Das große Sprechen – und eine „sehr große Mitteilung“
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Erstes Treffen seit Jahren: US‑Präsident Joe Biden (rechts) und der chinesische Präsident Xi Jinping reichen einander bei ihrem Treffen vor dem G20‑Gipfel auf Bali die Hand.
© Quelle: Alex Brandon/AP/dpa
Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,
auch wenn sich die öffentlichen Debatten gerade eher um das Parteigezanke zum Bürgergeld, die Kapriolen des Twitter-Eigentümers Elon Musk oder das moralische Dilemma eines Fußballfans kurz vor der WM drehen: Eigentlich steckt die Welt inmitten der Woche der ganz großen Diplomatie. Die Welt spricht wieder miteinander. Während die Weltklimakonferenz in Scharm el-Scheich noch bis mindestens Donnerstag um die globalen Klimaziele und den Weg dorthin feilscht und der hochkarätig besetzte Gipfel der südostasiatischen Staatengemeinschaft Asean in Kambodscha gerade mit einem Schlagabtausch zwischen US‑Präsident Joe Biden und Russlands Außenminister Sergej Lawrow zu Ende gegangen ist, startet heute nun auf Bali in Indonesien das zweitägige Treffen der führenden Wirtschaftsmächte G20.
US‑Präsident Biden traf sich gestern auf Bali schon mal vorab mit Chinas Präsident Xi Jinping. Es war das erste persönliche Treffen seit fünf Jahren. Die beiden Staatschefs der rivalisierenden Großmächte sprachen mehr als drei Stunden hinter verschlossenen Türen. Und zwar „Klartext“, wie Joe Biden anschließend erklärte. Beide Seiten warnten demnach in dem Gespräch vor „dem Einsatz von oder der Drohung mit Atomwaffen in der Ukraine“. Außerdem betonte Biden, dass die USA und China trotz aller Rivalität nicht vor einer neuen Eiszeit in den Beziehungen stünden.
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Joe Biden und Xi Jinping.
© Quelle: IMAGO/UPI Photo
Auch Olaf Scholz reist in diesen Tagen von einem Gipfel zum anderen. Mit ihm im Tross ist auch RND-Hauptstadtkorrespondent Markus Decker. Er beschreibt in seinem Bericht, wie dem Kanzler gestern bei seinem Abstecher nach Singapur eine ungewöhnliche Ehre zuteilwurde. Premierminister Lee Hsien Loong ließ in einer Zeremonie eine Orchidee nach ihm benennen. Sie heißt fortan Renanthera Olaf Scholz. Der Kanzler reagierte freundlich distanziert und erklärte, dass er zu diesem Zweck „nicht Politiker geworden“ sei, sich aber „trotzdem geehrt“ fühle. Sein eigentliches Ziel der Asienreise allerdings gilt dem Schmieden einer Allianz gegen Putin. Das Maximalziel wäre dann erreicht, wenn eine gemeinsame Erklärung zustande käme und sich möglichst viele Staaten gegen Russland richteten.
Das könnte sogar klappen: Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur setzte der Westen bei den Verhandlungen über die gemeinsame Abschlusserklärung gegen den anfänglichen Widerstand Moskaus durch, dass der Krieg gegen die Ukraine scharf verurteilt wird. Die wichtigsten Punkte:
- „Die meisten Mitglieder verurteilten den Krieg in der Ukraine aufs Schärfste“, heißt es in dem Entwurf.
- Zudem steht dort, dass der Krieg nach Auffassung der meisten G20-Mitglieder die Probleme der Weltwirtschaft verstärkt und zum Beispiel das Wachstum schwächt und die Inflation steigen lässt. Wer die meisten G20-Mitglieder sind, wurde nicht aufgelistet.
- Auf Russlands Position wird vor allem mit einem Satz eingegangen: „Es gab andere Auffassungen und unterschiedliche Bewertungen der Lage.“ Russland akzeptierte demnach auch, dass der russische Angriff klar als Krieg bezeichnet wird und nicht – wie von Putin vorgegeben – als „militärische Spezialoperation“.
- Russlands Zustimmung zu dem Textentwurf gilt als mögliches Zeichen dafür, dass Moskau beim Thema Ukraine in der G20-Gruppe nicht mehr auf die volle Unterstützung des mächtigen Partners China zählen kann.
Zum Abschluss des Gipfelreigens findet am Freitag und Samstag in der thailändischen Hauptstadt Bangkok der Asien-Pazifik-Gipfel (Apec) statt. In dem Forum arbeiten 21 Staaten rund um den Pazifik zusammen. Dazu gehören auch die USA und Russland. Der russische Präsident Wladimir Putin reist zu keinem der Gipfel. Er lässt sich von seinem Außenminister Sergej Lawrow vertreten.
Ebenfalls nicht dabei bei dem Diplomatiemarathon ist Donald Trump. Der abgewählte Ex‑Präsident der USA, der gerade bei den Zwischenwahlen nicht den erhofften Erdrutschsieg der Republikaner feiern durfte, hat für heute Nacht eine in gewohnt kindlicher Trump-Diktion „sehr große Mitteilung“ angekündigt. Spekuliert wird, dass Trump in die Gipfel der Weltdiplomatie seine Bewerbung für die Wahl im November 2024 bekannt geben könnte. Die Wahl 2020 hatte der Republikaner gegen den heutigen Präsidenten Joe Biden von den Demokraten verloren. Er erkennt die Niederlage aber bis heute nicht an.
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Zitat des Tages
Meine Hand für eine Lösung ist ausgestreckt.
Hubertus Heil,
Bundesarbeitsminister, in Richtung der Länder, die die Bürgergeldreform im Bundesrat ablehnten
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Berlin: Achter Weltkongress gegen die Todesstrafe – zum achten Mal veranstaltet die in den Niederlanden gegründete Europäische Christliche Politische Bewegung (ECPM) den Kongress. Als Redner haben sich auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und Bundesjustizminister Marco Buschmann angekündigt.
Wer heute wichtig wird: die neue Knesset
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Rund zwei Wochen nach der Wahl in Israel wird heute das neue Parlament (Knesset) vereidigt. Bei der Abstimmung konnte das rechtsreligiöse Lager um Ex-Präsident Benjamin Netanjahu eine Mehrheit von 64 der 120 Sitze erzielen. Netanjahu hat von Präsident Jitzchak Herzog den Auftrag zur Bildung einer neuen Regierung erhalten. Zum ersten Mal in der Geschichte Israels schaffte es ein rechtsextremes Bündnis auf den dritten Platz – es könnte Mitglied der neuen Koalition werden.
© Quelle: Stringer/dpa
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