Der Knall im Haus von Konrad Adenauer

Armin Laschet hat am 7. Oktober 2021 ein Pressestatement im Konrad-Adenauer-Haus gegeben, das, so kann man es wohl sagen, für einen heftigen Knall gesorgt hat.

Armin Laschet hat am 7. Oktober 2021 ein Pressestatement im Konrad-Adenauer-Haus gegeben, das, so kann man es wohl sagen, für einen heftigen Knall gesorgt hat.

Liebe Leserin, lieber Leser,

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nach so einem Knall wie am Donnerstagabend im Konrad-Adenauer-Haus müssen sich die Einzelteile erst wieder zusammensetzen. Armin Laschet macht nicht einmal zehn Monate nach seiner Wahl zum Parteivorsitzenden den Weg für einen Neuanfang frei. Nachdem seine Vorgängerin Annegret Kramp-Karrenbauer es auch nur auf 25 Monate gebracht hat.

Helmut Kohl war 25 Jahre im Amt und Angela Merkel 18 Jahre. Aber das war gestern. Die SPD freut sich jedenfalls, dass die Christdemokraten sich etwas von ihr abgeguckt haben, was sie nie gebrauchen konnten, was überhaupt keine Partei gebrauchen kann: die Zermürbung ihrer Vorsitzenden.

Nun gehören dazu immer zwei: die, die am Stuhl sägen, und die, die am Stuhl sägen lassen. Merkel hat immer all jene schnell auf Abstand gehalten, die auch nur in die Nähe ihres Sessels kamen. Friedrich Merz ist einer davon. Der Mann ist bis heute traumatisiert. CDU-Mitglieder berichten, man könne sich stundenlang mit ihm toll unterhalten und am Ende komme immer die Leier mit Merkel und wie fies sie damals gewesen sei. Und wie sie 2018 versagt habe, als sie sich zwar vom Parteivorsitz, nicht aber als Kanzlerin zurückgezogen habe.

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Was ein verwegener Vorwurf ist, weil es unterschlägt, dass die SPD keinesfalls nach der mühseligen Bildung der großen Koalition als Erstes einem Nachfolger oder einer Nachfolgerin von Merkel ins Kanzleramt verholfen hätte. Eher hätten die Sozialdemokraten die Regierung platzen lassen, als der CDU für 2021 den Amtsbonus zu sichern. Es ist jetzt übrigens 19 Jahre her, dass Merkel am Stuhl von Merz sägte und ihn als Bundestags­fraktionschef ablöste. Er hat es nicht verwunden.

Gute Miene zum bösen Spiel: 2002 verlor Friedrich Merz den Fraktionsvorsitz an Angela Merkel.

Gute Miene zum bösen Spiel: 2002 verlor Friedrich Merz den Fraktionsvorsitz an Angela Merkel.

Laschet will keine Reibereien

Laschet versucht (fast) immer, alle zu umarmen. Gerade Friedrich Merz, der selbst gern Parteichef sein möchte. Auch Jens Spahn, der ebenfalls gern Parteichef sein möchte, und letztlich hätte Laschet mit CSU-Chef Markus Söder gern einen Nichtangriffspakt geschlossen. Sein Lebensziel sei Versöhnung und Geschlossenheit, sagt der Rheinländer. Seine Widersacher sind mehr für das Machtprinzip „teilen und herrschen“.

Das Entscheidende ist aber wie in jedem anderen Beruf auch die Kompetenz. Die Führung einer Volkspartei mit 400.000 Mitgliedern und eines Wahlkampfs 2021, während man nebenbei noch das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen regieren muss, ist eine Herkulesaufgabe. Da kann Armin Laschet als Mensch noch so nett und versöhnlich sein. Sympathie zählt da nicht. Sonst wäre Markus Söder auch kaum Ministerpräsident von Bayern, wenn man das an dieser Stelle mal etwas flapsig anmerken darf.

Kleiner Beleg gefällig? Am Mittwoch stellt sich der CSU-Chef gut ausgeleuchtet in der Parteizentrale in München vor die Kameras und beerdigt de facto mögliche Jamaika-Verhandlungen. Erstes Ziel: Laschet darf nicht Kanzler werden. Zweites Ziel: Chancen in Bayern für die Landtagswahl 2023 durch Aggressions­potenzial gegen eine Ampel im Bund verbessern. Drittes Ziel: Nach Wahlsieg in Bayern neuen Anlauf für die Kanzlerkandidatur der Union 2025 unternehmen.

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Söder: Ampelkoalition ist jetzt „die klare Nummer eins“
dpatopbilder - 06.10.2021, Bayern, M��nchen: Markus S��der, CSU-Parteivorsitzender und Ministerpr��sident von Bayern, gibt in der CSU-Landesleitung ein Pressestatement zu den Ergebnissen der Vorsondierungen nach der Bundestagswahl. Foto: Peter Kneffel/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

CSU-Chef Markus Söder sieht eine „De-facto-Absage“ an eine sogenannten Jamaika-Koalition durch Grüne und FDP.

Nun hat Söder von seinem Vorgänger Horst Seehofer gelernt, über den nicht geistreich, aber lustig gedichtet wurde: Geh’ ich einmal um den Stachus rum, dreh’ ich dreimal meine Meinung rum.“ Der schöne Karlsplatz im Zentrum von München lädt so richtig zum Flanieren ein. Nach Laschets angekündigtem Rückzug auf Raten sagt Söder dies: Scheitert die Ampel, stehen „wir“ selbstverständlich für Jamaika-Gespräche zur Verfügung. Unter „wir“ dürfte Söder erst einmal sich verstehen, jedenfalls nicht Laschet.

Für dessen Nachfolge laufen sich nun – wieder – warm: Friedrich Merz und Jens Spahn. Die alte und die junge Generation der CDU. Es ist schade, dass Gespräche mit Politikern manchmal nur „unter drei“ geführt werden können. Dieses Formel besagt, dass daraus nicht zitiert werden darf. Dabei ist genau das am spannendsten. „Unter zwei“ lässt wieder etwas Luft. Man darf es weitergeben, aber nicht sagen, von wem man es hat. Deshalb hier ein paar Stichworte aus CDU-Binnensicht:

Es gibt keine breit akzeptierte Führungsfigur. Die Kluft zwischen Parteimitgliedschaft und Wählerschaft ist groß: Die CDU ist deutlich männlicher und konservativer. Sollte die Parteibasis den nächsten Vorsitzenden bestimmen, sagt das noch nichts über den Rückhalt in der Bevölkerung aus. Das Merz-Lager dringt auf Abrechnung mit Merkels Politik. Eine Distanzierung von ihrer Kanzlerschaft wäre der endgültige Niedergang. Laschets Niedergang ist tragisch. Die Stimmung ist schlecht. Das ist nicht schlimm. Die Lage ist schlecht – das ist schlimm.

 

Machtpoker

Das wird diesmal sicherlich schneller gehen als bei der letzten Regierungsbildung.

Angela Merkel,

Bundeskanzlerin

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Angela Merkel pokert nicht mehr um die Macht, sondern eher um die Abgabe ihrer Macht. Und offensichtlich setzt sie auf eine Ampel. Dem SPD-Kanzler­kandidaten, ihrem Finanzminister Olaf Scholz, hatte sie schon zum Wahlsieg gratuliert, als sich CDU-Chef Armin Laschet in der Öffentlichkeit davor noch scheute und vom CSU-Vorsitzenden Markus Söder dafür gerügt wurde. Söder schickte Scholz aber auch erst zwei Tage nach der Wahl einen Glückwunsch hinterher.

Und als Merkel am Donnerstag bei ihrem Treffen mit Italiens Ministerpräsident Mario Draghi eine Frage zur internationalen Finanzpolitik beantworten sollte, sagte sie: „Ich bin ja aber auch nicht die Sprecherin von Olaf Scholz. Er wird Gelegenheit haben, in der neuen Koalitions­vereinbarung, vielleicht, wenn die Verhandlungen zum Erfolg führen, sich dazu zu äußern.“

Bundeskanzlerin Angela Merkel setzt auf eine schnelle Regierungsbildung.

Bundeskanzlerin Angela Merkel setzt auf eine schnelle Regierungsbildung.

Damit die Regierungsbildung diesmal schneller geht, müsste vermieden werden, dass erst Ampelverhandlungen scheitern und dann über Jamaika unter Unionsführung gesprochen wird. Angela Merkel möchte gehen. Und zwar bald. Die Botschaft der Christdemokratin: Der SPD-Mann wird übernehmen.

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Wie unsere Leserinnen und Leser auf die Lage schauen:

Hans-Georg Möller aus Wunstorf zum Bericht von Markus Decker über die FDP nach der Wahl:

„Erstens: Ich halte es für natürlich, dass die Wähler immer mal wieder einen Wechsel in der Politik wollen. Da die FDP mit keiner anderen Partei verheiratet ist, hat sie mehrmals diesen Wechsel herbeigeführt. Durch den Wechsel der jeweiligen Koalition hat sie dafür gesorgt, dass das Pendel nie zu weit ausschlug. Insofern war sie meines Erachtens nicht das Zünglein an der Waage.

So halte ich es nicht nur für legitim, sondern für dringend erforderlich, dass die beiden Parteien Grüne und FDP genau überprüfen und überlegen, mit wem sie die neue Regierung bilden wollen. Insgesamt ist aber auch dies ein Lehrbeispiel dafür, wie die Presse mit einem unüberlegten, aber medienwirksamen negativen Schlagwort eine Partei abstempeln kann.“

SPD, FDP und Grüne: Erste Sondierung für Ampelkoalition hat begonnen
Eine Regierung aus den Ampelfarben? Olaf Scholz (links) bekam mit der SPD bei der Bundestagswahl die meisten Stimmen und d��rfte in den kommenden Tagen mit Christian Lindner (FDP, Mitte) und Annalena Baerbock (Gr��ne, rechts) Koalitionsverhandlungen f��hren.

Rot-Grün-Gelb gilt derzeit als wahrscheinlichste Option nach der Bundestagswahl vor knapp zwei Wochen.

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Georg Streubel aus Rheurdt zu den Gesprächen der Parteien über die Regierungsbildung:

„Das, was die Parteien inszenieren, ist wieder einmal geprägt von unsäglichen Eitelkeiten, auffälligem Karrierestreben, Rücksichtslosigkeit, Banalitäten und wenig zielführendem Gesabbel. (…) Sollte es tatsächlich noch Mitbürger geben, die davon ausgehen, ein Dreierbündnis, wie auch immer es sich zusammenrauft, wird die Probleme dieses Landes lösen, kann sich sehr schnell auf dem Boden der Realitäten wiederfinden.

Welche Konstellation auch immer demnächst die Geschicke des Landes anführen wird, kann die Realitäten nicht ausblenden. Ob genügend Verbiegungspotenzial vorhanden sein wird, wird eine ganz entscheidende Frage sein und werden. Die Sollbruchstellen eines solchen Konstruktes werden gnadenlos und ganz schnell erkennbar. Ach ja, es gibt ja noch die Bürger, die das Gewusel akzeptieren müssen.“

Herbert Löcher zum Interview mit dem Politologen Moritz Kirchner über die Union:

„In Ihrem Gespräch mit Herrn Kirchner stellen Sie die Frage: ‚Welche Spuren hinterlässt es in der Bevölkerung, wenn man als Zweitplatzierter Chef vom Ganzen werden will?‘ Nun, ich denke, die gleichen Spuren wie in den Jahren 1969, 1976 und 1980, als die Herren Brandt und Schmidt als Zweitplatzierte den Kanzler stellten.“

 

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Das Autorenteam dieses Newsletters meldet sich am Dienstag wieder. Dann berichtet mein Kollege Markus Decker. Bis dahin!

Herzlich

Kristina Dunz

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