Die Schule sollte sagen: „Mach besser eine Ausbildung“
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Schaffen sie es oder schaffen es nicht? Schüler in der Abiturprüfung.
© Quelle: Armin Weigel/dpa
Berlin. „Immer mehr Schüler fallen durchs Abitur.“ Das ist eine Schlagzeile, die aufrüttelt. Und die Zahlen der Kultusministerkonferenz scheinen ja auch eine klare Sprache zu sprechen: Während im Abiturjahrgang 2009 noch 2,39 Prozent der Schüler durchfielen, waren es 2017 schon 3,78 Prozent.
Ist das Abitur also zu schwer? Von wegen. Der Trend zeigt, dass der Notendurchschnitt im Abitur immer besser wird – nicht rasant ansteigend, aber doch ziemlich kontinuierlich. Gleichzeitig macht ein größerer Teil des Jahrgangs als früher Abitur.
Genau darin liegt auch schon die Lösung des Rätsels: Heute hangeln sich mehr Schüler als in der Vergangenheit zu den finalen Prüfungen durch, die nicht die notwendigen Fähigkeiten mitbringen, um sie erfolgreich bestehen zu können. Spricht man mit Lehrern, sagen viele sogar: Wenn jemand soweit mitgezogen worden sei, würden sie in der Regel notfalls beide Augen zudrücken, damit die Schüler ins Ziel kämen. Manchmal reicht aber selbst das nicht mehr.
Ein Widerspruch im System
Es ist verrückt in unserem Schulsystem: Einerseits teilen wir in Deutschland die Kinder sehr früh auf unterschiedliche Schulformen auf – und machen es damit Spätentwicklern besonders schwer, den Weg zum Abitur zu schaffen. Die frühe Aufteilung führt aber auch dazu, dass viele Eltern darauf drängen, dass ihr Kind das Gymnasium besucht – komme, was wolle, und sei es die kontinuierliche Überforderung.
Gleichzeitig tun wir uns in den höheren Klassen schwer, den Schülern rechtzeitig ein Stoppsignal zu setzen, wenn ein Scheitern im Abitur droht. Das System ermöglicht es zu vielen, sich irgendwie durchzuwurschteln – bis dann das bittere Ende im schriftlichen Abitur kommt.
Das müssen wir ändern: Wir brauchen eine Schule, die gerade in den unteren Klasse niemandem leichtfertig Wege zum Abitur abschneidet. Gleichzeitig brauchen wir eine Schule, die sich traut, in den höheren Klassen zu sagen: "Du schaffst es nicht, mach lieber eine solide Ausbildung."
Das wäre einfach nur ehrlich und fair. Und davon könnten alle profitieren.
Von Tobias Peter/RND