Das Treffen der Werte-Hardliner
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Aushängeschild des konservativen Flügels: Jens Spahn.
© Quelle: dpa
Berlin. Sie sind verblüfft, beeindruckt oder genervt. Teilnahmslos dürfte jedenfalls kein CDU-Politiker verfolgen, mit welch großem Eifer ihr Parteifreund Jens Spahn beinah täglich neue Debatten anstößt. Selten geht es dabei um sein aktuelles Kerngebiet, die Gesundheitspolitik. Leidenschaftlicher äußert sich Spahn zu Recht und Ordnung und Migranten. "Schauen Sie sich doch Arbeiterviertel in Essen, Duisburg oder Berlin an", sagte Spahn kürzlich der "Neuen Zürcher Zeitung". "Da entsteht der Eindruck, dass der Staat gar nicht mehr willens oder in der Lage sei, Recht durchzusetzen."
Sollte es das Kalkül von Angela Merkel gewesen sein, Spahn das Bundesgesundheitsministerium zu übertragen, damit er keine Zeit mehr für Profilierungsdebatten hat, kann dieser Versuch schon jetzt als gescheitert gelten. Wie kein Zweiter feilt der 38-jährige Münsterländer am konservativen Profil seiner Partei – und geht einigen damit auf die Nerven.
„Es geht darum, konkret zu handeln“
„Die Probleme verschiedener Stadtviertel sind uns bekannt. Es ist aber nicht zielführend, nur zu klagen. Es geht darum, konkret zu handeln“, sagt etwa die nordrhein-westfälische Integrationsstaatssekretärin Serap Güler zu Spahns Aussagen über angeblich rechtsfreie Räume. Güler, Tochter türkischer Einwanderer, hält nichts von der Strategie, die AfD auf ihrem Terrain schlagen zu wollen: „Populisten von rechts und links bekämpfen wir am besten, wenn wir Probleme lösen.“
Spahn mag der prominenteste Streiter für einen konservativen Aufbruch der CDU sein – der einzige ist er nicht. Am Samstag kommt im baden-württembergischen Schwetzingen die „WerteUnion“ zusammen, um ein „konservatives Manifest“ zu verabschieden. Das Bündnis setzt sich zusammen aus CDU- und CSU-Politikern, die den Kurs ihrer Parteispitzen als zu lasch empfinden. Gerade mal ein Jahr ist seit seiner Gründung vergangen. Doch die „WerteUnion“ ist bereits bundesweit vertreten. „Wir sind gut organisiert und in der Union etabliert“, sagt ihr Vorsitzender Alexander Mitsch dem RND. „Wir wollen, dass die Union wieder ein klares politisches Profil bekommt. Wirtschaftsliberale und freiheitlich-konservative Positionen müssen sich darin wiederfinden.“ Die Kanzlerin und Parteichefin habe die Wurzeln der CDU vernachlässigt, sagt Mitsch.
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Vorsitzender der „Werteunion“: Alexander Mitsch.
© Quelle: dpa
Die „WerteUnion“ fordert daher Merkels Ablösung an der Parteispitze. „Angela Merkel hat die inhaltlichen Fehler ihrer Politik – allem voran die unkontrollierte Masseneinwanderung – mit ihrer Person verknüpft. Es kann also keine inhaltliche Neuaufstellung der CDU ohne eine personelle Neuaufstellung geben“, sagt Mitsch.
Sprachrohr für die Stimmung an der Basis
Der Einfluss der Gruppe auf die Union ist begrenzt. Das zeigt sich etwa daran, dass neben dem Generalsekretär der CDU Baden-Württembergs, Manuel Hagel, keine Landes- oder Bundespolitiker am Treffen der „WerteUnion“ teilnehmen. Doch als Sprachrohr für die Stimmung an der Basis ist die Gruppe nicht zu unterschätzen. In der Parteizentrale in Berlin gibt man sich daher lieber offen für deren Kritik.
So lädt CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer den konservativen Flügel ihrer Partei zur Mitarbeit am neuen Grundsatzprogramm ein. "Die CDU hat drei Wurzeln – die christlich-soziale, die liberale und die konservative. Alle drei sind uns gleichermaßen wichtig", sagte die Merkel-Vertraute dem RND. Bei dem beginnenden Grundsatzprogramm-Prozess werde es viele Möglichkeiten für CDU-Mitglieder geben, sich einzubringen. "Hierzu ist jeder eingeladen", sagt Kramp-Karrenbauer – und präzisiert: "Jeder, der konstruktiv und an der Sache orientiert mitmachen möchte".
Von Marina Kormbaki