NS-Geschichte

Der Handschlag zwischen Hitler und Ludwig: ein Foto und die Geschichte dahinter

Am 21. März 1933 geben sich Adolf Hitler und Paul von Hindenburg vor der Potsdamer Garnisonkirche die Hand. Das Bild des New-York-Times-Fotografen Theo Eisenhart geht um die Welt, macht Geschichte und steht noch heute wie kein anderes für die symbolische Machtübernahme der Nationalsozialisten.

Am 21. März 1933 geben sich Adolf Hitler und Paul von Hindenburg vor der Potsdamer Garnisonkirche die Hand. Das Bild des New-York-Times-Fotografen Theo Eisenhart geht um die Welt, macht Geschichte und steht noch heute wie kein anderes für die symbolische Machtübernahme der Nationalsozialisten.

Potsdam. Das Foto ging um die Welt. Reichspräsident Paul Ludwig von Hindenburg und Reichskanzler Adolf Hitler reichen sich beim Tag von Potsdam am 21. März 1933 die Hand. Es ist ein irritierendes Bild. Es symbolisiert einerseits das Bündnis des konservativ-bürgerlichen Lagers in der Weimarer Republik mit den Rechtsradikalen. Der in preußischer Generalfeldmarschallsuniform gekleidete Hindenburg stand Hitler im bürgerlichem Gehrock gegenüber. Andererseits zeigt es den Nazi-Führer in einer nahezu demütigen Geste, der kleine 43-jährige Hitler leicht gebeugt, fast unterwürfig vor dem 85-jährigen mächtigen Militär.

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Ein Schnappschuss der New York Times

Trotzdem galt der Handschlag von Potsdam lange Zeit als raffinierte Inszenierung der Nazis und ein Meisterstück von Hitlers Propaganda-Minister Joseph Goebbels. Das Datum perfekt gewählt. Am 21. März 1871 war der erste Reichstag des Kaiserreichs eröffnet worden. Der Ort: eine Kirche als Ersatz für den Ende Februar abgebrannten Reichstag in Berlin.

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Doch von Inszenierung kann bei den Handschlag keine Rede sein. Denn das Bild zeigt in Wirklichkeit etwas anderes als es angeblich darstellte. Hitler und Hindenburg hatten sich zwar in der Potsdamer Garnisonkirche beim Staatsakt zur Eröffnung des Reichstages die Hand gegeben. Doch dort galt ein Fotografierverbot. Das später weltberühmt gewordene Foto ist ein Schnappschuss des New-York-Times-Fotografen Theo Eisenhart bei der Verabschiedung der beiden vor der Garnisonkirche.

Goebbels angeblich so perfekte Inszenierung des Tages von Potsdam gehört ohnehin eher ins Reich der Legenden. Der Propaganda-Chef der Nazis war erst acht Tage zuvor zum „Reichsminister für Volksaufklärung“ ernannt worden und konnte im Vorfeld der Veranstaltung nicht mehr all zu viel reißen. So sorgte er lediglich noch dafür, dass in den Straße von Potsdam Einheiten von Reichswehr, preußischer Schutzpolizei, SA, SS und Hitlerjugend aufmarschierten.

Foto lässt Chaos erahnen

Derweil muss im Hintergrund der Veranstaltung, an der Teile der Hohenzollernfamilie, darunter August Wilhelm in SA-Uniform, teilnahmen, ein ziemliches Durcheinander geherrscht haben. Daran waren Hitler und Goebbels beteiligt. Anstatt sich an das verabredet Protokoll zu halten, waren sie zu den Auftaktveranstaltungen in der Nikolaikirche und der katholischen Peter-und-Paul-Kirche gar nicht erschienen, sondern besuchten noch Gräber von SA-Männern auf dem Berliner Luisenstädtischen Friedhof.

Vorbild für die AfD

Der ikonische Charakter des Fotos vom Handschlag von Potsdam muss auch Björn Höcke, dem Rechtsaußen der AfD klar gewesen sein

Nachdem am 5.Februar 2020 der FDP-Politiker Thomas Kemmerich im dritten Wahlgang gemeinsam von FDP, CDU und AfD mit nur einer Stimme Mehrheit zum Ministerpräsidenten gewählt worden war, gratulierte Höcke dem Wahlsieger mit gesenktem Haupt.

Kemmerich, der die Wahl zunächst angenommen hatte, trat nach bundesweiten Protesten über Parteigrenzen hinweg, nach zwei Tagen wieder zurück.

Der ungarische Fotograf Martin Munkáscsi hat die Stimmung am Rande des Potsdamer Politspektakels auf einem Bild für die „Berliner Illustrierte Zeitung“ festgehalten. Es zeigt einen ziemlich orientierungslos dahinstapfenden Hitler, dem ein Mann mit Zylinder den Weg weist und einen sehr besorgt dreinblickenden Goebbels im Hintergrund.

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Foto von Martin Munkásci in der „Berliner Illustrierten Zeitung“: Die Mitglieder der Reichsregierung am Tag von Potsdam auf dem Wege zur Potsdamer Garnisonkirche. Reichskanzler Adolf Hitler, ganz links Joseph Goebbels.

Foto von Martin Munkásci in der „Berliner Illustrierten Zeitung“: Die Mitglieder der Reichsregierung am Tag von Potsdam auf dem Wege zur Potsdamer Garnisonkirche. Reichskanzler Adolf Hitler, ganz links Joseph Goebbels.

Nach Ansicht von Martin Sabrow, langjähriger Direktor des Potsdamer Zentrums für zeithistorische Forschung, war der Tag von Potsdam aus der Perspektive der Nazis ziemlich schief gelaufen. Das Bild vom Handschlag wurde wegen der unterwürfigen Geste Hitlers als eher peinlich bewertet. Seine Symbolkraft erlangte es erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Dabei habe es vor allem der Selbstentlastung gedient. Das Bild sollte quasi belegen, wie die deutsche Bevölkerung hinters Licht geführt wurde. Doch immerhin 43,9 Prozent der Wähler hatten bei den Reichstagswahlen am 5. März die NSDAP gewählt.

Nach Empörung über Lawrow: Putin entschuldigt sich für Hitler-Vergleich
MOSCOW, RUSSIA - MAY 5, 2022: Russia s President Vladimir Putin attends a meeting with Znanie Society CEO Maxim Dreval at the Moscow Kremlin. Mikhail Klimentyev/Russian Presidential Press and Information Office/TASS PUBLICATIONxINxGERxAUTxONLY TS12FB3F

Lawrow hatte in einem Interview im italienischen Fernsehen zum Krieg in der Ukraine in Israel und auch in anderen Ländern für Empörung gesorgt.

Erstes KZ am Tag von Potsdam

Hitler sprach in seiner Rede in der Garnisonkirche freilich beschönigend von einer Mehrheit für die „Bewegung der nationalen Erhebung“, hielt eine Lobrede auf den Reichspräsidenten und kündigte zugleich an, „diejenigen unschädlich zu machen, die dem Volke zu schaden versuchen“. Was er damit meinte, wurde der politischen Opposition schon bald klar. Noch am Nachmittag des 21. März 1933 konstituierte sich der neue Reichstag in der Berliner Kroll-Oper und verabschiedete erste Verordnungen.

Zwei Tage später tagte das Parlament ohne die Abgeordneten der KPD. Auch die Spitze der Sozialdemokraten fehlte. Sie saßen bereits im Konzentrationslager. In Oranienburg war am Tag von Potsdam von der lokalen SA-Standarte 208 das erste staatliche KZ eingerichtet worden.

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Dieser Artikel erschien zuerst in der „Märkischen Allgemeinen Zeitung“.

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