Hohe Infektionszahlen: Das sind die Pläne der Ampel zur Corona-Bekämpfung
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Der Bundestag soll am Donnerstag über die Änderungen im Corona-Regelwerk abstimmen (Archivbild).
© Quelle: imago images/Future Image
Berlin. Vor dem Treffen der Ministerpräsidenten am Donnerstag werden die Pläne der Ampel-Parteien zur Bekämpfung der Corona-Pandemie konkreter. Baustellen gibt es angesichts der hohen Infektionszahlen genügend, vor allem die träge Booster-Impfkampagne wird kritisiert.
In Bezug auf das künftige Corona-Regelungswerk hat der Hauptausschuss des Parlaments am Dienstagabend Änderungsanträge beschlossen, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegen. Der Bundestag soll am Donnerstag darüber abstimmen. Geplant ist demnach unter anderem:
Ausnahme bei harten Corona-Maßnahmen
Die Bundesländer sollen nach dem Auslaufen der sogenannten epidemischen Lage nationaler Tragweite zwar weiterhin auch besonders harte Maßnahmen verordnen können, etwa Einschränkungen und Verbote von Veranstaltungen in Freizeit, Kultur und Sport. Ausgeschlossen sein sollen aber Versammlungsverbote oder Verbote religiöser Zusammenkünfte. Bereits bekannt war, dass es auch keine umfassenden Geschäfts- und Schulschließungen mehr geben soll. Corona-Auflagen an Schulen, ja - aber eine Aussetzung des Präsenzunterrichts könne nicht festgelegt werden, wird im Entwurf bekräftigt.
Olaf Scholz befürwortet Debatte über partielle Impfpflicht
SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz befürwortet eine Debatte über eine Corona-Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen wie Beschäftigte in Pflegeheimen.
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Gefälschte Tests und Impfnachweise
Wer Corona-Tests, Genesenen- oder Impfnachweise fälscht, muss nach den Ampel-Plänen mit hohen Strafen rechnen. In besonders schweren Fällen des „unbefugten Ausstellens von Gesundheitszeugnissen“, wenn „der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande“ handelt, soll eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren möglich sein. Dafür soll das Strafgesetzbuch entsprechend geändert werden.
Testpflicht in Kliniken und Pflegeheimen
In den Bundesländern wird es teilweise schon so gemacht oder ist geplant, nun soll die Regelung bundesweit eingeführt werden: Beschäftigte und Besucher sollen Kliniken und Pflegeeinrichtungen nur noch mit tagesaktuellem negativen Corona-Test betreten dürfen. Geimpfte oder genesene Beschäftigte können sich dem Entwurf zufolge auch täglich ohne Überwachung selbst testen oder zweimal pro Woche einen PCR-Test vorlegen. Auch in Einrichtungen für Menschen mit Behinderung soll die Testpflicht gelten.
3G in Bussen und Bahnen
Die geplante 3G-Regel in Verkehrsmitteln soll „stichprobenhaft“ überprüft werden. Beförderer sollen dazu verpflichtet werden, dies durch entsprechende Nachweiskontrollen zu überwachen. Passagiere müssen dann entweder einen Impf-, Genesenen- oder Testnachweis vorlegen. Der negative Test darf nicht älter als 24 Stunden sein. Ausgenommen sein sollen Schülerinnen und Schüler und die Beförderung in Taxis. Festgeschrieben werden soll die Pflicht zum Tragen einer FFP2-Maske oder medizinischen Gesichtsmaske. Davon ausgenommen sind Kinder unter sechs Jahren.
3G am Arbeitsplatz
Auch bei der geplanten bundesweiten 3G-Regel am Arbeitsplatz wird es konkreter: Zutritt zum Arbeitsplatz, wenn dort „physischer Kontakt“ zu anderen nicht ausgeschlossen werden kann, soll es ohne Impf-, Genesenen- oder tagesaktuellen Testnachweis (oder maximal 48 Stunden alten PCR-Test) nicht mehr geben. Die Arbeitgeber sollen das täglich kontrollieren und die Ergebnisse auch festhalten.
Beschäftigte seien verpflichtet, einen entsprechenden Nachweis auf Verlangen vorzulegen. Derzeit müssen Unternehmen noch zwei Tests pro Woche anbieten. Zusätzlich gibt es seit kurzem auch wieder mindestens einen kostenlosen Bürgertest pro Woche. Bei fünf Arbeitstagen müssen Nicht-Genesene oder Ungeimpfte also damit rechnen, zwei Tests pro Woche auf eigene Kosten zu machen.
Homeoffice-Pflicht
Die geplante Homeoffice-Pflicht orientiert sich an den Regeln, die bis Juni dieses Jahres schon einmal galten: Beschäftigten mit „Büroarbeiten oder vergleichbaren Tätigkeiten“ muss Homeoffice ermöglicht werden, es sei denn, das ist aus betrieblichen Gründen nicht möglich, etwa weil Post bearbeitet werden muss oder Waren oder Material ausgegeben werden müssen.
Die Beschäftigten müssen das Homeoffice-Angebot annehmen, es sei denn, die Arbeit ist zu Hause nicht möglich, weil es beispielsweise zu eng oder zu laut ist oder weil die nötige Ausstattung fehlt.
Kontaktbeschränkungen
Im öffentlichen Nah- und Fernverkehr soll 3G herrschen - also Fahrten nur für Geimpfte, Genesene und Getestete - möglich sein. Auch 2G-Regeln sollen es geben. Das bedeutet eine Art Teillockdown für Ungeimpfte. Einen Lockdown für alle schlossen die Parteien bisher aber aus.
Dies auch zu berücksichtigen, darauf dringt der Vorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß. „Die Ampel-Pläne gehen meiner Meinung nach noch nicht weit genug“, sagt Gaß dem Handelsblatt. Er halte es für einen Fehler, weitergehende Maßnahmen grundsätzlich auszuschließen. Dafür sei die Pandemieentwicklung zu unvorhersehbar. „Von Kontaktbeschränkungen für alle bis zu Schließungen muss der gesamte Instrumentenkasten in der vierten Welle denkbar sein, wenn eine veränderte Lage dies erfordert.“
Streit über potentielle Impfpflicht: Krankenhauspersonal im Warnstreik
Am Dienstag ist deutschlandweit Krankenhauspersonal in den Warnstreik getreten.
© Quelle: Reuters
Debatte über Impfpflicht
Gleichzeitig gibt es noch Unstimmigkeiten der Ampel-Parteien in der Diskussion zur Corona-Bekämpfung. So gibt es bisher keine Einigung über eine mögliche Impfpflicht für Mitarbeiter von Pflegeheimen oder Kindertagesstätten. Dies hatte Grünen-Fraktionschefin zunächst angekündigt und gesagt, SPD, Grüne und FDP seien sich einig. Diese Aussage zog sie später zurück. Eine mögliche Impfpflicht für bestimmte Bereiche wäre nicht Bestandteil der Reform des Infektionsschutzgesetzes, die diese Woche beschlossen werden soll, sondern eines separaten Gesetzgebungsverfahrens, erklärte Göring-Eckardt.
Priorisierung bei Booster-Impfung?
Unklarheiten gibt es zudem darüber, ob auch bei der Booster-Impfung eine Priorisierung nötig sein könnte. Dafür sprach sich der Deutsche Hausärzteverband aus. Zuerst müssten vulnerable Gruppen geimpft werden, sagte Verbandschef Ulrich Weigeldt. Jüngere und gesündere Menschen seien in der Regel auch sechs Monate nach der zweiten Impfung noch gut geschützt.
RND/dpa