Corona, Fruchtbarkeit, Impftermine: Wie Jens Spahn versucht, Bedenken und Frust zu zerstreuen

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn bittet um Geduld bei der Corona-Impfung.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn bittet um Geduld bei der Corona-Impfung.

Berlin. Da ist die Sache mit dem Kinderwunsch und der Corona-Impfung und das ist der Moment, der Thomas Mertens sehr deutlich werden lässt. Unfruchtbarkeit durch die Impfung? „Wirklich blanker Unsinn“, sagt Mertens. Er ist Arzt und Vorsitzender der Ständigen Impfkommission (Stiko), die die Empfehlungen für die Corona-Impfungen ausgearbeitet hat.

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Es gebe einzelne Aminosäuren, die sich bei Schwangerschaftsproteinen und Impfproteinen ähnelten, sagt Mertens. „Aber solche Ähnlichkeiten findet man immer.“ Das gelte im Übrigen auch für Schwangerschafts- und Virusproteine.

Britta Hermes-Bickmann hat die Frage aufgebracht. Sie arbeitet bei einem bundesweit agierenden Pflegedienst und ist jetzt zu Gast bei einem Diskussionsforum des Bundesgesundheitsministeriums. Immer wieder höre sie diese Fruchtbarkeitsbedenken von Pflegekräften, sagt sie.

Sie verstehe Mertens’ Hinweise, aber sie wundere sich schon, dass das nicht so richtig durchdringe. „Nehme ich mit. Das müssen wir noch mal aufarbeiten“, sagt der Mann, der direkt neben ihr sitzt: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn.

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Lieferschwierigkeiten und Warteschleifen

Zum dritten Mal versucht er in einem Online-„Townhall“-Format, Bürgerfragen und -bedenken in der Corona-Krise aufzugreifen, mit drei zentralen Figuren der Corona-Bekämpfung: dem Präsidenten des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, dem Präsidenten des Paul-Ehrlich-Instituts, Klaus Cichotek, und eben mit Mertens. Die Impfungen stehen im Vordergrund, es gibt da ja einigen Ärger: Zur Skepsis der einen kommen nun Warteschleifen in Telefonhotlines und Lieferschwierigkeiten beim Impfstoff.

„Ohne Zweifel war der Start schwierig“, sagt Spahn. Es sei „viel Frust entstanden“, den er verstehe. Aber er verbreitet Optimismus: 3,5 Millionen Impfdosen seien ausgeliefert, 2,3 Millionen davon bereits „verimpft“, rund zwei Drittel der Pflegeheimbewohner seien geimpft.

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Die Fragen der Bürger werden von einer Moderatorin vorgelesen. Es geht viel um Technisches wie die Schutzwirkung der Impfung (zwei bis drei Wochen nach der zweiten Impfung) und den Zeitpunkt der Impfung nach einer Corona-Infektion (frühestens nach sechs Monaten). Wird es künftig regelmäßig Corona-Impfungen brauchen? „Nicht unrealistisch“ sei das, sagt Wieler.

Spahn wendet sich gegen Lockerungen der Vorsichtsmaßnahmen für Geimpfte. In Pflegeheimen etwa sollten weiter Besuchsregeln, Test- und Maskenpflicht eingehalten werden, empfiehlt er. Schließlich sei nicht sicher, ob Geimpfte nicht doch noch das Virus verbreiten könnten. „Wir sollten nicht verspielen, was wir erreicht haben“, sagt Spahn.

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16-mal Nein

Der Frust über Impftermine erreicht die Runde über die Kieler Pflegedienstleiterin Claudia Güldenzoph. „Die Impfbereitschaft meiner Mitarbeiter ist sehr hoch“, sagt sie. Aber es sei nicht besonders effektiv, wenn jeder einzeln versuchen müsse, via Telefonhotline einen Impftermin zu besorgen. Hermes-Bickmann ergänzt, es sei nicht besonders praktisch, dass es in jedem Bundesland andere Terminvergaben gebe. Spahn seufzt und verweist auf die Länder: „Ich hätte gerne eine bundeseinheitliche Lösung gehabt. Aber 16 Kollegen haben gesagt: Nein.“

Er empfiehlt Geduld, das empfiehlt er an vielen Stellen. Es gehe ja nicht um jahrelanges Warten, sondern um einige Wochen, um „ein, zwei, drei Monate“, bis man an die Reihe komme.

Dem Vorschlag, pflegende Angehörige beim Impfen vorzuziehen, erteilt er eine Absage, 3,5 Millionen Personen seien das. „Wenn die alle in Gruppe 1 sind, macht die Priorisierung keinen Sinn mehr.“ Die Gruppe sei dann bei den derzeit noch knappen Impfstoffvorräten zu groß. Auch Einzelfallentscheidungen seien schwierig. „Wenn jeder eine Einzelfallentscheidung erbittet – das können wir nicht schaffen“, sagt Spahn, es gerät fast zu einem Flehen.

Demnächst werde es immerhin Schnelltests geben, die weniger unangenehm seien als die derzeitigen – und zudem vermutlich auch für den Hausgebrauch geeignet. Nur der österreichischen Testsonderzulassung wolle man sich nicht anschließen: Die betroffenen Tests seien nicht zuverlässig genug und damit wenig hilfreich.

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Zum Schluss steht ein Appell: „Durchhaltevermögen“ sei nötig, sagen Mertens und Wieler. Spahn sagt, es sei wichtig, bei allem Stress und bei aller Unsicherheit beieinander zu bleiben. „Nicht unerbittlich werden – erbittlich bleiben“, sagt Spahn.

Britta Hermes-Bickmann vom Pflegedienst sagt, wichtig sei vor allem eins: die Informationen so zu formulieren und auch zu verbreiten, dass sie wirklich verstanden werden könnten und auch alle erreichten. Sie empfiehlt Spahn, nicht immer nur auf das Internet zu setzen, sondern einfach auch mal Briefe zu verschicken.

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