Vergleich: Wie sieht der Impffortschritt in den europäischen Ländern aus?
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Der Impffortschritt in der Europa im Vergleich. (Symbolbild)
© Quelle: Niall Carson/PA Wire/dpa
Die Europäischen Kommission zeigt sich zuversichtlich: Dank der gemeinsamen EU-Impfstoffstrategie stünden genug Impfstoffe zur Verfügung, um bis Ende Juli 70 Prozent der erwachsenen Bevölkerung mit mindestens einer Dosis zu impfen. Nach Angaben der Kommission wurden bis zum 30. Mai EU-weit 245 Millionen Dosen verimpft, was einer Quote von 46 Prozent entspreche.
Aktuell ist jedoch eines auffällig: Einige EU-Staaten verzeichnen einen weitaus größeren Impffortschritt als andere Mitgliedsstaaten. Aber warum gibt es innerhalb der EU solche Unterschiede? Und wie verläuft die Kampagne in Deutschland im Vergleich zu den anderen Staaten? Die wichtigsten Fragen und Antworten zu den Impffortschritten in Europa hier im Überblick.
Welches EU-Land hat die meisten Impfungen gegen das Coronavirus verabreicht?
Von den EU-Ländern hat Ungarn bislang die meisten Corona-Impfungen verabreicht: Die erste Dosis haben 62,4 Prozent der Bevölkerung erhalten, 44,7 Prozent haben wiederum den vollständigen Impfschutz. Darauf folgt Island, wo 58,1 Prozent die erste Spritze bekommen haben und 28,5 Prozent den vollen Schutz aufweisen können. Finnland belegt aktuell den dritten Platz, was die Erstimpfungen betrifft (55,2 Prozent) und Deutschland den vierten – wo 51,5 Prozent der Bevölkerung die erste Spritze erhalten haben, 21,1 Prozent den ganzen Schutz.
Schlusslicht ist Bulgarien: Dort haben nur 14,1 Prozent die erste Spritze bekommen, 10,1 Prozent den vollständigen Schutz. Auch Rumänien liegt hinten mit 27,4 Prozent (Erstimpfung) und 23,1 Prozent (vollständiger Schutz) sowie Lettland mit 29,2 Prozent und 15,7 Prozent. (Quelle: Europäisches Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten, Stand: 3. Juni 11.30 Uhr)
Warum gibt es in EU-Staaten so große Unterschiede?
Die EU-Kommission hat nur die Rahmenverträge mit den Impfherstellern gemacht. Doch die konkreten Lieferverträge mit den Produzenten schließen die EU-Staaten selbst ab. Dabei sind offenbar verschiedene Fristen vereinbart worden. Zudem laufen die Impfkampagnen unterschiedlich schnell.
Warum ist Ungarn Spitzenreiter, Bulgarien Schlusslicht?
Ungarn impft seine Bevölkerung auch mit dem chinesischen Vakzin Sinopharm und dem russischen Sputnik V. Der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese sieht das kritisch. Der Hersteller von Sputnik habe noch immer keine Daten geliefert zu Thrombosefällen. „Es ist aber praktisch ausgeschlossen, dass es diese Nebenwirkungen bei dem russischen Impfstoff nicht gibt“, so Liese. Mit dem Argument, nur sorgfältig geprüfte Stoffe zuzulassen, sorge die EU für Vertrauen bei ihren Bürgern. Gerade jetzt, wo es bald genug Impfstoff gebe, sei dies entscheidend – denn nötig seien auch genug Impfwillige.
Bulgarien nennt Liese einen „Extremfall“. Die Regierung dort habe sehr auf Astrazeneca gesetzt und nicht der neuen Technologie von Biontech vertraut – selbst, als dieser bereits zugelassen war, sagt Liese.
Wird die EU gegen die Unterschiede angehen?
In den kommenden Monaten sollen Länder mit einer geringen Impfquote zusätzliche Lieferungen bekommen, wie Bulgarien, aber auch Lettland, Slowenien und Kroatien, wie Liese erklärt. Die Menschen dort sollten nicht darunter leiden, dass ihre Regierungen die Angebote der EU nicht genutzt hätten, argumentierte er. Außerdem werde es bald in Deutschland ungenutzten Impfstoff geben: Wenn das Vakzin von Biontech/Pfizer in den kommenden Monaten in größeren Mengen verfügbar sei, bleibe dort Astrazeneca und Johnson & Johnson voraussichtlich liegen.
Wie schneidet Deutschland im EU-Vergleich ab?
In der ersten Märzwoche lag Deutschland noch 9,6 Prozent unter dem EU-Durchschnitt bei den täglichen Impfungen, wie das Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung in Deutschland ermittelt hat. Den Angaben zufolge wendete sich das Blatt im April, als die Praxen in die Impfkampagne eingestiegen sind. In der ersten Maiwoche lag Deutschland den Angaben zufolge bereits 19,1 Prozent über dem EU-Schnitt. Laut Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bieten inzwischen rund 70.000 Arztpraxen Corona-Impfungen an. Vom 7. Juni an können sich auch Beschäftigte von den Betriebsärzten in Tausenden Betrieben gegen Corona impfen lassen.
Wie sieht es in den europäischen Nicht-EU-Ländern aus?
Europäische Länder, die nicht zur EU gehören, konnten in Sachen Impfstoffbeschaffung eigene Wege gehen – und vorpreschen. So sorgten die Impffortschritte zweier Länder zu Beginn des Jahres für Schlagzeilen: Großbritannien lag zeitweise auf Platz eins in Sachen verabreichte Corona-Impfungen, das Balkanland Serbien Anfang Februar auf Platz zwei.
Aktuell sind in Großbritannien 58,2 Prozent der Bevölkerung bereits einmal geimpft, 37,9 Prozent vollständig. Damit wurde es von EU-Staaten überholt. Auch in Serbien war die Impfquote anfangs sehr hoch, weil auch dieses Land Vakzine aus Russland und China nutzt. Seit Ende April steigt der Anteil der Menschen, die eine Corona-Impfung erhalten haben, aber nur noch gering an.
37 Prozent sind in Serbien derzeit einmal geimpft, 30,2 Prozent haben auch eine zweite Impfung. Diese geringen Quoten liegen aber offenbar nicht am fehlenden Impfstoff, sondern an einer mangelnden Impfbereitschaft. Um die Impfskepsis in der Bevölkerung zu überwinden, hat die Regierung ihren Bürgern bereits Geld angeboten: Wer sich impfen lässt, bekommt einmalig 3000 Dinar (25 Euro).