Mietmoratorium in der Krise: Union blockiert Verlängerung, SPD empört

Demonstration für bezahlbaren Wohnraum und den Erlass der durch die Corona-Pandemie bedingten Mietschulden in Berlin (Archivfoto).

Demonstration für bezahlbaren Wohnraum und den Erlass der durch die Corona-Pandemie bedingten Mietschulden in Berlin (Archivfoto).

Berlin. In der Bundesregierung ist ein handfester Streit über die Verlängerung des Moratoriums für Mietzahlungen, Verbraucherdarlehen sowie Energie-, Wasser- und Telefonrechnungen ausgebrochen, das Ende Juni ausläuft.

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Gegen eine Verordnung von Justizministerin Christine Lambrecht (SPD), die die im Zuge der Corona-Krise erlassenen Erleichterungen für Mieter, Verbraucher und Darlehensnehmer bis Ende September verlängern will, haben nach Informationen des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND) aus Koalitionskreisen sämtliche Ministerien von CDU und CSU Einwände geltend gemacht. Die Verordnung hängt nun im Kanzleramt fest.

In der SPD ist man empört. Die Sozialdemokraten sind der Meinung, dass die Verlängerung bereits beschlossene Sache war und fühlen sich nun von der Union hintergangen. “Dass die Union diese wichtige Verlängerung gestoppt hat, ist ein Schlag ins Gesicht von vielen Restaurants, Kneipen und Einzelhändlern die ihre Rücklagen aufgebraucht haben, immer noch rückläufige Umsätze haben und nun wieder die volle Miete zahlen müssen”, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, Dirk Wiese, dem RND. “Das wird die Zahl der Insolvenzen in die Höhe schnellen lassen. Hierfür ist die Union mitverantwortlich.”

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Wiese erhebt schwere Vorwürfe gegen seine Kollegen aus der Bundestagsfraktion von CDU und CSU. “Einige in der CDU/CSU-Fraktion verstehen ihre Arbeit scheinbar so, dass sie sich neben ihrem Bundestagsmandat bald als Lobbyisten für die Vermieterverbände und Wohnungswirtschaft ins neu zu schaffende Register eintragen müssen”, sagt der Abgeordnete aus dem Sauerland. “Man kann nicht die Überbrückungshilfen verlängern und an dieser Stelle auf stur schalten. Das gefährdet den Aufschwung und zeigt, wie wenig ökonomischer Sachverstand bei Teilen der Union vorhanden ist.”

Union sieht keine Rechtfertigung für Verlängerung mehr

In der Union weist man die Kritik zurück: “Eine Verlängerung der Corona-bedingten Sonderregelungen wäre ein völlig verfehltes Signal. Wir setzen gerade alles daran, zur Normalität zurückzukehren und das Wirtschaftsleben wieder ans Laufen zu kriegen”, sagte der rechtspolitischer Sprecher der Unionsbundestagsfraktion, Jan-Marco Luczak, dem RND.

“Die bereits beschlossenen Hilfsmaßnahmen wirken, und unsere sozialen Sicherungssysteme haben wir flexibilisiert, sodass sie wirtschaftliche Härten abfedern. Das wird auch daran deutlich, dass nur ein verschwindend geringer Anteil von privaten Mietern in den letzten Monaten von den Stundungsmöglichkeiten Gebrauch gemacht hat”, so Luczak weiter. “Für eine Verlängerung des tiefgreifenden Eingriffs in das Bürgerliche Gesetzbuch und bestehende Verträge gibt es keine Rechtfertigung mehr.”

Im März hatten Bundesrat und Bundestag ein Bündel an rechtlichen Ausnahmeregelungen auf den Weg gebracht, um die sozialen Auswirkungen der Corona-Krise abzumildern. So gelten seit dem 1. April Erleichterungen bei regelmäßigen Zahlungen für Grundbedürfnisse. Mieterinnen und Mieter etwa sind vor Kündigungen geschützt, falls sie aufgrund der Krise in Zahlungsrückstand geraten.

Sie müssen allerdings glaubhaft machen, dass ihre Mietschulden als Auswirkungen der Pandemie entstanden sind, und diese später nachzahlen. Bei Energie-, Wasser- oder Telefonrechnungen sowie Verbraucherdarlehen gelten ähnliche Regelungen.

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Die Regelungen sind bis zum 30. Juni befristet. Das seinerzeit beschlossene Gesetz räumt Justizministerin Lambrecht die Möglichkeit ein, per Verordnung eine Verlängerung bis zum 30. September in Kraft zu setzen.

Unions-Politiker Luczak weist darauf hin, dass das Justizministerium erst vor wenigen Tagen mit Blick auf die Regelungen zum Darlehensrecht deutlich gemacht habe, dass es keine Verlängerung der Maßnahmen plane. “Das ist auch richtig so”, sagte Luczak. “Das Justizministerium sollte bei dieser Linie bleiben und vor allem nicht einen Tag das eine und nächsten Tag das andere fordern. Das kostet Glaubwürdigkeit.”

In einem Antwortschreiben auf eine schriftliche Frage der FDP-Politikerin Bettina Stark-Watzinger hatte der parlamentarische Staatssekretär im Justizministerium, Christian Lange (SPD), am 10. Juni mitgeteilt, dass die Bundesregierung keine Verlängerung der Stundungsregel für Verbraucherdarlehen plane. Das Schreiben liegt dem RND vor.

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