Die Welt wartet auf Worte von Scholz
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Welchen Kurs verfolgt der neue deutsche Kanzler gegenüber Russland? Olaf Scholz, aufgenommen bei einem Besuch in Madrid.
© Quelle: Michael Kappeler/dpa
Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,
heute Mittag ist Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg zu Gast bei Olaf Scholz im Bundeskanzleramt. Unter allen bisherigen Terminen des neuen deutschen Kanzlers ist dies der wichtigste: Das westliche Bündnis braucht dringend Klarheit über eine gemeinsame Strategie gegenüber Russland.
Bislang hat die Nato nicht viel Einfluss entfalten können in dieser Debatte. Und das liegt nicht zuletzt an der schwer definierbaren Haltung Deutschlands. Wie genau soll er aussehen, der viel zitierte „hohe Preis“, den Wladimir Putin bezahlen soll, wenn er in die Ukraine einmarschiert? Sobald es konkret wird, lehnen deutsche Politiker mal diese und mal jene Sanktion ab – und lassen wenig übrig, was Russland am Ende abschrecken könnte.
Sanktionen ohne Gas und ohne Swift?
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert will das Thema Erdgas einfach ausklammern: Man dürfe die Debatten über Nord Stream 2 und über die russische Politik gegenüber der Ukraine „nicht vermengen“. Der designierte CDU-Chef Friedrich Merz wiederum hält nichts von einem Ausschluss Russlands aus dem internationalen Bankensystem Swift: Dies würde mehr dem Westen schaden.
Was aber dann? Scholz wird, wenn er heute mit Stoltenberg zusammensitzt, eine Antwort geben müssen. Eines jedenfalls geht nicht: dass sich der Kanzler wegduckt und andere machen lässt wie in der Debatte um die Impfpflicht. In der Ukraine-Krise ist wirklich Führung gefragt. Ein Versagen in diesem historischen Moment kann ganz Europa zum Verhängnis werden.
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Gestern in Kiew, heute in Moskau: Annalena Baerbock, die neue deutsche Außenministerin.
© Quelle: imago images/photothek
Putin habe den Zeitpunkt seines Aufmarsches taktisch gut gewählt, schreibt Eva Quadbeck in ihrem heutigen Leitartikel. Die USA sind zerrissen wie nie, Großbritannien ist desorientiert, Frankreich steuert auf eine Präsidentenwahl zu. „Und die neue deutsche Regierung ficht gerade noch ihre außenpolitische Linie aus.“
Ein Kanzler darf nicht nur taktieren
Die bittere Feststellung im letzten Satz beschreibt etwas, das zum Glück schnell überwunden werden könnte, theoretisch jedenfalls. Scholz hat noch immer eine Chance, die Dinge zu beeinflussen – wenn er weiß, was er will. Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock ist heute in Moskau; Daniela Vates aus unserem Berliner Büro reist mit, sie hat auch schon aus Kiew berichtet, der ersten Station.
Heute lautet die bange Frage: Überbringt Baerbock den Russen dieselbe Botschaft, die Scholz für die Nato erarbeitet hat?
Die deutsche Regierung muss, wenn sie Erfolg haben will, mit einer Stimme sprechen. Und sie muss dabei Klarheit und Härte kombinieren. Dazu würde es passen, Moskau sowohl mit einem Aus für Nord Stream 2 zu drohen als auch mit einem Ausschluss aus Swift. Gelegenheiten zur Kommunikation und zur Richtungsweisung jedenfalls gibt es diese Woche viele, auch beim Weltwirtschaftsforum am Mittwoch und bei der G7-Klausur des Bundeskabinetts am Freitag.
Es sollte Scholz egal sein, wenn ihm vielleicht nicht alle Sozialdemokraten folgen. Helmut Schmidt ging es nicht anders. Ein großer Kanzler jedenfalls wird man nicht durch bloßes Abwarten und Taktieren.
Zitat des Tages
Die ersten Bomben werden den Pipelines gelten.
Juri Witrenko,
Chef des ukrainischen Energiekonzerns Naftogaz, erwartet im Fall einer russischen Invasion in der Ukraine die Zerstörung aller dort verlegten Gasleitungen nach Westen – und die sofortige Umleitung auf Nord Stream 2.
Leseempfehlungen
Warum hat sich Schweden beeilt, auf einer dünn besiedelten Ostseeinsel Panzer auffahren zu lassen? In unserer heutigen RND-Story lüften wir das Geheimnis von Gotland und beschreiben, wie Russland durch militärische Muskelspiele in der Ostsee die Schweden und die Finnen mehr denn je in Richtung Nato treibt.
Kann es Gnade für einen Massenmörder geben? Der norwegische Terrorist Anders Behring Breivik sitzt seit zehn Jahren hinter Gittern, jetzt stellt er einen Antrag auf Bewährung, über den ab heute verhandelt wird. Bei den Angehörigen der 77 Menschen, die bei Breiviks Terrorangriffen in Oslo und auf der Insel Utøya ums Leben gekommen sind, reißt der Prozess alte Wunden auf.
Aus unserem Netzwerk
In Leipzig warnt die Polizei vor impfkritischen Aufklebern. Ein solcher war auf einem Spielplatz gefunden worden. Darunter versteckt: eine Rasierklinge. Eltern sind fassungslos und alarmiert, berichtet die „Leipziger Volkszeitung“.
Termine des Tages
Vom Umbau in der Landwirtschaft war im Wahlkampf oft die Rede – wie aber soll es jetzt konkret losgehen? In einer gemeinsamen Pressekonferenz stellen sich dazu heute um 9.30 Uhr die beiden grünen Bundesminister Cem Özdemir (Landwirtschaft) und Steffi Lemke (Umwelt) den Fragen von Journalisten und Journalistinnen.
Auch die Neuausrichtung der Industrie auf Nachhaltigkeit ist eine Ansage der Grünen, die in nächster Zeit mit Inhalt gefüllt werden muss. Bei einem Besuch in Hamburg spricht Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck darüber heute unter anderem mit Vertretern von Airbus und des Aluminiumherstellers Trimet.
Beim Weltwirtschaftsforum zieht der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation, Tedros Adhanom Ghebreyesus, heute eine Zwischenbilanz zur weltweiten Impfpolitik.
Was heute wichtig wird
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Auf der Frankfurt Fashion Week werden heute neuartige Schuhe vorgestellt. Die „Sneatures“ (Design: Emilie Burfeind) halten die Mitte zwischen Schuh und Socke und künden schon deshalb von neuen Zeiten, weil sie biologisch abbaubar sind: Sie bestehen unter anderem aus Hundehaargewebe, Naturkautschuk und Pilzgeflecht. Ganz nebenbei wird auf diese Art das Wort Fuß-Pilz neu definiert.
© Quelle: Arne Dedert/dpa
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