeiner Form – von den Folgen der „komplexeren Lage“ betroffen sei. „Dazu gehören schutzbedürftige junge Menschen, die für Straftaten rekrutiert werden, eine erhöhte Belastung der Gesundheitshaushalte und die Kosten für die Gemeinschaften, die sich unsicher fühlen oder in denen die Institutionen durch Korruption und Kriminalität untergraben werden.“

Razzia in Italien: Mehr als vier Tonnen Kokain beschlagnahmt

Ein internationales Fahnder-Team konnte in Triest rund 4,3 Tonnen Kokain im Straßenverkaufswert von etwa 240 Millionen Euro beschlagnahmen.

Wichtige Probleme wie Obdachlosigkeit, die Behandlung psychiatrischer Erkrankungen und die Jugendkriminalität würden verschärft. In einigen Ländern werde eine Zunahme von Gewalt und Korruption verzeichnet, betonte er. Dazu: 2020 wurden in der EU laut EMCDDA schätzungsweise 1,5 Millionen Drogendelikte gemeldet – 15 Prozent mehr als 2010.

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Zahl der Todesopfer durch Drogenkonsum steigt um 13 Prozent

Die tragischste Folge bleiben die Todesopfer: Die Zahl der Menschen, die EU-weit durch eine Überdosis oder an den Folgen ihres Drogenkonsums starben, kletterte 2020 auf 5796. Das sind ca. 13 Prozent mehr als 2019 (5141). Mit 1581 erfassten Todesopfern ist Deutschland nach absoluten Zahlen an der Spitze. EU-weit war fast jedes zehnte Todesopfer (neun Prozent) jünger als 25.

Im Bericht taucht das Wort „Rekord“ mehrfach auf: In der EU sei 2020 trotz pandemiebedingter Einschränkungen eine Rekordmenge von 213 Tonnen Kokain sichergestellt worden, heißt es. Im selben Jahr sei in den EU-Ländern auch bei Amphetamin bei insgesamt 25.000 Sicherstellungen eine Rekordmenge von 21,2 Tonnen zusammengekommen. Das ist ein Anstieg von immerhin rund 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (2019: 15,4 Tonnen). Zudem seien in den letzten Jahren entlang der wichtigsten Heroinschmuggel-Routen nach Europa Rekordmengen an Methamphetamin beschlagnahmt worden.

Sorgen bereiten auch die neuen psychoaktiven Substanzen, die nicht den internationalen Drogenkonventionen unterliegen. China und Indien seien inzwischen wichtige Herkunftsländer. Diese sogenannten „Legal Highs“ werden auch als Badesalze, Kräutermischungen oder Reiniger verkauft und sind so lange legal, bis sie als gesundheitsgefährdend eingestuft und verboten werden. Das kann unter Umständen sehr lange dauern. Zuletzt überwachte die EMCDDA etwa 880 Substanzen, von denen 52 allein im Jahr 2021 zum ersten Mal in Europa gemeldet wurden.

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Die EMCDDA warnt: „Die Globalisierung treibt Innovation im Bereich Drogenhandel und -produktion weiter voran.“ Es gebe neue Schmuggelrouten, Versteckmethoden und neue Herstellungsverfahren. Die EU habe sich zudem „zu einer bedeutenden Herstellerin einiger Drogen entwickelt, und zwar sowohl für den inländischen Konsum als auch für den Weltmarkt“. Dies lasse sich unter anderem an der Zerschlagung von mehr als 350 Produktionseinrichtungen im Jahr 2020 ablesen.

RND/dpa

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