Coronavirus: Diese Maßnahmen dürfen Behörden ergreifen

Auf einem Aufsteller der Gesundheitsbörde und des Robert-Koch-Instituts wird im Flughafen Hamburg auf Verhaltensweisen in Bezug auf das neuartige Coronavirus hingewiesen.

Auf einem Aufsteller der Gesundheitsbörde und des Robert-Koch-Instituts wird im Flughafen Hamburg auf Verhaltensweisen in Bezug auf das neuartige Coronavirus hingewiesen.

Karlsruhe. Kann nur ein autoritärer Staat wirksam auf eine Epidemie reagieren? Viele Beobachter schauten im Januar teils fasziniert, teils sorgenvoll nach China, wo schnell drastische Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus ergriffen wurden. In der Provinz Hubei waren Städte mit mehr als 40 Millionen Einwohnern betroffen. Die Einwohner durften die Städte nicht verlassen, öffentliche Veranstaltungen wurden abgesagt, nur alle zwei Tage durfte ein Familienmitglied zum Einkaufen das Haus verlassen.

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So etwas wäre in einem freiheitlichen Land wie Deutschland nicht möglich, sagten damals viele Kommentatoren. Doch das stimmt nicht. Zur Seuchenbekämpfung haben auch westeuropäische Staaten schon immer große Eingriffsbefugnisse. In Deutschland sind sie im Infektionsschutzgesetz (IfSG) geregelt, das 2001 das alte Bundesseuchengesetz ablöste.

Um eine Epidemie und ihr Ausmaß zu erkennen, gibt es Meldepflichten. Die behandelnden Ärzte müssen den Gesundheitsämtern melden, wenn sie Fälle von Pest, Cholera, Masern und vielen anderen übertragbaren Krankheiten feststellen (IfSG § 6 und § 8). Bei neu auftretenden Viren kann die Liste der meldepflichtigen Krankheiten und Krankheitserreger per Verordnung schnell ergänzt werden (IfSG § 15).

Gesundheitsamt kann öffentliches Leben einschränken

Bei Personen, die sicher oder möglicherweise erkrankt sind, können Maßnahmen ergriffen werden, um eine mögliche Gefährdung zu prüfen. Hierzu dürfen die Behörden die Wohnung der Betroffenen betreten, Unterlagen kopieren und Proben nehmen (IfSG § 16). Kranke oder mögliche Erkrankte können auch zu Untersuchungen aufs Gesundheitsamt vorgeladen werden. Sie müssen dann bei Bedarf Röntgenaufnahmen oder Blutentnahmen dulden (IfSG § 25).

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Coronavirus: Wie kann ich mich schützen?
ARCHIV - 15.10.2012, Berlin: ILLUSTRATION - 15.10.2012, Deutschland, Berlin: Ein Kind w��scht sich am Rande einer Pressekonferenz die H��nde.

H��ndewaschen hilft, um sich vor Krankheitskeimen zu sch��tzen. Foto: Ole Spata/dpa - Honorarfrei nur f��r Bezieher des Dienstes dpa-Nachrichten f��r Kinder +++ dpa-Nachrichten f��r Kinder +++

Die wichtigsten Vorsichtsmaßnahmen, um sich gegen das Coronavirus zu schützen.

Um eine Ausbreitung von Krankheiten zu vermeiden, kann das Gesundheitsamt das öffentliche Leben einschränken. So können Veranstaltungen und Kundgebungen verboten werden. Schwimmbäder können ebenso geschlossen werden wie Kindergärten und Schulen (IfSG § 28). Die Behörden können auch eine Impfpflicht anordnen (IfSG § 20). Allerdings gibt es gegen das Coronavirus noch keine passende Impfung.

Kranke und mögliche Erkrankte können in Quarantäne genommen werden, um weitere Ansteckungen zu vermeiden. Konkret heißt dies, dass Erkrankte in einem Krankenhaus untergebracht werden. Diese Maßnahme ist auch zwangsweise durchsetzbar. Um eine Flucht zu verhindern, können persönliche Gegenstände abgenommen werden. Die Behörden dürfen die Kommunikation der Betroffenen mit der Außenwelt mitlesen (IfSG § 30).

Verboten ist eine zwangsweise Therapie einer Krankheit

Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, sagte am Freitag, es gebe in Deutschland keine gesetzliche Grundlage für die Abriegelung ganzer Städte. Das ist nicht richtig. Zwar ist eine derart massive Maßnahme im Gesetz nicht ausdrücklich erwähnt. Allerdings haben die Gesundheitsbehörden die Kompetenz, “alle notwendigen Maßnahmen” zu treffen (IfSG § 28). Die ausdrücklich aufgeführten Befugnisse sind nur Beispiele hierfür. Die Landesregierungen können zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten per Rechtsverordnung entsprechende Ge- und Verbote aussprechen (IfSG § 17, § 32).

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Die Grundrechte gelten natürlich auch dann, wenn in Deutschland eine Epidemie wütet. Allerdings sieht das Grundgesetz ausdrücklich vor, dass Grundrechte zur “Bekämpfung der Seuchengefahr” eingeschränkt werden dürfen. So kann durch eine Quarantäne das Recht beschränkt werden, sich frei im Land zu bewegen.

Die gesetzlichen Regelungen sehen aber an vielen Stellen auch Beschränkungen zugunsten der Bürger vor. So dürfen die erhobenen Daten ausdrücklich nur zur Seuchenbekämpfung benutzt werden (IfSG § 16). Untersuchungen mit invasiven Eingriffen und solche unter Betäubung sind nur mit Zustimmung des Betroffenen möglich (IfSG § 25). Eine zwangsweise Therapie einer Krankheit ist verboten (IfSG § 28).

Es gilt das Prinzip der Verhältnismäßigkeit

Die größte Einschränkung ist aber das Prinzip der Verhältnismäßigkeit, das für staatliches Handeln im Rechtsstaat immer gilt. Maßnahmen müssen geeignet, erforderlich und angemessen sein.

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Deshalb ist die Abriegelung ganzer Dörfer nur dann erlaubt, wenn Virologen davon überzeugt sind, auf diese Weise tatsächlich einer Ausbreitung des Virus wirksam entgegenwirken zu können.

Gegen alle behördlichen Maßnahmen können Betroffene die Verwaltungsgerichte anrufen. Klagen haben allerdings keine aufschiebende Wirkung (IfSG § 16). Nach den üblichen Regeln des Prozessrechts kann jedoch per Eilantrag ein Stopp von mutmaßlich rechtswidrigen Maßnahmen beantragt werden.

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