Die Kinder, das Virus und die Impfung
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In Österreich werden Kinder bereits ab fünf Jahren geimpft – auch in Deutschland könnte das bald möglich sein.
© Quelle: imago images/SEPA.Media
Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,
haben Sie Kinder im Alter von fünf bis elf Jahren? Und wenn ja, wollen Sie sie gegen das Coronavirus impfen lassen? Diese Frage könnte bald sehr aktuell werden, denn die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) dürfte das Biontech-Vakzin voraussichtlich Mitte dieser Woche für Kinder ab fünf Jahren freigeben.
Diese Entscheidung fällt in eine Zeit, in der die Inzidenz hierzulande täglich einen neuen Rekordwert erreicht. Auch heute. Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz liegt bei 386,5. Und unter Kindern ist sie vielerorts noch viel höher als in anderen Altersstufen. Die Zahl der Hospitalisierungen bei Kindern steigt ebenfalls – wenngleich sie immer noch deutlich niedriger ist als bei älteren Mitbürgern und Mitbürgerinnen.
Dabei sind die Kinder Experten zufolge nicht die Treiber dieser Pandemie. Auch die hohen Inzidenzen im Vergleich zum Rest der Bevölkerung sind wahrscheinlich eher darin begründet, dass nirgendwo so konsequent getestet wird wie an den Schulen. Sie bieten vielleicht einfach ein realistischeres Bild der tatsächlichen Gesamtinzidenz als die täglichen Meldungen ans RKI. Dennoch: Bei so hohen Inzidenzen ist eine Ansteckung für sehr viele Kinder statistisch gesehen nur eine Frage der Zeit.
Corona: Nachfrage nach Booster-Impfung steigt
Die hoffnungsvollen und unbeschwerten Sommertage sind lange vorbei. Nachdem die Zahl der Corona-Infektionen dramatisch gestiegen ist, sucht die Politik nach Lösungen.
© Quelle: dpa
Bleibt die Frage, wie schlimm das wirklich ist. Und auch hier ist die Datenlage unklarer als in anderen Altersgruppen. Über die Erwachsenen brauchen wir nun wirklich nicht mehr zu reden. Nie gab es bei einer Impfung eine so gigantische Datengrundlage wie bei der Corona-Impfung, die – sagen wir es mal, wie es ist – absolut eindeutig zeigt, dass der Nutzen der Impfung weit größer ist als der mögliche Schaden.
Bei den Jugendlichen wird es schon etwas uneindeutiger. Nicht nur, weil sie in ihrer Teilhabe am öffentlichen Leben weit größeren Risiken ausgesetzt sind als kleinere Kinder. Auch weil eine der am meisten beachteten schweren Nebenwirkungen von mRNA-Impfstoffen (vorwiegend bei Moderna), die Myokarditis – eine Herzmuskelentzündung – in dieser Altersgruppe gehäuft auftrat. Aber: Schon längst zeigen Studien, dass das Risiko für eine Myokarditis infolge einer Corona-Infektion deutlich höher ist als das Risiko nach einer Impfung.
Brasilien macht vor, wie die Impfung für Kinder überflüssig wird
Ebenfalls klar ist: Dort, wo die Impfquote unter Erwachsenen hoch genug ist, braucht es die Kinderimpfung gar nicht. Neuestes Positivbeispiel: ausgerechnet Brasilien. In den Ballungsräumen hat das Land mittlerweile eine Erstimpfquote von knapp 95 Prozent erreicht. Und gestern vermeldete die 6,7-Millionen-Einwohner-Stadt Rio de Janeiro (Metropolregion 13,3 Millionen) stolz, die öffentlichen Krankenhäuser seien völlig frei von stationären Covid-Patienten. Zur Karnevalszeit. Eine Impfung der Kinder braucht man unter diesen Umständen gar nicht erst zu diskutieren. Nicht zufällig forderten deutsche Kinderärzte gestern eine generelle Impfpflicht für Erwachsene. Aber das ist ein ganz eigenes Thema.
Etwas Zeit bleibt den Eltern noch für ihre Entscheidung. Denn es ist keineswegs gesagt, dass eine Empfehlung der EMA und ein politisches Votum pro Kinderimpfung eine Empfehlung der Stiko zur Folge haben werden. Diese wird das Für und Wider der Impfung, die Risiken einer Corona-Infektion und den gesellschaftlichen Nutzen einer Impfung bei Kindern, sorgsam abwägen, bevor sie eine Empfehlung ausspricht. Und Stiko-Chef Thomas Mertens kündigte im Interview mit meiner Kollegin Saskia Heinze bereits an, dass es dauern kann, bis diese Entscheidung fällt.
Und selbst wenn die Stiko-Empfehlung kommen sollte, ist es noch keineswegs gesagt, dass Eltern ihr folgen werden. Das zeigt ein Blick in die USA, wo die Impfung für Kinder bereits freigegeben ist und die vierte Welle in vielen Bundesstaaten ähnlich stark wütet wie in Deutschland. Dort verzichten zahlreiche Eltern auf die Impfung ihrer Kinder, wohl nicht zuletzt aus einem psychologischen Grund. Es ist eben doch etwas anderes, ob ein Virus – von außen kommend, unkontrollierbar – dem eigenen Kind schaden könnte oder ich eine aktive Entscheidung treffe, bei der mein Kind – so gering die Wahrscheinlichkeit auch sein mag – theoretisch Schaden erleiden könnte.
Zitat der Nacht
Ein roter SUV raste in der Innenstadt in unsere Weihnachtsparade und hat mehr als 20 Personen verwundet, es gibt einige Todesopfer.
Dan Thompson,
Polizeichef von Waukesha
Es sollte eine idyllische Vorweihnachtsfeier werden und endete in einem Albtraum. Ein Geländewagen steuert in eine Straßenparade in einer Kleinstadt im US-Bundesstaat Wisconsin. Die ersten Informationen der Polizei sind düster.
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Termine des Tages
Am Tag nach Totensonntag eröffnen heute in zahlreichen deutschen Städten die Weihnachtsmärkte – etwa in Berlin, Frankfurt (Main) oder Köln. Wegen der Corona-Pandemie gelten in diesem Jahr Auflagen, viele Veranstalter setzen auf die 2G-Regel.
In mehreren Bundesländern treten heute strengere Corona-Regeln in Kraft. In Baden-Württemberg gelten dann etwa in einzelnen Regionen nächtliche Ausgangssperren für Ungeimpfte. Im Nachbarland Österreich beginnt dagegen heute erneut ein Lockdown.
Auf der Suche nach einem neuen Parteivorsitzenden startet die CDU am Montag in die Vorstellungsphase der Kandidaten. Den Beginn macht ein live im Internet übertragener Auftritt von Friedrich Merz (18 Uhr). Braun will sich um 14.30 Uhr in einer Pressekonferenz zu seinen Vorstellungen für eine Neuaufstellung der Partei äußern. Merz und Röttgen haben dies schon getan.
Wer heute wichtig wird
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Die Ampelverhandlungen gehen in die Abschlussphase: SPD, Grüne und FDP werden voraussichtlich in dieser Woche und nach Informationen des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND) mutmaßlich in der ersten Wochenhälfte ihre Verhandlungen über die Bildung einer Ampelkoalition abschließen und einen Koalitionsvertrag präsentieren.
© Quelle: Kay Nietfeld/dpa
Der Podcast des Tages: Die Schulstunde
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Wir wünschen Ihnen einen guten Start in den Tag,
Ihr Paul Berten
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