Modellierer zu Pandemieverlauf: 50.000 bis 100.000 zusätzliche Tote in den nächsten Monaten
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Eine Person wird auf einer Intensivstation behandelt.
© Quelle: Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild/dpa
Der Modellierer Kai Nagel hat vor 50.000 bis 100.000 zusätzlichen Todesfällen in den kommenden Monaten in Verbindung mit dem Coronavirus gewarnt. Das machte er im Interview mit dem „Spiegel“ deutlich.
Der Informatiker und theoretische Physiker rechnete damit, dass von 1000 Infizierten pro 100.000 Einwohner in einer Woche bei derzeitiger Altersverteilung etwa sieben sterben würden. Hochgerechnet auf 80 Millionen Einwohner seien das 5000 Covid-19-Tote pro Woche. „Nach zehn bis 20 Wochen hätten wir also 50.000 bis 100.000 zusätzliche Todesfälle“, sagte Nagel, der mit seinen Simulationen auch Bund und Länder in der Corona-Pandemie berät.
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Als Grund für seine Annahme nannte der Modellierer den Anteil von immunisierten Menschen: „Virologen gehen davon aus – und unsere Simulationen bestätigen das –, dass ungefähr 90 Prozent der Menschen immun sein müssten, um die Ausbreitung unter Kontrolle zu bringen.“ Derzeit liege der Wert durch Impfungen und durchgemachten Infektionen bei ungefähr 70 Prozent. Laut Zahlen des Robert Koch-Instituts (RKI) waren am Samstag 68,4 Prozent der Gesamtbevölkerung vollständig gegen das Coronavirus geimpft.
Auch bei einer niedrigeren Sieben-Tage-Inzidenz als 1000 könnte Deutschland laut Nagel auf hohe Todeszahlen kommen. „Wenn sich die Inzidenz bei circa 500 stabilisieren ließe und es kämen keine zusätzlichen Neuimpfungen hinzu, dann würde es doppelt so lange dauern, bis wir 90 Prozent Immunquote erreichen“, sagte er. „Die Todesfälle pro Woche würden sich halbieren; die Todesfälle, mit denen wir insgesamt rechnen müssten, blieben aber auf dem gleichen hohen Niveau.“
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© Quelle: dpa
Nagel wirbt für Corona-Impfung
Ob das Szenario tatsächlich eintrete, hänge von dem weiteren Umgang der Bevölkerung und der Politik ab. „Die beste Alternative zu Zehntausenden weiteren Toten ist die Impfung“, sagte Nagel. Der Modellierer nannte zwei Möglichkeiten: Entweder erfolge die Immunisierung der fehlenden 20 Prozent der Bevölkerung per Impfung oder indem die Erkrankung durchgemacht werde.
Die Sieben-Tage-Inzidenz war in Deutschland in den vergangenen Wochen angestiegen. Am Samstag lag sie nach RKI-Angaben bei 444,3 – ein erneuter Höchststand. Demzufolge wurden binnen 24 Stunden 303 Todesfälle verzeichnet. Seit Beginn der Pandemie sind in Deutschland mehr als 100.000 Menschen in Verbindung mit einer Corona-Erkrankung gestorben. Außerdem zeigten sich Experten zuletzt wegen der in Südafrika entdeckten Variante Omikron besorgt.
RND/af