Geschäft zwischen Berlin und Moskau entwickelt sich vom Röhrendeal zum Green Deal
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Mehr H2 für weniger CO2 - Grüner Wasserstoff könnte die Kohle der Zukunft werden. Möglichkeiten einer Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Russland lotet die 13. Rohstoff-Konferenz beider Länder aus.
© Quelle: Getty Images/iStockphoto
Berlin. Russland war 2020 nach Angaben der Deutschen Bank in Moskau größter Rohstoffproduzent weltweit.
Dabei ging es nicht nur um Erdöl, Erdgas und Kohle, sondern auch um Nickel, Graphit, Aluminium, Cobalt, Lithium und viele andere Bodenschätze.
Sogar beim Diamantenhandel legte Russland zu und stieg im vergangenen Jahr zum größten Verkäufer der Welt auf.
Riesiges Potenzial
Klaus-Dieter Maubach, Vorstandschef des Energiekonzerns Uniper (Düsseldorf), glaubt, dass das größte Flächenland der Erde auch das Zeug dazu hat, der weltweit größte Produzent von Wind- und Sonnenenergie zu werden. „Das Potenzial Russlands ist einfach riesig, schon aufgrund der Fläche“, sagte Maubach am Donnerstag auf der 13. Deutsch-Russischen Rohstoffkonferenz, die eigentlich in diesem Jahr in Leipzig stattfinden sollte, aber coronabedingt virtuell von Berlin aus gemanagt wird.
Großes Forum
Rund 1000 Teilnehmer aus Wirtschaft und Wissenschaft diskutieren drei Tage lang über die Kernthemen Wasserstoff, Sonne und Wind sowie eine CO₂-neutrale Industrieproduktion und loten dabei deutsch-russische Partnerschaften auf diesem Gebiet aus.
Uniper-Chef Maubach ist überzeugt, dass Deutschland und auch Europa seinen künftigen Bedarf an Wasserstoff als klimafreundlichen Energieträger nicht allein wird decken können, sondern auch hier auf Importe angewiesen ist. Da komme Russland eine tragende Rolle zu, sagte Maubach.
Projekt in Bad Lauchstädt
Ulf Heitmüller, Vorstandschef des Gashandelskonzerns VNG AG (Leipzig), erläuterte, dass sein Unternehmen in Bad Lauchstädt in Sachsen-Anhalt ein großes Wasserstoffprojekt aktiv vorantreibt. Dabei gehe es um die Produktion, die Speicherung und den Transport des grünen Energieträgers. Aber, so Heitmüller, das bedeute nicht, dass Gas bald keine Rolle mehr spielen würde.
Nach seiner Prognose wird der Bedarf an Erdgas bis 2035 sogar noch steigen, weil die Eigenproduktion in der EU massiv zurückgeht. Heitmüller wie auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und alle russischen Vertreter sprachen sich deshalb erneut für die Fertigstellung der umstrittenen Pipeline Nord Stream 2 durch die Ostsee aus, die jährlich 55 Milliarden Kubikmeter Erdgas von Russland nach Deutschland befördern soll.
Umstrittene Ostseepipeline: Weiterbau von Nord Stream 2 genehmigt
Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie hatte im Januar den Weiterbau der Ostseegaspipeline Nord Stream 2 in deutschen Gewässern genehmigt.
© Quelle: dpa
„40 Prozent des Gasbedarfs der EU kommen aus Russland“, sagte Kretschmer, „deshalb sollte Nord Stream 2 bald in Betrieb gehen.“ Russlands Botschafter in Berlin, Sergej Netschajew, ließ keinen Zweifel: „Das Projekt wird erfolgreich zu Ende gebracht.“ Darüber hinaus sei es wichtig, mit Russland über alternative Energiequellen zu sprechen, sagte Kretschmer. 80 Prozent der Fläche des Landes bestehe aus Wald, da sei ein unglaubliches Potenzial in Sachen erneuerbarer Energien.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) verwies auf das vom Bund 2020 beschlossene Milliardenprogramm zur Förderung von Wasserstoff. Mit 7 Milliarden fördert Deutschland den Einsatz des alternativen Energieträgers im eigenen Land, weitere 2 Milliarden sind für internationale Partnerschaften eingeplant, wozu Altmaier die russischen Konferenzteilnehmer ermunterte.
Das Ziel des Green Deal der EU, bis 2050 klimaneutral zu werden, sei auch eine Chance für die deutsch-russische Kooperation, sagte der Bundeswirtschaftsminister. Auch er betonte, dass der Ausstieg Deutschlands aus Kohle- und Atomstrom nicht ohne Erdgas zu machen sei und verwies auf die stabilen Lieferbeziehungen zu Russland, die vor 50 Jahren mit dem sogenannten Röhrendeal begannen.
Rohre gegen Erdgas
Damals lieferten deutsche Firmen Großröhren zum Pipelinebau, deutsche Banken stellten Kredite zur Verfügung und die damalige Sowjetunion lieferte den Rohstoff. „Bis heute wurden eine Trillion Kubikmeter Gas aus der Sowjetunion beziehungsweise aus Russland nach Deutschland geliefert, und es hat zu keiner Zeit Schwierigkeiten gegeben“, sagte der stellvertretende Ministerpräsident Russlands, Alexander Nowak.
Er berichtete, dass sein Land eine Roadmap zur Herstellung von Wasserstoffenergie erstellt hat und bereit sei, dazu mit Deutschland in den „technologischen Dialog“ zu treten. „Wir sind offen für eine gute Partnerschaft.“
Klimawende nur global
Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) unterstrich, dass es beim Klimaschutz um eine globale Klimawende gehe. Das erfordere die Zusammenarbeit der Globalplayer China, Russland, EU und USA. Der CO₂-Ausstoß müsse weltweit gesenkt werden, Afrika dürfe nicht zum Kontinent der Kohle werden. Dabei müssten Europa und Russland zusammenarbeiten, Russland sei der zentrale Partner für Energie und Rohstoffe in diesem Prozess.
Russlands Industrieminister Denis Manturow sagte, man orientiere sich künftig verstärkt auf den „grünen Transport“. Es gehe um Fahrzeuge mit alternativen Antrieben wie Wasserstoff, Elektroenergie und Erdgas. Dabei könne Deutschland mit seiner technologischen Kompetenz ein guter Partner sein.
In den nächsten zwei bis drei Jahren werde Russland das gesamte Spektrum der Wasserstoffherstellung massiv ausbauen – bis hin zu Aluminiumzisternen für die Speicherung von Wasserstoff oder Gasturbinen, die mit einem Metan-Wasserstoff-Gemisch arbeiten.