Ist das die dritte Welle? Großbritanniens „Tag der Freiheit“ in Gefahr
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/CEY3AFOASFFYDPEH2UCGM6UTSU.jpeg)
Menschen genießen das warme Wetter am Strand von Bournemouth. Der letzte Montag des Monats Mai ist traditionell Feiertag und könnte der bisher heißeste Tag des Jahres werden – mit Temperaturen, die in Teilen des Vereinigten Königreichs 25 Grad erreichen sollen. Offen ist, ob der „Tag der Freiheit“ am 21. Juni bestehen bleibt.
© Quelle: Andrew Matthews/PA Wire/dpa
London. Die Briten genossen ihr langes Wochenende bei sommerlichen Temperaturen am Strand, in Parks und im Pub. Es fühle sich „wie ein neues Leben in einer neuen Welt an“, sagte ein Besucher des englischen Badeorts Blackpool am gestrigen Feiertag voller Erleichterung gegenüber Medien. Endlich. Doch es könnte ausgerechnet jenes Wochenende sein, das die Pläne der Regierung umzuwerfen droht.
Während die Menschen die Aufhebung vieler Kontaktbeschränkungen ausnutzten und sich – oft zum ersten Mal seit Monaten – wieder mit anderen Haushalten trafen, wurden Wissenschaftler nicht müde, die Bevölkerung zur Vorsicht aufzurufen. Sie warnen, dass sich das Land trotz der noch relativ niedrigen Infektionszahlen im frühen Stadium der dritten Welle befindet – ausgerechnet jetzt.
England: Pubs und Restaurants dürfen wieder öffnen
Nach fast vier Monaten dürfen Einzelhandel, Pubs und Restaurants, sowie Friseure und Kosmetiksalons wieder öffnen und Kunden empfangen.
© Quelle: Reuters
Die Briten finden gerade erst nach einem monatelangen strikten Lockdown in ein vergleichsweise normales Leben zurück – mit geöffneten Restaurants, Läden, Pubs. Und so ist die Furcht vor erneuten Restriktionen groß. Wird im Königreich der „Tag der Freiheit“, wie Medien den 21. Juni getauft haben, verschoben?
Experte spricht von einem „exponentiellen Wachstum“
Eigentlich wollte die Regierung dann alle Beschränkungen aufheben. Experten empfehlen jedoch, dieses Ziel hinauszuzögern. Erstmals seit Ende März überschritt am vergangenen Freitag die Zahl der täglichen Neuinfektionen wieder die 4000-Marke. Es handelt sich nicht mehr nur um wenige Hotspots wie Bolton oder Blackburn im Nordwesten Englands, wo sich die zunächst in Indien entdeckte Variante B.1.617.2, rasant ausbreitet. Daten zufolge ist dies auch im Rest des Landes der Fall.
Der Mikrobiologe Ravi Gupta von der Universität Cambridge, der zur Beratergruppe der Regierung zählt, sprach gestern von einem „exponentiellen Wachstum“. Bis zu drei Viertel der neuen Fälle gehen laut Schätzungen auf die Mutante zurück, die als ansteckender gilt und offenbar resistenter gegen Antikörper und damit Impfungen ist. Umso mehr wird in jenen Gegenden, in denen die Zahlen besonders ansteigen, versucht, die Zweitimpfungen vorzuziehen.
Impfkampagne gebe den Briten ein trügerisches Sicherheitsgefühl
Die Hoffnung besteht, dass die Folgen aufgrund des erfolgreichen Impfprogramms auf der Insel weniger dramatisch ausfallen als 2020 und Anfang dieses Jahres. Knapp 26 Millionen Menschen und damit jeder zweite Erwachsene in Großbritannien sind mittlerweile mit beiden Dosen vollständig geimpft. Rund 75 Prozent der erwachsenen Bevölkerung hat zumindest die erste Impfung verabreicht bekommen.
Laut Gupta gebe die Kampagne den Menschen aber „ein trügerisches Gefühl von Sicherheit“, während die Infektionsrate noch relativ niedrig sei. Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt bei 27. Die Regierung ist derweil vorsichtiger geworden angesichts von bislang rund 130.000 Toten und Vorwürfen, dass in der Vergangenheit Maßnahmen zu spät ergriffen wurden, was Kritikern zufolge tausende Menschenleben kostete und die Wirtschaft schwer schädigte.
Drückt die britische Regierung doch noch auf die Bremse?
Der Ton von Seiten der Downing Street hat sich dementsprechend in den letzten Tagen verändert. Bislang schien Premierminister Boris Johnson unbesorgt. Doch nachdem sich mehrere Mitglieder des Expertengremiums der Regierung SAGE skeptisch bezüglich der weiteren Lockerungen geäußert haben, scheint auch in der Regierung ein Umdenken stattzufinden.
„Wir können nichts ausschließen“, sagte Umweltminister George Eustice gestern. Eine Entscheidung, ob es beim 21. Juni bleibt, werde erst in den nächsten zwei Wochen gefällt.