Dieser Mann sitzt jetzt als Frau im bayerischen Landtag
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/HP55KIK2NNV5V2ZYJFVWR36CTQ.jpg)
Sitzt jetzt als Frau im bayerischen Landtag: Tessa Ganserer, die früher Markus Ganserer hieß.
© Quelle: dpa
München, . Es war vor zehn Jahren, als der damalige Markus Ganserer sein „Schlüsselerlebnis“ hatte, wie sie nun im bayerischen Landtag erzählt. Damals zog er ein Kleid seiner Frau an – „und dann wusste ich, dass ich kein Mann bin“. Seitdem quälte er, der 2013 erstmals als Grünen-Abgeordneter in den bayerischen Landtag gewählt worden war, sich damit, im Körper eines Mannes zu leben, aber zu wissen: „Ich fühle und definiere mich als Frau.“
Am Montag nun hat sich Tessa Ganserer geoutet und zu ihrer Weiblichkeit bekannt. Damit ist die 41-Jährige der einzige offen transidente Mensch in einem deutschen Parlament. Sie trägt Frauenkleidung und eine blonde Langhaarperücke. Ihre Stimme klingt männlich, sie hat einen bayerischen Akzent, denn sie stammt aus Zwiesel im bayerischen Wald und ist diplomierte Wald- und Forstwirtin.
Formell heißt sie immer noch Markus Ganserer
Über ihre bisherige seelische Not sagt Tessa Ganserer: „Es ging einfach nicht mehr anders. Das Leiden war so schwer und hart, dass man das nicht mehr durchhält.“ Mit Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) hatte sie kürzlich ein „menschlich sehr angenehmes Gespräch“. Aigner versicherte ihr, sie als Frau zu behandeln, auch wenn ihr Vorname formell noch Markus lautet. Die Kollegen aus der Grünen-Fraktion hätten Schlange gestanden, „um mich zu umarmen“, auch Politiker der anderen Parteien zeigten Respekt und Verständnis. Allein von der AfD sei bisher keine Reaktion gekommen.
Im Namen der Grünen kritisiert Ganserer das ihrer Ansicht nach völlig rückständige Transsexuellengesetz aus dem Jahr 1980. Dieses lege Menschen, die ihr Geschlecht wechseln wollen, Steine in den Weg. So werden für eine Änderung des Vornamens und des Geschlechtseintrags etwa im Personalausweis zwei psychologische Gutachten gefordert, welche die Betroffenen selbst bezahlen müssen.
Tessa Ganserer verspürt weiter Zuneigung zu ihrer Frau
Die Landtags-Grünen halten dies für menschenunwürdig. Stattdessen sollte eine Person einfach per Antrag auf dem Standesamt ihr Geschlecht ändern können, denn, so Ganserer: „Geschlechtsidentität ist ein Menschenrecht.“ Für Bayern verlangen die Grünen einen „Aktionsplan gegen Homophobie und Transphobie“.
Transidente Menschen seien vielfach von Alltagsdiskriminierung, Vorurteilen, Anfeindungen und auch gewalttätigen Übergriffen betroffen. Über sich sagt Tessa Ganserer: „Das ist ein natürliches Phänomen und keine Modeerscheinung und keine Krankheit.“ Sie empfinde „weiterhin Zuneigung zu meiner Frau“. Auch werde sich ihr Leben „nicht grundsätzlich ändern, ich bin nach wie vor die gleiche Person“. Sie appelliert an die „Liberalitas Bavariae“, die bayerische Liberalität, und meint: „Ich bin mit Leib und Seele Frau – und Politikerin.“
Von RND/Patrick Guyton