Wie weiter umgehen mit China?
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/LY2BSCYZQBC5BLDQI7VIGMIE6Q.jpeg)
Xi Jinping (rechts), Präsident von China, empfängt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in der Osthalle der Großen Halle des Volkes.
© Quelle: Kay Nietfeld/dpa Pool/dpa
Berlin. Die Hauptpersonen waren nicht da. Als der Bundestag am Donnerstag über die künftige deutsche China-Strategie debattierte, fehlte Kanzler Olaf Scholz (SPD) ebenso wie Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne). Dabei hatten sie die Debatte erst ausgelöst. Scholz, indem er eine Beteiligung des chinesischen Unternehmens Cosco an einem Terminal des Hamburger Hafens durchdrückte und bald darauf das Reich der Mitte persönlich aufsuchte – Baerbock, indem sie demonstrativ auf mehr Distanz zu China drängte.
Im Parlament herrschte derweil im Grundsatz große Einigkeit – wenn man von AfD und Linkspartei absieht. Allerdings wurden die Akzente in der Debatte unterschiedlich gesetzt.
CDU-Politiker Wadephul: China de facto eine Diktatur
Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Johann Wadephul, sagte, dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping seien mittlerweile alle Mittel recht, um die eigenen ökonomischen und politischen Ziele zu erreichen. Auch seien die Menschenrechtsverletzungen etwa im Umgang mit den Uiguren offenkundig, von denen eine Million in Umerziehungslagern leben sollen.
Nachdem Xi sich entgegen den Gepflogenheiten zum dritten Mal zum Generalsekretär der Kommunistischen Partei hatte wählen lassen und das Prinzip der kollektiven Führung damit endgültig aushebelte, sei China de facto eine Diktatur, so Wadephul. Dennoch habe Scholz bei seiner Visite nach der Devise gehandelt: „Ich bin der erste, der dem Diktator die Hand schüttelt.“ Das sei ein schwerer außenpolitischer Fehler. Auch sei längst bekannt, dass Xi den Einsatz von Atomwaffen durch Russland ablehne; für die Versicherung hätte es der China-Reise nicht bedurft.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/EZHJQQG67RD4LOGG3ATC7MQUTQ.jpg)
Hauptstadt-Radar
Der Newsletter mit persönlichen Eindrücken und Hintergründen aus dem Regierungsviertel. Immer dienstags, donnerstags und samstags.
Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der Werbevereinbarung zu.
Mit Blick auf den Zwist in der Ampelkoalition sagte der CDU-Politiker: „Es ist überhaupt nicht erkennbar, was Ihre gemeinsame Position ist.“ Tatsächlich hatten sich insgesamt sechs Ministerien gegen eine Beteiligung von Cosco an dem Hafenterminal gewandt. Wadephul kommentierte das mit den Worten: „Es ist zum außenpolitischen Fremdschämen, was Sie hier abliefern.“
SPD-Politiker Müller: Abhängigkeiten reduzieren und neue Handelspartner suchen
Sein SPD-Counterpart Michael Müller betonte auch: „Es kann kein ‚Weiter so‘ geben.“ Man müsse Abhängigkeiten reduzieren und neue Handelspartner suchen. Das China von heute sei ein anderes China als das vor 15 Jahren. Dennoch sei Scholz’ Peking-Reise richtig gewesen, befand Müller. Er sei dort zudem viel deutlicher aufgetreten als seine Vorgängerin Angela Merkel, die mehr als ein Dutzend Mal im Land war. „Wir brauchen an dieser Stelle von der Union keinen Nachhilfeunterricht“, unterstrich der Sozialdemokrat. Seine Quintessenz lautete, China werde kein einfacher Partner, aber ein wichtiger Partner bleiben.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/LY2BSCYZQBC5BLDQI7VIGMIE6Q.jpeg)
Scholz, Xi – und eine Botschaft an Putin
Der Bundeskanzler trägt in China eine ganze Liste von Kritikpunkten vor. Kein leichter Gang für einen Antrittsbesuch. Staatspräsident Xi lässt Scholz aber überraschend eine wichtige Botschaft verkünden. Der kriegführende Kremlchef Putin sollte genau hinhören.
Die grüne Vizefraktionschefin Agnieszka Brugger trat da schärfer auf. „Die Fehler der Russland-Politik müssen uns allen eine Lehre sein“, sagte sie und monierte, dass China durch eigene Besitzansprüche für eine Eskalation im südchinesischen Meer sorge und den „Schulterschluss mit dem Kriegsverbrecher“ Wladimir Putin suche. Dabei dürfe es bei einer bloß verbalen Ablehnung des Einsatzes russischer Atomwaffen nicht bleiben. Das Land müsse seinen Worten im Weltsicherheitsrat der Vereinten Nationen vielmehr Taten folgen lassen.
Grüne: „Eine offene Marktwirtschaft ist keine naive Marktwirtschaft“
Ökonomisch muss nach Meinung der Grünen gelten: „Eine offene Marktwirtschaft ist keine naive Marktwirtschaft.“ Damit griff sie ein Wort des grünen Vizekanzlers und Bundeswirtschaftsministers Robert Habeck auf. Dieser hatte zuvor den Verkauf der Chipfertigung des Dortmunder Unternehmens Elmos an einen chinesischen Investor untersagt.
FDP-Fraktionsgeschäftsführer Johannes Vogel attackierte schließlich die Union. Sie habe ja selbst dazu gedrängt werden müssen, den chinesischen Tech-Konzern Huawei aus dem 5G-Netz herauszuhalten. Im Übrigen regiere Xi Jinping nicht erst seit gestern, sondern seit 2012.
Neben dem AfD-Abgeordneten Petr Bystron warnte vor allem Linksfraktionschefin Amira Mohamed Ali vor den wirtschaftlichen Gefahren einer Konfrontation mit China und kritisierte, dass Baerbock das Land einen „systemischen Rivalen“ genannt hatte. Das sei „Kalte-Kriegs-Rhetorik“. Der Außenministerin kam das wie alles andere nicht zu Ohren.