Selbst Tochter Ivanka glaubte Trumps Lüge von der gestohlenen Wahl nicht
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Fällt ihrem Vater in den Rücken: Ivanka Trump äußerte im Untersuchungsausschuss indirekt Zweifel an der Wahlverschwörungslegende des Ex-Präsidenten.
© Quelle: IMAGO/ZUMA Wire
Washington. Am Morgen danach ist Donald Trump außer sich. Wütend hackt der frühere US-Präsident am Freitag eine Textnachricht nach der anderen in die Echokammer seines Propagandadienstes Truth Social. Verleumder und Verrückte würden eine „politische Hexenjagd“ veranstalten, behauptet er in Großbuchstaben. Seinen ehemaligen Justizminister Bill Barr nennt er einen „Feigling“.
Und am Ende distanziert er sich gar von seiner Lieblingstochter: „Ivanka Trump war nicht mit der Untersuchung der Wahlergebnisse beschäftigt. Sie war zu der Zeit lange ausgeschieden.“
Offensichtlich hat der Ex-Präsident am Donnerstagabend ausnahmsweise nicht Fox News geschaut, sondern wie Millionen Amerikaner einen jener Kabelsender eingeschaltet, die zur besten Sendezeit die erste öffentliche Anhörung des Untersuchungsausschusses zum Kapitolsturm übertrugen.
Präsident Trump hat den Mob versammelt und die Flamme dieses Angriffs entzündet.
Liz Cheney,
Republikanerin
Die Aussagen während der zweistündigen Veranstaltung belasten Trump schwer. „Der 6. Januar war der Höhepunkt eines Putschversuches“, fasste der demokratische Ausschussvorsitzende Bennie Thompson die Ergebnisse zusammen: „Donald Trump stand im Zentrum dieser Verschwörung.“ Ähnlich äußerte sich die Republikanerin Liz Cheney: „Präsident Trump hat den Mob versammelt und die Flamme dieses Angriffs entzündet.“
Neun Menschen kommen bei dem Aufstand ums Leben
Nach einer wochenlangen Lügenkampagne von Trump über angeblichen Wahlbetrug waren am 6. Januar 2021 Tausende Menschen nach Washington gekommen. Im Anschluss an eine aufwiegende Rede des damaligen Präsidenten zogen sie zum Kapitol, wo das Parlament tagte, um die Wahl von Joe Biden zu zertifizieren. Mit unfassbarer Brutalität, die während der Anhörung durch Videoaufnahmen dokumentiert wurde, stürmte der rechte Mob das Gebäude und versuchte, den als Senatschef amtierenden Vizepräsidenten Mike Pence zu verschleppen und mutmaßlich zu ermorden. Während und nach dem Aufstand starben mindestens neun Menschen, mehr als 100 Polizisten wurden verletzt.
Trump Anhänger stürmen das Kapitol – mindestens vier Tote
In Washington sind Proteste von Anhängern des scheidenden US-Präsidenten Donald Trump gegen Joe Bidens Wahlsieg mit einem Sturm auf das Parlament eskaliert.
© Quelle: Reuters
Die wesentlichen Abläufe dieses Schicksalstags der amerikanischen Demokratie sind seit Längerem bekannt. Dennoch lieferte die Anhörung mit bislang unveröffentlichten Mitschnitten von Befragungen aufschlussreiche neue Erkenntnisse. So wussten offenbar selbst engste Vertraute des Präsidenten, dass dessen Behauptung eines Wahlbetrugs erfunden ist. Er habe Trump gesagt, dass er mit der Verbreitung „dieses Zeugs“ nicht einverstanden sei, berichtete Ex-Justizminister Barr: „Ich habe dem Präsidenten gesagt, dass es Bullshit ist.“ Auf diese Äußerung angesprochen erklärte Trumps Tochter Ivanka, sie schätze Barr: „Also akzeptiere ich, was er sagte.“
Republikaner bemühen sich um Begnadigung
Offenbar waren sich die Trump-Vertrauten auch bewusst, in welche juristischen Abgründe sie sich mit ihrer Sabotage des rechtmäßigen Wahlsieges von Joe Biden begeben. Nach Erkenntnissen des Ausschusses kontaktierte der republikanische Abgeordnete Scott Perry, der versucht hatte, im Justizministerium willfährige Spießgesellen zu installieren, anschließend das Weiße Haus, um eine präsidiale Begnadigung zu erwirken. Nach Angaben von Cheney bemühten sich auch mehrere andere republikanische Abgeordnete um einen juristischen Persilschein.
Die Trump-Kritikerin Cheney, die gemeinsam mit dem Abgeordneten Adam Kinzinger als einzige Republikanerin in dem Untersuchungsausschuss mitarbeitet, betonte auch, dass sich die Attacke auf das Kapitol keineswegs spontan aus einer friedlichen Kundgebung entwickelt habe. Vielmehr habe Trump über Monate einen ausgeklügelten Plan koordiniert, um den Ausgang der Präsidentenwahl zu kippen und die Machtübergabe an seinen Nachfolger zu verhindern. Ein britischer Dokumentarfilmer, der die rechtsextreme Miliz Proud Boys begleitet hatte, sagte in der Anhörung aus, dass sich die Gruppe für eine gewaltsame Aktion vorbereitet hätte.
Ausschuss belastet Ex-Präsident Trump: Neue Erkenntnisse zum Sturm aufs Kapitol
Der Untersuchungsausschuss zur Erstürmung des US-Kapitols hat in einer ersten öffentlichen Anhörung Ex-Präsident Donald Trump weiter belastet.
© Quelle: dpa
Während sich das Gemetzel um das Kapitol entfaltete, saß Trump nach Zeugenberichten ungerührt vor dem Fernseher im Weißen Haus, ohne weitere Polizei- oder Militäreinheiten in Gang zu setzen. Cheney zitierte eine unfassbare Aussage: Demnach erwiderte der Präsident auf die Nachricht, dass der Mob den Slogan „Hang Mike Pence!“ (Hängt Mike Pence auf!) skandiere, sein Stellvertreter habe „es verdient“.
Am Montag kommt der Untersuchungsausschuss erneut öffentlich zusammen. In insgesamt voraussichtlich sechs Sitzungen wollen die Politiker der Öffentlichkeit die Dramatik des Kapitolsturms und die Verwicklung von Trump in den Umsturzversuch klarmachen. Doch namhafte republikanische Politiker tun die Veranstaltung als Parteipropaganda ab. „Der Sturm auf das Kapitol wurde nicht durch mich ausgelöst, sondern durch die gefälschten und gestohlenen Wahlen“, bekräftigt Trump am Freitag seine Verschwörungslegende.
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