Wahlprogramm der SPD zur Bundestagswahl 2021 – das steht drin
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SPD-Kanzlerkandidat, Finanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz.
© Quelle: imago images/photothek
Berlin. Der Wahlkampf ist in seine heiße Phase eingetreten. Die Spitzenkandidaten der großen Parteien reisen durch die Lande, um für sich und ihre Partei zu werben, und absolvieren einen TV-Auftritt nach dem nächsten. Aber wofür stehen die Parteien eigentlich? Was wollen sie für ihre Wähler erreichen? Wir haben die Wahlprogramme durchsucht und stellen hier die Aspekte zu wichtigen Themen wie Verkehr, Steuern oder Migration vor. Hier schauen wir ins Wahlprogramm der SPD.
Verkehr
Autoverkehr: Die SPD plant ein Tempolimit von 130 Stundenkilometern auf allen Autobahnen. Der Autoverkehr soll möglichst wenig Emissionen verursachen, 2030 sollen mindestens 15 Millionen Pkw in Deutschland voll elektrisch fahren, das „Stromtanken soll so einfach wie bisher das Tanken von Benzin und Diesel“ werden.
Bahnverkehr: Die SPD will „schnell” einen Deutschlandtakt umsetzen und einen Europatakt aufbauen. Das Schienennetz soll ausgebaut werden, der Lärmschutz verbessert, die Bahnhöfe attraktiver werden. Alle Großstädte sollen wieder ans Fernverkehrsnetz angeschlossen werden, es soll „neue schnelle Zug- und Nachtzugverbindungen in unsere Nachbarländer“ geben. Die Deutsche Bahn AG soll als integrierter Konzern im Staatsbesitz bleiben und sich an „gemeinwohlorientierten Zielen“ ausrichten.
Flugverkehr: Die SPD will Bahnfahren „innereuropäisch günstiger und attraktiver als Fliegen“ machen.
ÖPNV: Die SPD will in Zusammenarbeit mit Ländern und Kommunen eine „Mobilitätsgarantie“ umsetzen. „Jede*r Bürger*in – in der Stadt und auf dem Land – soll einen wohnortnahen Anschluss an den öffentlichen Verkehr haben“, fordert die SPD. Dazu sollen auch digital basierte Angebote genutzt werden.
Flucht und Migration
Die Sozialdemokraten betonen, Migration habe die deutsche Gesellschaft reicher gemacht. Integration sei eine permanente gesellschaftliche und staatliche Aufgabe. Die SPD will deshalb „allen Menschen, die neu zu uns kommen, den Anspruch auf Integrations- und Beteiligungsangebote“ wie Sprachkurse gewährleisten.
Um die Integration zu verbessern, will die SPD mehr Asylbewerbern den Familiennachzug ermöglichen. Gut integrierten Menschen ohne gesicherten Aufenthalt soll ein dauerhaftes Bleiberecht ermöglicht werden. Die SPD will Hürden für Einbürgerungen abbauen und mehr doppelte Staatsbürgerschaften erlauben.
Auch die SPD fordert in der Asylpolitik mehr europäische Zusammenarbeit und eine Reform der Lastenverteilung. Die Sozialdemokraten sprechen sich gegen Zurückdrängungen von Migranten etwa auf dem Mittelmeer aus und betonen eine Pflicht zur Seenotrettung.
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Klimaschutz und Energiebonus
Die SPD sieht die „Zukunftsmission ‚klimaneutrales Deutschland’“ als Jobmotor. „Unsere Industrie ist auf den Weltmärkten weiterhin führend, gerade weil sie CO₂-neutral produziert und Technologien exportiert, die die klimaneutrale Welt von morgen braucht. So sichern wir die Arbeitsplätze für die Zukunft und erreichen gleichzeitig unsere ökologischen Ziele.“
Erneuerbarer Strom soll künftig in allen Sektoren eingesetzt werden. Ansonsten soll mit Wasserstoff aus erneuerbaren Energien gearbeitet werden. „Ohne sauberen Wasserstoff in großindustriell hergestelltem Maßstab ist Klimaneutralität nicht zu erreichen.“
Die EEG-Umlage in der bestehenden Form soll bis 2025 abgeschafft und aus dem Bundeshaushalt finanziert werden, dem dafür Einnahmen aus der CO₂-Bepreisung zufließen.
Um den Anstieg des CO₂-Preises sozial gerecht zu gestalten, will die SPD den Pro-Kopf-Bonus prüfen.
Rente
„Wir wollen die gesetzliche Rente stärken und stehen für eine dauerhaft stabile Rentenleistung und ein dauerhaftes Rentenniveau von mindestens 48 Prozent“, heißt es im Wahlprogramm der SPD – eine Festlegung, die ein deutlicher Unterschied zur Union ist.
Diese Haltelinie beim Rentenniveau wird, auch wenn das im SPD-Programm nicht ausgeführt ist, höhere Beiträge und zusätzliche Steuermittel für die Rente erfordern.
Eine Erhöhung des Renteneintrittsalters lehnt die SPD ab. Langjährige Pflege von Eltern, Schwiegereltern oder anderen Familienmitgliedern soll besser bei der Rente berücksichtigt werden.
Die Sozialdemokraten fordern, dass auch Selbstständige, Beamte, freie Berufe und Parlamentarier in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen sollen. Sondersysteme gelte es auf lange Sicht zu überwinden.
Parteiencheck vor der Bundestagswahl: Die Grünen
Die Bundestagswahl steht an: Wir geben einen Überblick über das Parteiprogramm der Grünen für die kommende Wahl am 26. September.
© Quelle: RND
Außen- und Verteidigungspolitik
Die SPD fasst den Begriff der äußeren Sicherheit unter der Überschrift „Frieden sichern“ sehr weit und listet darunter auch den Kampf gegen Klimawandel und für fairen Handel. Rund ein Drittel der Entwicklungshilfe, genauer gesagt 0,2 Prozent des Bruttonationaleinkommens, soll für die ärmsten Entwicklungsländer reserviert werden.
Russland wirft die SPD Rechtsbrüche unter anderem durch die Annexion der Krim und durch Cyberangriffe vor, wählt aber einen weniger konfrontativen Ton als die Union: „Frieden in Europa kann es nicht gegen, sondern nur mit Russland geben.“ Menschenrechtsverletzungen prangert die SPD auch gegenüber China an, betont aber ebenfalls die Notwendigkeit zur Kooperation etwa mit Blick aufs Klima. Für Israel wird eine Zweistaatenlösung empfohlen.
Die SPD plädiert für eine gemeinsame europäische Armee und bekennt sich zur Nato. Die Bundeswehr will sie „gut“ ausstatten. Zur Beschaffung bewaffneter Drohnen und neuer Kampfflugzeuge als Ersatz für die in die Jahre gekommenen Tornados, die die Union bereits in der laufenden Wahlperiode gerne entschieden hätte, verhält sich die SPD weiter abwartend. Hier müsse weiter diskutiert werden.
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Explizit gewünscht wird der Abzug der in Deutschland stationierten Atomwaffen – allerdings nicht ohne Weiteres: Abrüstungsvereinbarungen zwischen den USA und Russland seien dafür nötig. Die Rüstungskontrolle will die SPD auf die Bereiche Biotechnologie, Cyber und künstliche Intelligenz erweitern. Um die Ausfuhr von Rüstungsgütern besser kontrollieren zu können, soll künftig auch der endgültige Verbleib von Waffen dokumentiert werden.
Steuersystem
Die Sozialdemokraten versprechen eine Entlastung von kleineren und mittleren Einkommen. Zur Gegenfinanzierung soll der Spitzensteuersatz steigen, aber etwas später einsetzen. Im Gespräch sind 45 Prozent ab 90.000 Euro. Ab 250.000 Euro (Verheiratete 500.000 Euro) soll die Reichensteuer mit 48 Prozent greifen.
Zudem will die SPD das Ehegattensplitting für neu geschlossene Ehen so ändern, dass der Steuervorteil insbesondere für Besserverdienende ohne Kinder gekappt wird. Die SPD plädiert zudem für die Reaktivierung der Vermögensteuer, genannt wird ein Satz von einem Prozent für „sehr hohe Vermögen“. Bei der Erbschaftsteuer wollen die Sozialdemokraten die Ausnahmen für Unternehmenserben zusammenstreichen.
Europa
Die SPD will den Wachstums- und Stabilitätspakt zu einem sogenannten Nachhaltigkeitspakt machen. „Statt einer Rückkehr zur Kürzungspolitik der Vergangenheit bleiben wir bei der in der Corona-Krise begonnenen gemeinsamen Investitionspolitik Europas“, schreiben die Sozialdemokraten. Das Ziel: eine echte Fiskal, Wirtschafts- und Sozialunion. Einnahmen aus der Besteuerung von Techgiganten wie Google und Facebook will die SPD der EU zukommen lassen.
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© Quelle: dpa
In Steuerfragen will die SPD Mehrheitsentscheidungen auf EU-Ebene durchsetzen. Bislang müssen in diesen Angelegenheiten alle EU-Staaten zustimmen. Es soll europäische Mindestlöhne geben und eine Arbeitslosenrückversicherung. Als Konsequenz aus der Pandemie soll eine „souveräne europäische Gesundheitsunion“ mit gemeinsamen Mindeststandards geschaffen werden. Es brauche krisenfeste europäische Gesundheitsbehörden mit weitreichenden Kompetenzen und Ressourcen, um auf grenzüberschreitende Gefahren für die Gesundheit reagieren zu können.
Wohnungspolitik
Die Sozialdemokraten versprechen den Bau neuer Wohnungen. Stärker als ihre bisherigen Koalitionspartner setzt die SPD jedoch auch darauf, einen Anstieg der Bestandsmieten zu verhindern. Dafür will sie in angespannten Wohnlagen ein zeitlich befristetes Mietenmoratorium einführen. Die Mieten dürften dann für eine bestimmte Zeit nur noch zum Inflationsausgleich erhöht werden. Die schon bestehende Mietpreisbremse will die Partei unbefristet verlängern.
Die SPD hält den Neubau von 100.000 Sozialwohnungen im Jahr für erforderlich und will außerdem eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit einführen, um ein weiteres nicht gewinnorientiertes Segment auf dem Wohnungsmarkt zu schaffen. Die Sozialdemokraten wollen dazu beitragen, dass kommunale Bauflächen nicht an Unternehmen verkauft werden und Spekulationen mit Grund und Boden verhindern.
Gesundheit
Die SPD fordert wieder eine Bürgerversicherung. Die Sozialdemokraten setzen sich zudem dafür ein, die „Kommerzialisierung des Gesundheitswesens“ zu beenden: Gewinne sollten „verpflichtend und weitestgehend“ wieder in das Gesundheitssystem zurückfließen. Wie das gehen soll, verrät die SPD allerdings nicht. Das System der Fallpauschalen in den Kliniken wollen die Sozialdemokraten überarbeiten und im Zweifel partiell abschaffen, hier werden insbesondere die Kinderkliniken genannt.
Der Besitz „kleinerer Mengen“ von Cannabis soll bundesweit strafrechtlich nicht mehr verfolgt werden. Zudem will die SPD die „regulierte Abgabe“ von Cannabis an Erwachsene in Modellprojekten erproben.
Innere Sicherheit
Die SPD betrachtet Deutschland als „eines der sichersten Länder der Welt“ und will „dafür sorgen, dass dies so bleibt“. Sie setzt aber einen anderen Akzent als die Union. So steht im Wahlprogramm unter anderem: „Durch vorbeugende Maßnahmen wollen wir verhindern, dass Bürger*innen Opfer von Kriminalität werden. Gute Sozial-, Arbeitsmarkt-, Kinder-, Familien- und Integrationspolitik bilden die notwendige Basis einer erfolgreichen Prävention.“
Überdies komme es auf motivierte und gut ausgestattete Polizistinnen und Polizisten an, findet die SPD. Das müsse sich auch in einem modernen Dienstrecht, guten Arbeitsbedingungen und in einer angemessenen Bezahlung widerspiegeln.
Schließlich möchten die Sozialdemokraten für eine reibungslosere Verzahnung der Sicherheitsbehörden mit der Justiz sorgen. Bei Straftaten müssten Verfahren rasch folgen und Täter verurteilt werden; allerdings sollten Gefängnisse „immer auch Orte der Resozialisierung sein“ und Maßnahmen zum Schutz vor Radikalisierung und zur Deradikalisierung von Straftätern ergriffen werden.
Überhaupt will die SPD „gezielter vorbeugen“, „mehr wissen über Kriminalitätsentwicklungen“ und deshalb regelmäßig einen periodischen Sicherheitsbericht erarbeiten lassen. Dazu findet sich bei CDU und CSU nichts.
Bildung
„Ein gutes Ganztagsangebot ist entscheidend für gleiche Chancen – und das muss für alle Kinder zu Verfügung stehen“, heißt es im Zukunftsprogramm der SPD. Der Bund solle die Länder „mit gezielten Impulsen zur Fachkräftesicherung“ beim weiteren Ausbau von Kitas, Ganztagsbetreuung in Schulen und Jugendeinrichtungen unterstützen.
Das Ziel sei, die Zahl der Nachwuchskräfte in den erzieherischen Berufen bis 2030 bundesweit zu verdoppeln. Die Mittel dafür seien: eine vergütete und schulgeldfreie Ausbildung für Erzieher, mehr Studienplätze für soziale Arbeit und Pädagogik und bessere Bezahlung für die Fachkräfte. Durch ein Bundesprogramm Schulsozialarbeit sollten den Kommunen zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt werden – auch um die Folgen der Corona-Pandemie abzumildern.
Altenpflege
Die Sozialdemokraten kündigen erneut die Einführung einer Bürgerversicherung in der Pflege an, in die auch Beamte und Selbstständige einzahlen. Sie soll als Vollversicherung ausgestaltet werden – also eine Pflege ohne Eigenanteile der Pflegebedürftigen gewährleisten. Die SPD verspricht zudem, bei der 24-Stunden-Pflege in der eigenen Wohnung für rechtliche Klarheit zu sorgen. Darüber hinaus wollen die Sozialdemokraten haushaltsnahe Dienstleistungen stärker fördern. Das soll auch älteren Menschen helfen, so lange wie möglich in der eigenen Wohnung zu leben.
Aufbau Ost
Bei der SPD weist die Parteizeitung „Vorwärts“ daraufhin, welche allgemeinen Forderungen im Wahlprogramm Ostdeutschland besonders nutzen würden. „Von 12 Euro Mindestlohn wird keine Region so sehr profitieren wie Ostdeutschland“, sagte SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz demzufolge. Für mehr als die Hälfte der ostdeutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer würde er nämlich eine Lohnerhöhung von bis zu 25 Prozent bedeuten.
Auch ein Tariftreuegesetz würde in Ostdeutschland demnach besonders zum Tragen kommen. Schließlich arbeiteten hier im vorigen Jahr 57 Prozent der Beschäftigten in Betrieben, in denen kein Tarifvertrag existierte.
Nutzen würde dem Osten laut SPD auch die Absicht, den Ausbau des 5G-Netzes sowie des Breitband-Internet besonders in dünn besiedelten Gebieten zu beschleunigen, eine geplante Mobilitätsgarantie sowie die Einführung einer Kindergrundsicherung.
Bei den Internetverbindungen stehe Ostdeutschland bisher ebenso schlechter da wie beim öffentlichen Personennahverkehr und der Kinderarmut, diagnostiziert der „Vorwärts“ und gibt Scholz mit den Worten wieder: „Ich möchte die Digitalisierung zur Chance für Ostdeutschland machen.“ Das geplante „Kompetenzzentrum Digitalisierung und ländlicher Raum“ soll dort entstehen.
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