Deutsche Welle trennt sich nach Antisemitismus-Vorwürfen von fünf Mitarbeitern

„Wir reden hier von punktuellen Fehlaussagen, aber nicht über strukturellen Antisemitismus in der arabischen Redaktion“, sagt ein Gutachter.

„Wir reden hier von punktuellen Fehlaussagen, aber nicht über strukturellen Antisemitismus in der arabischen Redaktion“, sagt ein Gutachter.

Bonn. Die Deutsche Welle (DW) hat erste Konsequenzen nach den Antisemitismus-Vorwürfen gegen Mitarbeiter ihrer arabischen Redaktion gezogen: Als Ergebnis einer unabhängigen Untersuchung, die am Montag in Bonn vorgestellt wurde, habe der Sender ein Trennungsverfahren gegen fünf feste und freie Mitarbeiter eingeleitet, erklärte Intendant Peter Limbourg. Acht weitere Verdachtsfälle würden als Ergebnis der Untersuchung geprüft sowie drei weitere, die die DW selbst ermittelt habe.

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Von Mitte Dezember bis Ende Januar hatten die ehemalige Bundesjustizministerin und amtierende Antisemitismus-Beauftragte von Nordrhein-Westfalen, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, und der israelisch-deutsche Psychologe Ahmad Mansour im Zusammenhang mit den Vorwürfen ermittelt.

Mitglieder und Mitarbeiter der arabischen Redaktion hatten sich auf privaten Accounts in sozialen Medien und in Textbeiträgen für andere Medien teils antisemitisch geäußert. Ein Redaktionsmitglied nannte den Holocaust ein „künstliches Produkt“, eine Kollegin von ihm hatte in Zusammenhang mit Israel von einem „Krebs“ geschrieben, der herausgeschnitten werden müsse.

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Gutachten sieht keinen strukturellen Antisemitismus

„Die gesamte arabische Redaktion kann nicht mit dem Vorwurf des strukturellen Antisemitismus belegt werden“, bilanzierte Leutheusser-Schnarrenberger. Die antisemitischen Äußerungen in den sozialen Medien seien unabhängig von der Arbeit der Redaktion erfolgt.

In Teilen der arabischen Redaktion gebe es aber kein Vertrauen in die Führung. Sie sprach sich für die Einrichtung eines DW-Wertebeauftragten aus, um durch Qualifikationen für das Thema zu sensibilisieren. Der Zentralrat der Juden forderte die zügige Umsetzung der Maßnahmen.

„Wir reden hier von punktuellen Fehlaussagen, aber nicht über strukturellen Antisemitismus in der arabischen Redaktion“, machte auch Mansour deutlich. Im Verlauf der Gespräche mit 30 der insgesamt 200 Mitarbeiter der arabischen Redaktion sei aber der Eindruck entstanden, dass die Redaktion bei dem Thema „zutiefst gespalten“ sei. Notwendig seien daher klare Richtlinien für die arabischen DW-Partner, in denen das Existenzrecht Israels und die Anerkennung des Holocaust deutlich und klar formuliert werde.

Intendant Limbourg: „Es tut mir aufrichtig leid“

Eine entsprechende Antisemitismus-Definition will die DW nach Worten von Intendant Limbourg nun einführen und an die Mitarbeiter vermitteln. Ein damit verbundener Verhaltenskodex der Mitarbeiter solle zudem Teil der Arbeitsverträge werden. Das Angebot des Leiters der arabischen Redaktion, seine Arbeit zu beenden, habe man angenommen.

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Limbourg bekräftige sein Bedauern über die Vorfälle: „Es tut mir und der Geschäftsleitung aufrichtig leid, dass wir in dieser Situation sind.“ Allein der Verdacht, dass es in einer steuerfinanzierten deutschen Einrichtung Antisemitismus gebe, sei unerträglich.

Der Zentralrat der Juden erklärte, das Gutachten zeige, dass viele der öffentlichen Vorwürfe berechtigt gewesen seien. „Als öffentlich-rechtlicher Sender trägt die Deutsche Welle daher die Verantwortung, weitere Konsequenzen aus den Vorfällen zu ziehen“, teilte er mit.

Präsident Josef Schuster betonte, dass nun „rasch die Empfehlungen der Gutachter“ umgesetzt werden sollten. „In einem Vierteljahr sollte die Deutsche Welle einen ersten Bericht vorlegen, der über die getroffenen Maßnahmen Auskunft gibt“, sagte er. „Gebührenfinanzierten Israel-Hass und Antisemitismus in den Medien darf es nicht geben.“

Auch Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) unterstrich die besondere Rolle der Deutschen Welle: „Die DW hat in ihren Sendungen die Würde des Menschen zu achten und zu schützen.“ Zentrale Aufgabe von Intendanz und Geschäftsleitung sei es nun, strukturelle Maßnahmen für Vertrieb, Programm, Akademie und Personalmanagement vorzuschlagen, erklärte sie.

RND/epd

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