Politik und Verbände: So könnte sich die Corona-Situation der Kinder verbessern
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Der Corona-Expertenrat hat gefordert, die Kinder in der Pandemie mehr in den Blick zu nehmen.
© Quelle: Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbil
Berlin. Nach der Kritik des Expertenrats an der Corona-Politik haben Verbände und Politikerinnen Vorschläge gemacht, wie die Situation der Jüngsten in der Pandemie verbessert werden könnte. „Psychische Belastungen und Erkrankungen haben in der Corona-Pandemie gerade bei Kindern und Jugendlichen stark zugenommen“, sagte SPD-Chefin Saskia Esken dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Sie träfen auf eine „unzureichende Infrastruktur von Beratung, Behandlung und Begleitung“. Einrichtungen und Strukturen der Jugendhilfe und der Kinder- und Jugendpsychiatrie „brauchen unser besonderes Augenmerk“, forderte Esken.
Bei allen Entscheidungen zu weiteren Maßnahmen gelte es, Kinder und Jugendliche aktiv einzubeziehen und „ihre Belange vorrangig zu berücksichtigen“, ergänzte die Sozialdemokratin.
Kritik von der Union
Die familienpolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Silvia Breher, übte Kritik an den Corona-Regeln. „Ich halte es für unverhältnismäßig, wenn im Freizeitbereich für unter 18-Jährige immer noch deutliche Zugangsbeschränkungen gelten sollen“, teilte sie dem RND mit und verlangte „eine Perspektive für die Rückkehr zur Normalität, wenn es das Infektionsgeschehen zulässt“.
Grünen-Parteichefin Ricarda Lang nimmt auch die Kinder, die in Armut leben, in den Blick. „Ganz besonders schwierig waren die letzten Monate für Kinder und Jugendliche, die es schon vor der Pandemie schwer hatten“, sagte sie dem RND. „Jedes fünfte Kind in Deutschland lebt in Armut. Das wollen wir mit der Einführung einer Kindergrundsicherung ändern.“ So arbeite man mit Hochdruck an der Umsetzung der Kindergrundsicherung, die alle Kinder unkompliziert unterstützen solle.
In seiner letzten Stellungnahme hatte der Corona-Expertenrat der Bundesregierung gefordert, dem Wohl von Kindern in der Pandemie eine hohe Priorität einzuräumen. „Die Pandemie belastet Kinder und Jugendliche aus vielfältigen Gründen besonders stark“, so der Expertenrat. „Dies schließt zum einen, wenn auch in geringerem Ausmaß als in anderen Altersgruppen, die primäre Krankheitslast durch die Sars-CoV-2-Infektion selbst ein.“
Besonders schwerwiegend sei die Krankheitslast durch psychische und physische Erkrankungen der Kinder und Jugendlichen. Sie würden ausgelöst etwa durch Lockdownmaßnahmen, Belastungen in der Familie und Planungssicherheit.
„Kinder brauchen andere Kinder“
Zustimmung kommt vom Kinderschutzbund. „Ich halte eine Strategie der unkontrollierten Durchseuchung der Kinder und Jugendlichen für ethisch nicht vertretbar“, sagte Präsident Heinz Hilgers dem RND. „Kinder erkranken seltener schwer an Covid-19, aber auch unter ihnen gibt es schwere Verläufe und mögliche Langzeitfolgen.“
Klar sei aber auch: „Kinder brauchen andere Kinder.“ In der Abwägung von psychischer und physischer Gesundheit warb Hilgers dafür, „Orte der Begegnung zu ermöglichen und sie mit Tests und Quarantänemaßnahmen, Luftfiltern und auch mit Maskentragen so sicher wie möglich zu machen“.
Für die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft ist klar: „Im Gegensatz zur Konferenz von Bundeskanzler sowie Ministerpräsidentinnen und -präsidenten am Mittwoch richten die Fachleute den Fokus auf die Kinder und Jugendlichen, die bisher die Hauptlast der Pandemie tragen.“
GEW-Chefin Maike Finnern plädierte gegenüber dem RND für „ein Team Weitsicht, das heute die Weichen für die Vorbereitungen stellt, damit flächendeckender Präsenzunterricht künftig unter besseren Rahmenbedingungen als in der Vergangenheit stattfindet“.
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Dafür brauche es bundeseinheitliche Leitlinien zum Gesundheitsschutz, Aufholprogramme, die in den Schulen und bei der Jugendhilfe angesiedelt seien sowie ein konkretes Konzept gegen den bundesweiten Fachkräftemangel an Kitas und Schulen, so Finnern.
Auf ein bundesweit einheitliches Vorgehen pocht auch der Sozialverband VdK. „Es muss ein Konzept geben, dass bei plötzlicher Quarantäne und Kita- oder Schulausfall greift, das Ausfälle auffängt, eine Entlastung in jedem Bundesland sicherstellt und auch Eltern endlich Planungssicherheit gibt“, sagte die Präsidentin Verena Bentele dem RND. „Auch Sport und Freizeitaktivitäten müssen für Kinder und Jugendliche überall wieder möglich sein.“
Die Hygienemaßnahmen an Schulen sollen Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zufolge weiter bestehen bleiben. Man könne „nicht eine Durchseuchung in den letzten Monaten bis zum besseren Wetter“ zulassen, sagte er am Freitag in der Bundespressekonferenz in Berlin. Zum nötigen Schutz zählten bei den noch hohen Inzidenzen auch Masken.