Das Ende des 9‑Euro-Tickets – wer möchte lösen?
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„9‑Euro-Ticket forever!“, das fordern Demonstranten und Demonstrantinnen in Hamburg.
© Quelle: Marcus Brandt/dpa
Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,
an diesem Wochenende können Sie ein letztes Mal die Vorzüge des 9‑Euro-Tickets genießen. Denn am 1. September ist Schluss mit dem dreimonatigen Angebot der Regierung, ob und wann es ein Nachfolgeangebot gibt, ist derzeit völlig unklar, weil Bund und Länder sich mal wieder im Kreis drehen.
Auch die Sonderkonferenz der Verkehrsminister und Verkehrsministerinnen am Freitag brachte nichts Neues hervor. So wollen die Länder auf der einen Seite den Bund in die Pflicht nehmen und fordern einen „tragfähigen und nachhaltigen“ Nachfolgevorschlag – vollständig finanziert von Berlin, heißt es in einer Beschlussvorlage.
Der Bund auf der anderen Seite lehnt das ab. Verkehrsminister Volker Wissing reagiert ernüchtert. „Die Bürgerinnen und Bürger erwarten, dass Politik Lösungen präsentiert und nicht Verantwortungen verschiebt“, sagt der FDP-Politiker. Er stehe zwar für Gespräche bereit, die Organisation läge aber bei den Ländern.
Während die Verantwortung nun also von einem zum Nächsten geschoben wird, ergreifen die ersten Bundesländer die Initiative. Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey will das Ticket bis Jahresende weiter in der Hauptstadt anbieten – in den Tarifbereichen AB. Niedersachsen plant, die Anzahl der Tarifgebiete zu schrumpfen, in der nächsten Legislaturperiode könnte es dann einen landesweiten Fahrschein geben, sagt Verkehrsminister Bernd Althusmann. Nicht unwichtig: In Niedersachsen nimmt der Wahlkampf für die anstehende Landtagswahl langsam, aber sicher Fahrt auf. Althusmann ist Spitzenkandidat der CDU.
29, 49, 365 Euro? Ideen gibt es zur Genüge
An Ideen und Vorschlägen, wie ein günstiger Nahverkehr möglich ist, mangelt es aber generell nicht.
- 29-Euro-Ticket: Anfang August haben die Grünen diese Option als regionales Pendlerticket vorgeschlagen. Dieses soll „mindestens landesweit, aber auch für Regionen wie Berlin-Brandenburg oder Bremen-Hamburg-Niedersachsen“ gelten, heißt es in dem Papier von Grünen-Parteichefin Ricarda Lang, Fraktionschefin Katharina Dröge und NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer.
- 49-Euro-Ticket: Diese Option soll bundesweit gelten – analog zum 9‑Euro-Ticket – und stammt ebenfalls aus dem Papier der Grünen. Für die Finanzierung planen sie, das Dienstwagenprivileg zu beschneiden.
- 365-Euro-Ticket: Der Landkreis Lüchow-Dannenberg setzt diese Alternative ab 1. September um. Aber auch Verwaltungschefs aus Niedersachsen und Schleswig-Holstein befürworten diesen bundesweiten Jahresfahrschein. Bund, Länder und Kommunen sollen die Kosten gemeinsam tragen.
Lindner äußert sich zu 9‑Euro-Ticket und Übergewinnsteuer
Beim Tag der offenen Tür auf dem Gelände des Bundesfinanzministeriums beantwortet Lindner die Frage einer Bürgerin zum 9‑Euro-Ticket.
© Quelle: Reuters
Dennoch bleibt die Frage, wer finanziell dafür aufkommen soll. Nach Angaben des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen würde sogar ein monatliches 69-Euro-Ticket Mehrkosten von 2 Milliarden Euro pro Jahr bedeuten.
Ein Blick nach Spanien liefert einen weiteren Ansatz. Ab dem 1. September – bis mindestens Ende dieses Jahres – ist der ÖPNV für Vielfahrer kostenlos, finanziert mit einer zweijährigen Übergewinnsteuer für Energiekonzerne und Banken. „Diese Regierung wird nicht zulassen, dass das Leiden vieler der Gewinn Einzelner ist“, erklärte Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez die Maßnahme.
Lindner lehnt ebendiese Maßnahme bisher ab und kritisierte eine „Gratismentalität à la bedingungsloses Grundeinkommen“. Kostenlos muss das Zugfahren in Deutschland auch nicht sein. Was wir brauchen, sind einfache Strukturen und faire Tarife – und zwar schnell.
Zitat des Tages
Es ist eine Friedenspipeline.
Mateusz Morawiecki,
Ministerpräsident von Polen, der gemeinsam mit seinem slowakischen Amtskollegen, Eduard Heger, eine neue Erdgaspipeline zwischen die beiden Ländern eröffnet hat
Leseempfehlungen
Kritische Blicke: Umweltministerin Steffi Lemke (Die Grünen) plagen gerade zwei Sorgen. Nach der Umweltkatastrophe in der Oder muss man mit Dauerschäden und mit ähnlichen Vorfällen in anderen Flüssen rechnen. Außerdem warnt sie vor einer schwierigen Endlagersuche für Atommüll (+).
Big-City-Coach: Vor seinem Wechsel zu Hertha BSC in diesem Sommer arbeitete Sandro Schwarz als Trainer beim russischen Klub Dynamo Moskau. Im Interview spricht der Berliner Coach zudem über Transfers, Investor Lars Windhorst und Jürgen Klopp (+).
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In Kiel sollen bald schon alle Geschlechter oben ohne baden dürfen. Mit breiter Mehrheit stimmte die Ratsversammlung für eine entsprechende Änderung der städtischen Bade- und Hausordnung. „Es ist dringend an der Zeit, der Sexualisierung der Frauen entgegenzuwirken“, sagte eine Kieler Ratsfrau (+).
Termine des Tages
- Greenpeace-Protest: Aktivistinnen und Aktivisten demonstrieren in Stuttgart und Heidelberg gegen den Gesetzentwurf der EU zum Waldschutz, den das Parlament am 13. September beschließen will.
- Neues Personal im Vatikan: Papst Franziskus macht rund 20 Kirchenmänner zu neuen Kardinälen. Die Träger der purpurnen Kopfbedeckungen dürfen beim Konklave einen neuen Papst wählen, solange sie nicht älter als 80 Jahre sind.
Wer heute wichtig wird
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Der britische Popstar Robbie Williams gibt heute in München sein einziges Deutschland-Konzert in diesem Jahr.
© Quelle: Zac Goodwin/PA Wire/dpa
Während Williams vor 90.000 Fans singt, stehen die meisten Musiker weiter vor halb leeren Sälen oder müssen ihre Tourneen ganz absagen wie Revolverheld oder die Kölner Band Kasalla. Die Livebranche fürchtet: Der dritte Corona-Winter wird der schlimmste. Ein Blick auf das Krisengebiet Kultur.
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Wir wünschen Ihnen einen guten Start in den Tag,
Ihre Chantal Ranke
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