Die Sorge der CDU vor dem digitalen GAU
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Das CDU-Logo bei einem früheren Präsenzparteitag.
© Quelle: Uli Deck/dpa
Berlin. Bei aller möglichen Präferenz für einen der drei Kandidaten sorgen sich Organisatoren dieses ersten digitalen CDU-Parteitags weniger um den Ausgang der Wahl. Was sie viel mehr umtreibt, sind diese Fragen: Wird die Technik funktionieren und kann die Abstimmung vor Hackern geschützt werden?
Es gibt keine Blaupause für einen Bundesparteitag mit 1001 Delegierten, die sich von Zuhause aus zuschalten und auch noch einen neuen Vorsitzenden wählen. Vieles wird kälter, weniger lebendiger sein. Aber höher kann die Spannung nicht sein als vor diesem Kongress. In einer Kampfkandidatur wird entschieden, ob Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet, Ex-Unionsfraktionschef Friedrich Merz oder Außenexperte Norbert Röttgen die CDU künftig führen werden. Und die CDU muss beweisen, dass die Digitalisierung gerade für die letzte große Volkspartei kein Neuland ist.
Sicherheitsexperten schützen Parteitag vor Hackern
Geht alles glatt, kann sie da zum Vorbild werden. Geht es schief, wird sie auf den Spott nicht lange warten müssen. Unabhängig davon hat sie dann ein manifestes Problem mit der Akzeptanz der Vorstandswahl
Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) ist involviert. Die Delegierten haben die Zugangsdaten zu der Plattform – abgesichert – analog bekommen. Die eingesetzte IT-Lösung wurde vom BSI zertifiziert. Doppelte Stimmabgaben seien nicht möglich, wird versichert.
Die Stimmung in der Partei ist auf Hochspannung. Keiner der drei Kandidaten gilt als klarer Favorit. Vermutlich wird wie schon 2018 keiner im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit bekommen. Als ausschlaggebend wird angesehen, wer die große Gruppe der NRW-Delegierten (298 von 1001) für sich gewinnen kann – sowohl Laschet als auch Merz und Röttgen kommen aus NRW – und welcher Mann die meiste Unterstützung der Frauen bekommt. Sie stellen 349 Delegierte.
Bis zuletzt haben die drei Kandidaten persönlich – oder deren Anhänger – bei einzelnen Delegierten um ihre Stimme geworben. War Röttgen zu Beginn dieses Wahlkampfs vor fast einem Jahr noch ein Außenseiter, wollen viele Christdemokraten inzwischen nichts mehr ausschließen. Zwar könne Laschet mit seiner Regierungsverantwortung punkten und Merz auf breiter Ebene die Wirtschaftspolitiker gewinnen, aber Röttgen sei mit seinem Modernisierungsversprechen ein ernstzunehmender Gegner.
Gute Umfragewerte für den Kurs der Kanzlerin
Auffallend bei allen drei Bewerbern ist die Betonung, den Kurs der Mitte von Angela Merkel für die CDU zu halten. Die Kanzlerin beschert der CDU mit ihrem Corona-Krisenmanagement hohe Umfragewerte.
So ist eine Mehrheit von 60 Prozent der Bürger der Ansicht, dass unter dem neuen CDU-Chef dieser Kurs fortgesetzt werden sollte. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag des Redaktionsnetzwerks Deutschland hervor. 31 Prozent hingegen meinen, die CDU sollte wieder mehr ihre konservativen Werte betonen.
Auch eine Mehrheit der Unionsanhänger setzt auf den Mittekurs. Lediglich bei den AfD-Wählern gibt es den klaren Wunsch (93 Prozent) nach einer stärker konservativ ausgerichteten Union. Insgesamt meinen der Umfrage zufolge mehr als zwei Drittel (69 Prozent) der Bundesbürger, dass Merkels lange Kanzlerschaft Deutschland gut oder sogar sehr gut bekommen sei.
Kanzlerkandidatur offen
Bei der Einschätzung, wer neuer CDU-Chef werden soll und damit auch möglicher Nachfolger von Merkel im Kanzleramt werden kann, ergibt sich ein gemischtes Bild. Auf die Frage „Für wen würden Sie sich persönlich entscheiden?“ votierten 29 Prozent für Röttgen, 21 Prozent für Merz und 19 Prozent für Laschet. 31 Prozent sagten „keiner davon/weiß nicht“. Sogar bei den CDU-Anhängern lag der Anteil jener, die für keinen der drei Kandidaten votieren, bei 22 Prozent.
Auch deshalb werden Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) Chancen eingeräumt, die Kanzlerkandidatur zu übernehmen. Söder erklärt zwar seit Monaten, sein Platz sei in Bayern. Aber die Inszenierungskunst des bayerischen Ministerpräsidenten dürfte soweit reichen, dass er seinen Platz auch in Berlin sehen könnte. Spahn wurde zuletzt von JU-Chef Tilman Kuban als Nachfolger Merkels ins Gespräch gebracht. Spahn stehe für den Generationswechsel, sagte er.