Corona: Pro Asyl fordert Schließung von Sammelunterkünften

Die Polizei ist bei der Landeserstaufnahmestelle für Asylbewerber in Suhl im Einsatz. In der Thüringer Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge war es in den vergangenen Tagen immer wieder zu Unruhen gekommen. Die Bewohner stehen wegen eines Coronafalls in ihren Reihen unter Quarantäne.

Die Polizei ist bei der Landeserstaufnahmestelle für Asylbewerber in Suhl im Einsatz. In der Thüringer Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge war es in den vergangenen Tagen immer wieder zu Unruhen gekommen. Die Bewohner stehen wegen eines Coronafalls in ihren Reihen unter Quarantäne.

Berlin. Kinder haben schulfrei, Erwachsene arbeiten im Homeoffice, die Wirtschaft leidet, die Ausgangssperre droht: Wie sich die Corona-Pandemie auf die deutsche Gesellschaft auswirkt ist deutlich spürbar. Doch was bedeutet die aktuelle Situation eigentlich für die Flüchtlinge in Deutschland? Auch sie spüren die Konsequenzen der Krise.

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Leben in Massenunterkünften - trotz Corona?

Viele Flüchtlinge sind in Deutschland in Massenunterkünften mit mehreren Hundert Bewohnern untergebracht. Welche Risiken das birgt, zeigt etwa die Situation im südthüringischen Suhl.

In der dortigen Landeserstaufnahmestelle war ein Mann positiv auf das Coronavirus getestet worden, danach waren alle etwa 500 dort lebenden Asylbewerber unter Quarantäne gestellt worden. Anfang der Woche musste die Polizei mehrere Männer aus der Unterkunft holen und in eine ehemalige Jugendarrestanstalt bringen, weil diese sich den Quarantäneanordnungen widersetzten.

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Die Initiative Pro Asyl fordert daher von den Bundesländern, die für die Unterbringung von Asylsuchenden zuständig sind, die Menschen in kleineren, dezentralen Unterkünften unterzubringen. In einer Mitteilung beruft sich die Initiative auf den Paragrafen 49, Absatz 2 im Asylgesetz. Dieser sieht vor, dass diese Verpflichtung für Flüchtlinge, in Erstaufnahmestellen zu wohnen, “aus Gründen der öffentlichen Gesundheitsvorsorge” beendet werden kann.

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Unterbringung in Hotels und Hostels?

„Wenn Menschen auf engem Raum in Lagern leben müssen, ist die Gefahr groß, dass viele krank werden. Ohnehin ist die Belastung in Großunterkünften groß, weil es kaum Privatsphäre und Rückzugsorte gibt und weil die Betroffenen isoliert und ohne sozialen Anschluss am Rande von Ortschaften leben", sagt Günter Burkhardt, Geschäftsführer von Pro Asyl.

“Es ist nun höchste Zeit, die Großunterkünfte zu schließen und die Menschen zügig auf die Kommunen zu verteilen. Nur so kann eine Ausbreitung des Virus verhindert werden”, sagt Burkhart. Die Kommunen sollten alle Möglichkeiten zur Unterbringung in kleineren Gruppen ausschöpfen. Dazu könnten auch Hotels und Hostels zählen, die wegen Stornierungen derzeit viele freie Zimmer haben.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) und das Bundesinnenministerium (BMI) weisen darauf hin, dass sowohl Unterbringung als auch Versorgung von Flüchtlingen Ländersache ist. Gemeinsam mit dem Bundesministerium für Gesundheit und dem Robert-Koch-Institut habe das BMI die Länder aber gebeten sicherzustellen, dass alle schutzsuchenden Personen “im Rahmen der vorhandenen Kapazitäten und vor dem Hintergrund des Reiseweges bei der ohnehin erfolgenden medizinischen Untersuchung” auch auf das Coronavirus getestet werden. Zudem seien laut italienischen Behörden alle Dublin-Überstellungen von und nach Italien bis auf Weiteres ausgesetzt.

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Ansprache der Bundeskanzlerin in voller Länge

“Es ist ernst. Nehmen Sie es auch ernst”, sagte Angela Merkel in ihrer Fernsehansprache zum Coronavirus.

Pro Asyl fordert: Abschiebungen aussetzen

Asylsuchende könnten das Coronavirus nicht nur nach Deutschland importieren, sondern auch exportieren. Pro Asyl fordert das Bamf daher auf, alle Abschiebungen auszusetzen, um das Virus nicht von Deutschland in andere Länder mit mitunter schlechteren Gesundheitssystemen wie Afghanistan zu bringen. Flüchtlinge in Abschiebungshaft sollten nach dem Willen von Pro Asyl entlassen werden.

Auch bei Abschiebungen liegt die Zuständigkeit bei den Ländern. Das Bundesinnenministerium äußert sich nicht konkret, spricht aber von einer “möglichen Anordnung einer vorübergehenden Aussetzung der Abschiebung”, also einem Abschiebestopp, der den Bundesländern obliegt.

Weiterhin teilt das Ministerium mit: “Insgesamt ist zu beachten, dass Rückführungen darüber hinaus auch davon abhängig sind, dass Zuführungen durch die Länder erfolgen können und der Gesundheitszustand der betroffenen Ausländer die Rückführung zulassen muss. Angesichts der vorrangigen Schutzaufgaben der Polizeien der Länder und der Bundespolizei für die Bevölkerung im Zusammenhang mit der Verhinderung regionalen Verbreitung des Corona-Virus kann es zu weiteren Einschränkungen bei Rückführungsmaßnahmen kommen.”

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Auch Anhörungen könnten aussetzen

Pro Asyl fordert vom Bamf mindestens ein Moratorium für ablehnende Asyl-Bescheide, besser noch aber eine grundsätzliche Aussetzung von Anhörungen.

“Antragsannahmen und Anhörungen im Asylverfahren finden derzeit nur statt, wenn entweder ein negativer Test auf COVID-19 bei Antragstellern vorliegt oder eine vorherige 14-tägige Karenzzeit vor Antragstellung beziehungsweise Anhörung gegeben ist”, teilte ein Sprecher des Bundesamts mit. Aufgrund der “äußerst dynamischen Entwicklung” sei derzeit jedoch nicht auszuschließen, dass Antragsannahmen oder Anhörungen auch kurzfristig abgesagt werden müssten.

Schulen und Kitas schließen - fallen auch Integrationskurse aus?

Die Bundesregierung habe den Trägern von Sprachkursen empfohlen, die Integrations- und Berufssprachkurse kurzfristig zu unterbrechen, teilt das Innenministerium mit. Dies gelte unabhängig davon, ob eine behördliche Schließungsanordnung für den jeweiligen Sprachkursträger bereits vorliegt.

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