Die schwarze Woche von Afghanistan
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Bewaffnete Taliban in Mehtarlam, einer Provinzhauptstadt im Osten Afghanistans.
© Quelle: imago images/Xinhua
Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,
der Wandel, der sich in diesem Moment am Hindukusch vollzieht, kommt mit erbarmungsloser Geschwindigkeit. Nur sieben Tage brauchen die Taliban für ihren Siegeszug, um die Kontrolle über Afghanistan zu erringen. Nun steht das Land vor einer düsteren, ungewissen Zukunft.
Nachdem die militanten Islamisten gestern vor die afghanische Hauptstadt Kabul gezogen sind, überschlagen sich die Ereignisse. Zunächst wollen sie nicht in die Stadt vordringen, tun dies dann aber doch, um die ersten geräumten Gebiete zu besetzen. Einige Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt greifen ihre Habseligkeiten, holen ihr Geld von der Bank und versuchen zu fliehen. Zu diesem Zeitpunkt ist ihr Präsident Aschraf Ghani schon nicht mehr in Land.
Ungläubig schauen die westlichen Staaten auf die rasante Abfolge der Ereignisse, die Korrespondentin Agnes Tandler und Kristina Dunz in ihrem Bericht über den Siegeszug der Taliban nachzeichnen. Auch unser USA-Korrespondent Karl Doemens beschreibt, wie der Afghanistan-Plan der Vereinigten Staaten von der Realität überholt wurde. Wie konnte die afghanische Regierung so schnell die Kontrolle verlieren? Hätten den USA und Deutschland bewusst sein müssen, dass der Truppenabzug zu früh kam?
Flugzeuge starten zur Rettungsmission
Am Abend verkündete dann auch die Bundesregierung ihre Absicht, handeln zu wollen. Seit heute Nacht sollten die ersten Flugzeuge nach Kabul geschickt werden, um etwa Mitarbeiter der deutschen Botschaft aus dem Land zu bringen, kündigte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) an. Ein kleinerer Personenkreis müsse allerdings bis auf Weiteres vor Ort bleiben, um die Evakuierungsmission in Kabul zu organisieren. 40 Botschaftsmitarbeiter sind in der Nacht bereits mit einer US-Maschine außer Landes gebracht worden.
Evakuierungsflüge aus Kabul wieder aufgenommen
Nachdem am Montag auf dem Rollfeld des Flughafens Kabul hunderte Menschen standen, ist dieses nun geräumt worden, was das Ausfliegen von Menschen erleichtert.
© Quelle: Reuters
Nach mehr als 20 Jahren droht Afghanistan aus westlicher Sicht ein schlagartiger Rückfall – bei der Aufrechterhaltung einer Demokratie, bei Frauenrechten, bei Stabilität und öffentlicher Sicherheit. „Frauen und Mädchen wurden damals ins Haus verbannt, Musik und Tanz verboten und Gegner des Regimes auf brutalste Weise umgebracht“, schreibt Agnes Tandler. Auch öffentliche Hinrichtungen im Fußballstadion von Kabul unter „Allah ist groß“-Rufen der Zuschauer gehörten zum Alltag.
„20 Jahre lang hat Deutschland, haben die USA, hat der Westen den Menschen am Hindukusch eine Zukunft vorgelogen: Mädchen, die zur Schule gehen konnten; Frauen, die in Politik und Wirtschaft ihren Platz in der Gesellschaft erobern sollten, Journalisten, LGBT-Aktivisten, Angehörige von Minderheiten“, kommentiert unser Hauptstadt-Korrespondent Jan Sternberg das Geschehene. „Wer es irgendwie aus Afghanistan herausschafft, wird fliehen. Auf diesen Flüchtlingsstrom werden wir uns vorbereiten müssen.“
Auf die Situation am Hindukusch werden ebenso schnell neue Antworten gefunden werden müssen, wie das Land von den Taliban eingenommen wurde. Wie es dort weitergeht, erfahren Sie auch heute in unserem Liveticker.
Zitat des Tages
Die entscheidende Frage des Wahlkampfs ist, ob es Schwarz-Grün wird oder ob die FDP Einfluss hat.
FDP-Chef Christian Lindner
gibt im Interview mit dem RND seine Einschätzung zu den Koalitionsverhandlungen nach der Bundestagswahl im September ab.
Das ganze RND-Interview mit Christian Lindner lesen Sie hier.
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Ein Mann wird des hundertfachen sexuellen Kindesmissbrauchs verdächtigt. Heute muss er sich vor dem Landgericht Ulm verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 45-Jährigen vor, sich über Jahre hinweg an seiner Halbschwester und vier ihrer Freundinnen vergangen zu haben.
Wird dem VfL Wolfsburg der Sieg im DFB-Pokal aberkannt? Das DFB-Sportgericht verhandelt heute den Einspruch des Fußball-Regionalligisten SC Preußen Münster, der in der ersten Runde des Wettbewerbs den Niedersachsen mit 1:3 in der Verlängerung unterlag. Wolfsburgs Trainer Mark van Bommel hatte in der Partie sechs Spieler eingewechselt – was in DFB-Pokalspielen mit Verlängerung nicht erlaubt ist.
Was heute wichtig wird
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Es sind noch etwa sechs Wochen bis zur Bundestagswahl – und theoretisch können ab heute schon per Brief die ersten Stimmen abgegeben werden. Die Briefwahl ist grundsätzlich nach Fertigstellung der Wählerverzeichnisse möglich, der Stichtag dafür war gestern. Einen bundesweit einheitlichen Stichtag für den Versand oder die Ausgabe der Unterlagen gibt es allerdings nicht.
© Quelle: Hauke-Christian Dittrich/dpa
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Ihr Nils Thorausch
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